Junge oder Mädchen

Was beeinflusst das Geschlechterverhältnis?

11.11.2024, 16:45 Uhr

(Foto: Midkhat Izmaylov / Adobe Stock)

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Wird es ein Mädchen oder ein Junge? Das ist oft die erste Frage die werdende Eltern gestellt bekommen. Die Chancen stehen im Normalfall 50:50, dass es das eine oder andere Geschlecht wird. Und auch eine seltene Genvariante, die die Wahrscheinlichkeit für weibliche Nachkommen erhöht, beeinflusst dieses Verhältnis kaum. 

Kann man beeinflussen, ob das ungeborene Kind ein Junge oder ein Mädchen wird? Die Antwort lautet: Nein. Denn die Wahrscheinlichkeit, ob ein Spermium bei der Befruchtung der Eizelle sein X- oder sein Y-Chromosom mitbringt, liegt bei 50%. Es sei denn, eine seltene Genvariante spielt mit, die zwei Wissenschaftlerinnen der University of Michigan jetzt entdeckt haben. 

Hintergrund ihrer Studie ist eine fast 100 Jahre alte Theorie des Biologen Ronald Fisher. Sie erklärt, warum auf der Erde etwa gleich viele Frauen wie Männer leben. Fishers Regel besagt: Gibt es in einer Bevöl­kerung weniger Frauen als Männer, bekommen die Frauen mehr Kinder. Bekommen diese Frauen wiederum mehr Töchter ‒ etwa durch eine Mutation ‒ sind diese Töchter evolutionär im Vorteil, weil sie im Verhältnis mehr Nachkommen zeugen können, bis das Geschlechterverhältnis wieder ausgeglichen ist. So pendelt sich die Menschheit evolutionär wieder ein. 

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Doch solche genetischen Veränderungen konnte bisher niemand nachweisen, denn das ginge nur bei Müttern, die Hunderte von Kindern bekommen. Die US-Forscherinnen wählten für ihren Nachweis einen Umweg ‒ mit Daten der UK Biobank. Dort wurden die DNA-Sequenzen von einer halben Million Briten entschlüsselt und zugänglich gemacht. Die Forscherinnen fanden eine Genvariante, welche die Wahrscheinlichkeit, ein Mädchen zu gebären, von 50 auf 60% erhöht. 

Sie vermuten: Es könnte viele solcher Genvarianten geben ‒ aber wenn, dann sind sie sehr selten oder haben nur einen geringen Einfluss auf das Geschlechterverhältnis. Die genetische Architektur des Menschen sei also mit der Fisher-Regel vereinbar, schlussfolgern sie. Sie plädieren dafür, ihre Ergebnisse für die Landwirtschaft zu erforschen: Denn dort könnte zum Beispiel die Zucht von Hühnern mit mehr weiblichen Nachkommen den Ertrag steigern. Für werdende Mütter und Väter bedeutet das: Auch eine seltene Genvariante hat kaum Einfluss auf das Ratespiel, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird.


Apotheker Marius Penzel
redaktion@daz.online


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