Workshop von DPhG und BPhD

Wie, wo und warum promovieren?

31.10.2024, 10:45 Uhr

Eine Promotion in der Pharmazie bedeutet in vielen Fällen Laborarbeit. (Foto: Eugene / AdobeStock) 

Eine Promotion in der Pharmazie bedeutet in vielen Fällen Laborarbeit. (Foto: Eugene / AdobeStock) 


Viele hegen den Traum einer Promotion. Worauf es dabei ankommt, wie Interessierte eine passende Promotionsstelle finden und welche Eigenschaften sie mitbringen sollten, haben Hochschulprofessoren in München in einem gemeinsamen Workshop der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) und des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) mit den Teilnehmenden erarbeitet. Konkrete Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung bildeten den Abschluss.

Eine Promotion bedeutet üblicherweise mindestens drei Jahre harte Arbeit bei geringer Bezahlung – doch der Lohn ist weit mehr als nur zwei Buchstaben und eine Karrierestufe. Kein Wunder, dass viele von einer Promotion träumen. Damit aus dem Traum Wirklichkeit wird, führte die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) in Kooperation mit dem Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) am 12. Oktober 2024 einen eineinhalbstündigen Workshop auf der expopharm in München durch, der von Prof. Dr. Ulrich Jaehde geleitet und moderiert wurde.

Wieso, weshalb, warum?

Um die eigenen Beweggründe zu erörtern, begann der Workshop mit der Frage „Warum promovieren?“ und in­spirierte mit unterschiedlichen Blickwinkeln in Impulsreferaten von Student Maximilian Bergmann, Doktorandin Anna Wermund und Prof. Dr. Robert Fürst. Student Bergmann nannte neben persönlichem Interesse am Fach und der Freude an Wissensvertiefung und Forschung auch pragmatische Gründe: So erweitere eine Promotion nicht nur den potenziellen Arbeitsmarkt, sondern biete auch die Möglichkeit, dafür in eine andere Stadt zu ziehen. Bei Wermund und Fürst drehte sich hingegen alles um die intrinsische Motivation. „Es geht darum, dass man sich spezialisiert, um aus einem Thema alles rauszuholen und Neues zu entdecken“, führte Wermund ihre persönlichen Erfahrungen aus. Sie habe sich nach dem Studium schlichtweg noch nicht fertig gefühlt und wollte mehr. Neben der fachlichen Tiefe schätzt die mittlerweile fortgeschrittene Doktorandin insbesondere die Entwicklung ihrer Soft­skills. „Promotion ist auch Charakterbildung“, erläutert sie. „Man lernt, kleine Erfolge zu feiern, und Problemkommunikation. Auch Frustrations­toleranz ist ein großes Thema: Man muss sich motivieren, am Ball bleiben und sich für ein Problem öffnen, um Lösungsstrategien zu entwickeln.“ Ohne intrinsische Motivation gelänge dies allenfalls unter Qual – sofern nicht vorzeitig das Handtuch geworfen wird.

Foto: Avoxa/Expopharm
Das Interesse am Workshop zur Promotion war so groß, dass er überbucht war und eine zweite Reihe erforderte.

Tipps für die schriftliche Bewerbung

  • immer per E-Mail
  • im Anschreiben Interesse am Thema verdeut­lichen und Gründe nennen
  • Sorgfalt ist Trumpf! Rechtschreibfehler, Unvollständigkeit unbedingt vermeiden
  • auf Fristen achten
  • nicht vor Initiativbewerbungen zurückschrecken, gerne vorab eine Kurzanfrage an den Professor oder das Sekretariat versenden, ob Stellen frei sind oder absehbar frei werden

Tipps für das Bewerbungsgespräch

  • typische Fragen: „Warum wollen Sie promovieren? Warum wollen Sie gerade hier promovieren?“
  • Homepage der Arbeitsgruppe detailliert ansehen und Infos parat haben
  • Fragen vorbereiten und stellen
  • mit gesundem Selbstbewusstsein, aber auch Selbstreflexion ins Bewerbungsgespräch gehen

