Mehrwert für Angestellte und Patientinnen

Warum sich Expertise beim Thema Wechseljahre für Apotheken lohnt

13.11.2024, 07:00 Uhr

Für Apotheken lohnt sich das Wechseljahr doppelt: denn auch Mitarbeiterinnen kommen früher oder später in die Wechseljahre. (Foto: Kzenon /AdobeStock)

Für Apotheken lohnt sich das Wechseljahr doppelt: denn auch Mitarbeiterinnen kommen früher oder später in die Wechseljahre. (Foto: Kzenon /AdobeStock)


In der Wirtschaft wächst derzeit das Bewusstsein für das Thema Wechseljahre. Für Apotheken kann es sich gleich doppelt lohnen, sich damit zu beschäftigen: Sie können Kundinnen dann gezielter dazu beraten und Mitarbeiterinnen bei Beschwerden besser unterstützen. 

Hitzewallungen, nächtliche Schweißausbrüche, Schlafprobleme und Erschöpfung gehören zu den typischen Wechseljahresbeschwerden. Oft kommt es auch zu einer Gewichtszunahme, Problemen mit trockenen Schleimhäuten, Gelenkschmerzen und Stimmungsschwankungen. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) fühlen sich etwa zwei Drittel aller Frauen während der Wechseljahre beeinträchtigt, die Hälfte von ihnen stark.

Einige Symptome, wie Schweißausbrüche, sind klar auf die hormonelle Umstellung in der Perimenopause zurückzuführen – der Zeit vor und kurz nach dem Auftreten der letzten Monatsblutung. Meist zwischen Mitte 40 und Mitte 50 stellen die Eierstöcke allmählich ihre Funktion ein: Es wird zunächst weniger Progesteron und dann auch immer weniger Östrogen produziert.

Bei anderen Symptomen, wie den Stimmungsschwankungen, ist laut BZgA nicht gesichert, ob sie hormonell bedingt sind. Oder vielleicht die Folge des Schlafmangels, unter dem viele Frauen wegen nächtlicher Hitzewallungen leiden.

Weniger Stunden, vorzeitiger Ruhestand

Für Apotheken ist das Thema Wechseljahresbeschwerden gleich doppelt wichtig. Sie sind eine Anlaufstelle für Kundinnen mit Symptomen. Und sie haben viele weibliche Angestellte, die früher oder später selbst betroffen sind.

Am Arbeitsplatz stehen Frauen in der Perimenopause vor einer besonderen Herausforderung: Sie sollen die gleiche Leistung erbringen, fühlen sich aber oft nicht dazu in der Lage. In einer Studie gab ein Viertel der befragten Frauen an, wegen Wechseljahresbeschwerden Stunden reduziert zu haben. Zehn Prozent nannten Wechseljahresbeschwerden als einen der Gründe für einen vorzeitigen Ruhestand. Bei den Frauen über 55 waren es sogar rund 19 Prozent.

In Zeiten von Fachkräftemangel ein Verlust für den Arbeitsmarkt, den man sich eigentlich nicht leisten könne, sagt Anke Sinnigen. Schließlich hätten Frauen in dieser Altersgruppe mit den Jahren viel Kompetenz und Wissen erworben – und die Leistungseinschränkung sei in der Regel temporär.

Sinnigen bietet über ihre Plattform Wexxeljahre.de Beratung und Schulung für Behörden und Firmen an, die ihre Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren unterstützen möchten. Ihre Kunden sind vor allem größere Unternehmen und Behörden. Aber auch für Apotheken mit nur wenigen Angestellten hat sie einige Tipps.

Offener Umgang ist wichtig

Wichtig sei ein offener Umgang damit, wenn sich Angestellte wegen Wechseljahresbeschwerden weniger leistungsfähig fühlen. „Betroffene sollten das Thema ansprechen können. Und genauso wie jeder Verständnis  für eine junge Mutter mit Schlafmangel hat, sollte man das auch für Frauen in den Wechseljahren haben”, findet Sinnigen. Wenn eine Kollegin oder Angestellte in dieser Phase zum Beispiel zur Reizbarkeit neigt, solle man das nicht persönlich nehmen. Es gebe aber noch mehr, was man als Arbeitgeber tun kann.

„Ganz oben steht bei den Betroffenen immer der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten, weil es durch die Schlafstörungen schneller zu körperlicher und geistiger Erschöpfung kommt”, sagt Sinnigen. Nachtschichten seien dann besonders herausfordernd: „Vielleicht ist es da temporär möglich, dass jemand anderes einspringt.”