Wissenschaft braucht Forscher

Prof. Dr. Robert Fürst formulierte seine eingehenden Worte deutlich: „Es gibt nur einen, den stichhaltigsten Grund, und so ist das System ja auch gedacht: Wir brauchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Wer auch nur den zartesten Gedanken hat, in die Wissenschaft zu gehen, der muss promovieren. Punkt.“ Natürlich sei auch für die Industrie eine Promotion wichtig, aber für die Academia sei diese – im Übrigen am besten als Dr. rer. nat. – unumgänglich. Künftigen Arbeitgebern gehe es dabei übrigens seltener um spezifisches Fachwissen: „Die Firmen wollen sehen, dass Sie Ihre analytischen, kritischen Denkfähigkeiten an einem Projekt trainiert haben.“ Die Promotion entwickle einen Menschen weiter und helfe ihm, Fähigkeiten und Kompetenzen wie unabhängiges Arbeiten, Projektmanagement und vieles mehr zu erwerben. „Wer promoviert hat, kann sich selbst und andere managen.“ Abschließend wies er auf die Chancen, Freuden und den Spaß hin, den die interdisziplinäre Zusammenarbeit, Netzwerken und Forschung mit sich bringen: „Wenn Sie ein Puzzleteil für die Wissenschaft herausgearbeitet haben, bietet das eine gewisse persönliche Erfüllung.“

Erfolgsrezept: Interesse und Selbstständigkeit 

Prof. Dr. Oliver Scherf-Clavel trug zusammen, dass intrinsische Motivation, Neugierde und persönliche Erfüllung die Basis für alles weitere darstellen. Doch was brauchen Interessierte noch, wie finden sie eine passende Stelle und nach welchen Kriterien wählen Betreuerinnen und Betreuer ihre Doktorandinnen und Doktoranden aus? Für die Erarbeitung dieser Themenblöcke wurde es interaktiv: Die Professoren waren sich einig darin, dass für eine erfolgreiche Promotion folgende neun Eigenschaften von großer Bedeutung sind: Ehrgeiz, Disziplin, Einsatz, Leidensfähigkeit, Teamfähigkeit, Interesse am Thema, Fachkenntnisse, Selbstständigkeit und Strukturiertheit. Über das Online-Tool MentiMeter stimmten die 33 Workshopteilnehmenden ab, dass sie „Interesse am Thema“, „Disziplin“ und „Selbstständigkeit“ am schwersten gewichten.

Prof. Ulrich Jaehde leitete den Workshop

... Disziplin und Mut zum Scheitern!

Eine Promotion biete ein Maß an Freiheiten, das so selten wieder erreicht wird. Als Kehrseite erfordert dies ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Disziplin: Doktorandin Wermund sitzt z. B. jeden Sonntag am Schreibtisch, um ihre Dissertation zu schreiben.

Laut Jaehde sei Teamfähigkeit eine sehr wichtige Kompetenz. Niemand könne heutzutage alle Techniken beherrschen, auf die man angewiesen ist. „Die Doktoranden, die nur an sich und ihr Vorankommen denken, werden es schwer haben.“ Auch Leidens­fähigkeit nimmt eine wichtige Rolle ein: „Die Frage ist, ob Scheitern einen aus der Bahn wirft und man hinschmeißt, oder ob man sagt: So, jetzt erst recht.“ Seiner Erfahrung nach könne jeder lernen, professionell mit Enttäuschungen umzugehen. Scheitern könne darüber hinaus als Chance gesehen werden, aus Misserfolgen und missglückten Experimenten zahlreiche Informationen herauszuziehen.

Fürst geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt den Begriff infrage: „Scheitern? Das ist Wissenschaft! Wir machen zehn Experimente, neun davon funktionieren nicht. Scheitern ist eingepreist!“ Wäre es kein Neuland, wäre es keine Wissenschaft.

Schon vorher an Ziele denken

Und worauf achten zukünftige Doktorandinnen und Doktoranden bei der Stellensuche? Laut Umfrage entscheiden sie nicht nur nach Arbeitsgebiet, sondern berücksichtigen zusätzlich das Mikroklima im Team, die Finanzen sowie die Methoden, die bei der Promotion angewendet werden.

„Wo wollen Sie denn danach hin?“, möchte Jaehde von jedem seiner Bewerber wissen. Er gibt zu bedenken, dass auch der Auswahl des akademischen Abschlusses unbedingt Bedeutung beigemessen werden solle. „Dr. rer. nat. ist ein Muss für eine akademische Laufbahn. Möchte man z. B. in einer Krankenhausapotheke Karriere machen, reicht möglicherweise auch ein Dr. hum. biol.“

Ist eine Entscheidung gefallen, geht es um die Wahl der passenden Stelle. Angehende Doktoranden sollten sich spätestens ein halbes Jahr bis ein Jahr vorher darum kümmern. Promotionsberechtigt sind ausschließlich universitäre Fakultäten und Fachbereiche. Natürlich gäbe es zudem Industrie­stellen. Auch diese Promotionen müssen allerdings von einer Fakultät angenommen und vor dieser verteidigt werden – ohne universitären Ansprechpartner geht es also nicht.