Apotheken, die sich gezielt mit dem Thema Wechseljahresbeschwerden beschäftigen und vielleicht in Fortbildung dazu investieren, können sowohl ihre Angestellten, als auch ihre Kundinnen besser unterstützen.

Wie können genau auf die Wechseljahre zugeschnittene Angebote in der Apotheke aussehen?

Sinnigen war auf der diesjährigen Exopharm vertreten. Dort seien mehrere Apothekenangestellte auf sie zugekommen, die das Thema Wechseljahre wichtig fanden und sagten, sie würden Kundinnen gerne mehr dazu anbieten. „Auch ein männlicher Apotheker hat mich angesprochen und gesagt ‘wir sollten uns mehr um das Thema kümmern´“, so Sinnigen. 

Wie genau auf die Wechseljahre zugeschnittene Angebote in der Apotheke aussehen könnten, erklärt Antje Behrendt. Die angestellte Apothekerin ist gleichzeitig ausgebildete Ernährungsberaterin. Kundinnen können sich bei ihr vor Ort speziell zur richtigen Ernährung in den Wechseljahren informieren.

„Wichtig sind zum Beispiel ausreichend Proteine, viel Gemüse, Fisch, Nüsse, Samen und Vollkornprodukte. Weißmehl und Zucker sollte man eher meiden“, so Behrendt. In den Wechseljahren geht Muskelmasse verloren und es wird vermehrt Fett aufgebaut. Vor allem durch Bauchfett könne sich dann das Risiko für Krankheiten wie Diabetes Typ II erhöhen.

Das Körpergewicht allein gibt also nicht immer Aufschluss über die Gesundheit. Sie bietet in ihren Beratungen daher auch BIA-Messungen an (Bioelektrische Impedanzanalyse), um die Körperzusammensetzung zu bestimmen. „Manche Frauen haben vielleicht ein höheres Gewicht, aber gleichzeitig viel Muskelmasse und dabei oft eine gesunde Körperzusammensetzung. Es kommt auch vor, dass Personen zwar optisch schlank sind, aber zu wenig Muskelmasse und einen zu hohen Körperfettanteil haben”, so Behrendt. Sie empfiehlt Krafttraining, um den Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung durch die Hormonumstellung in den Wechseljahren entgegenzuwirken.

Beratung zu Blutwerten als Service

Ein weiterer Service, den Apotheken betroffenen Frauen im Alter der Wechseljahre anbieten können, sei die Beratung zu Blutwerten, etwa von Vitamin D, Mineralstoffen oder Hormonen. Imbalancen könnten ein Grund sein, sich beim Arzt genauer auf einen möglichen Mangel untersuchen zu lassen, der vielleicht Beschwerden verursacht.

Behrendt organisiert gemeinsam mit Kolleginnen auch interne Themenabende zu den Wechseljahren. Denn das Thema komme im Pharmaziestudium und in der Ausbildung zu kurz, findet sie. An den Abenden bringt sich jeder zu einem bestimmten Thema ein: Dazu, wie sich mit Achtsamkeitsübungen das Befinden während der Perimenopause verbessern lässt. Oder mit einem Vortrag zur Phyto- oder der Hormonersatztherapie. Viele Frauen hätten Angst vor den Nebenwirkungen wie einem erhöhten Brustkrebsrisiko. Dabei seien die Risiken nach heutigen Wissensstand und bei den heute verfügbaren bioidentischen Hormonen geringer, als früher noch angenommen, so Behrendt. Sie findet es wichtig, bei der Beratung darauf hinzuweisen.

Wer an den Info-Abenden teilgenommen hat, kann dann in seiner Filiale als Ansprechpartner zu den Wechseljahren dienen – für Kolleginnen mit Beschwerden und für Kundinnen gleichermaßen.

Die Arbeit leichter gestalten

Auch Antje Behrendt glaubt übrigens, dass man die Arbeit in der Apotheke für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden leichter gestalten kann. „Es gibt Tätigkeiten, die man im Sitzen ausüben kann, wie die Kontrolle von Rezepten und Rezepturen und die BTM-Dokumentation.” Durch die Digitalisierung werde es leichter, einige Aufgaben auch mal aus dem Homeoffice durchzuführen – man müsse dann nur einen Zugang schaffen. Aber auch schon die Schreibtischarbeit im Backoffice könne eine Erleichterung sein, wenn eine Frau unter Wechseljahresbeschwerden leidet. „Es müssen vielleicht nicht immer acht Stunden Handverkauf sein.”


Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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