Die Jahrestagung der DPhG sei eine gute Gelegenheit, um Forschungsgebiete der verschiedenen Universitäten und Arbeitskreise kennenzulernen und erste Kontakte zu knüpfen. Im Rahmen einer Posterpräsentation sei es außerdem leicht, mit Doktoranden ins Gespräch zu kommen, um Einblicke in die Themen ihrer Arbeitskreise und den Arbeitsalltag zu erhalten.

Der Master als weitere Option

Die Workshop-Teilnehmenden erwarteten, dass Professorinnen und Professoren bei Bewerbenden stark auf bereits erfolgtes wissenschaftliches Arbeiten, Studienleistung und Motivation achten. Scherf-Clavel beruhigte an dieser Stelle, dass die wenigsten einen zusätzlichen Bachelor- oder Masterabschluss vorweisen können und dies auch nicht notwendig sei. Er lasse Bewerberinnen und Bewerber z. B. einen kleinen Teil einer wissenschaftlichen Arbeit zusammenfassen, um zu sehen, ob sie sich wissenschaftlich ausdrücken können.

Tückischerweise kennt man im Ausland oder außerhalb der Pharmazie in Deutschland selten die Kompetenzen von staatsexaminierten Pharmazeuten. Wer also außerhalb der deutschen Pharmazie promovieren möchte oder unsicher ist, ob wissenschaftliches Arbeiten das Richtige ist, für den könnte ein Masterstudium, das inzwischen mehrere Universitäten in Deutschland zusätzlich zum Staatsexamensstudium anbieten, eine elegante Möglichkeit sein. Das Masterstudium stellt nicht nur eine ideale Probezeit dar, sondern „heilt“ zugleich die Problematik des wenig bekannten Staatsexamens, da der Master als international anerkannter Abschluss gilt. In der Regel sei dies laut Jaehde zeiteffizient in ein bis zwei zusätzlichen Semestern möglich, wenn z. B. ein Teil des praktischen Jahres für die Masterarbeit genutzt werde.

Fürst lädt die Bewerbenden gerne zu einem Schnuppertag in seinen Arbeitskreis ein: „Wir schauen, ob sie drei linke Hände haben oder zwei und wie sie im Labor agieren. Und natürlich lernen sie dabei auch die anderen Doktoranden kennen.“

Lehre als Chance statt Last

„Landesstellen, mit denen Professoren Personal besetzen, sind primär nicht für die Forschung gedacht“, erläuterte Fürst. „Rein für die Forschung sind Drittmittelstellen. Von der Zahl der Landesstellen hängt die Lehrkapazität und damit die Zahl der Studierenden ab. Die Lehre wäre jedoch nicht zu stemmen ohne Drittmittelstellen.“ Promotionen an einer Universität werden daher üblicherweise als halbe Stelle vergütet und eine Beteiligung an der Lehre ist nahezu immer Bestandteil der Tätigkeit. Überspitzt dargestellt könne die Forschung als Freizeit oder Hobby angesehen werden, zwinkerte er.

Alle drei Professoren betonen an dieser Stelle jedoch die Sonnenseiten der Lehre: Zum einen ermöglicht sie eine permanente fachliche Vertiefung, wenn Doktorandinnen und Doktoranden Inhalte so aufbereiten müssen, dass sie diese gut vermitteln können. Auch rhetorische Fähigkeiten werden fortwährend erweitert und ausgebaut. Zum anderen bereite die Lehre viel Spaß und könne eine sehr erfüllende Tätigkeit sein. Damit übernehme die Lehre jenseits einer scheinbar lästigen Pflicht einen wichtigen Teil der (Persönlichkeits-)Ausbildung und biete einen ganz eigenen Wert.

Obwohl die finanziellen Aussichten während der Promotion als halbe Stelle dürftig sind, locken im Anschluss durchaus höhere Gehälter. Apothekerinnen und Apotheker nutzen während der finanziellen Durststrecke häufig die Möglichkeit, am Wochen­ende in einer Apotheke auszuhelfen. „In der Regel wird das von den Betreuerinnen und Betreuern nicht nur erlaubt, sondern auch befürwortet“, schildert Scherf-Clavel. „Uns ist wichtig, dass wir nicht den Kontakt verlieren zu den Menschen, für die wir das machen.“

Um den Workshop abzurunden, wurden abschließend Fragen rund um eine erfolgreiche Bewerbung beantwortet und Tipps zusammengefasst.


Anna Carolin Antropov, Apothekerin
redaktion@daz.online


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