BPhD-Kolumne

„Wir wollen auch in Zukunft gern Pharmazie studieren“

In der aktuellen Ausgabe der Kolumne des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) beschreibt Präsidentin Anna Gommlich, was die Studierenden von einer Novellierung der Approbationsordnung erwarten.

„Wir wollen auch in Zukunft gern Pharmazie studieren“

Der Weg zum*zur Apotheker*in dauert fünf Jahre – vier Jahre an der Uni und ein Jahr in der praktischen Ausbildung. Das sind insgesamt 5.350 Stunden – 1134 in Vorlesungen, 252 in Seminaren, 1876 in Praktika, 320 in der Famulatur und 1768 im praktischen Jahr [1]. Hinzu kommt die Zeit, die in Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen sowie das selbstständige Lernen investiert werden muss. Trotz des hohen Arbeitsaufwands ist Pharmazie ein Studiengang, der damit begeistert, wie interdisziplinär und vielfältig er ist. Es eröffnet eine unglaubliche Vielfalt an möglichen Berufszweigen. Hinzu kommt, dass Apotheker*innen, egal in welchem Bereich sie tätig sind, aus der Gesundheitsversorgung nicht wegzudenken sind. Nach wie vor entscheiden sich daher jedes Jahr wieder ca. 2500 Studienanfänger*innen für das Pharmaziestudium. 2500 Studienanfänger*innen [2], die nach einer Approbationsordnung studieren, die seit 24 Jahren nahezu unverändert geblieben ist.

Wenn das Studium nicht mehr zum Berufsbild passt

Dass Apotheker*innen einen großen Beitrag zum Gesundheitswesen und zur Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln leisten, kann wohl kaum infrage gestellt werden. Um dieser Verantwortung und Rolle in der durch den demografischen Wandel geprägten Gesellschaft gerecht zu werden, benötigen Apotheker*innen zunehmend neue Kompetenzen, denn das Berufsbild unterliegt ständigen Veränderungen. Die Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln bleiben weiterhin integraler Bestandteil des Berufsalltags, doch mit den neuen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung verändern sich auch die Anforderungen an den Beruf. Apotheker*innen werden zunehmend zu Gesundheitsdienstleister*innen. Mit dem steigenden Alter der Gesellschaft steigt die Zahl der multimorbiden Patient*innen und die Notwendigkeit pharmazeutischer Interventionen wie beispielsweise einer Medikationsanalyse bei Polymedikation. Auch das Impfen gewinnt zunehmend an Bedeutung im Apothekenalltag und weitere Dienstleistungen sowie Präventionsangebote werden z. B. durch das Gesundes-Herz-Gesetz auch rechtlich stärker verankert. Trotz des starken Wandels des Berufsbilds sind kaum Anpassungen des Studiums an die neuen Anforderungen zu erkennen.

Nicht immer ist für Studierende klar ersichtlich, wofür welche Inhalte des Studiums später in der Praxis gebraucht werden, so fehlt gerade im Grundstudium häufig der pharmazeutische Bezug. Die Vermittlung und Erweiterung der benötigten Kompetenzen z. B. für die Durchführung pharmazeutischer Dienstleistungen kommen im gesamten Curriculum deutlich zu kurz.

Für den Aufbau ebendieser Kompetenzen würden sich die Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie besonders anbieten. Jedoch haben beide bisher einen vergleichsweise geringen Anteil im Studium. Erschwerend kommt hinzu, dass es an vier von 22 Pharmaziestandorten in Deutschland noch immer keinen besetzten Lehrstuhl für Klinische Pharmazie gibt. Das muss sich ändern!

Es muss eine Möglichkeit geben, diese Kompetenzen zu definieren und im Studium zu verankern, die Lernziele im Gesamtkontext des Pharmaziestudiums betrachtet und auch eine erleichterte Anpassung der Inhalte im Vergleich zur AAppO mit sich bringt. Denkbar wäre z. B. ein nationaler kompetenzorientierter Lernzielkatalog Pharmazie (NKLP).

Eine Kompetenz, die Pharmaziestudierenden gegenüber anderen Professionen fehlt, ist das wissenschaftliche Arbeiten.

Das Anfertigen einer wissenschaftlichen Arbeit schult die Studierenden in Bezug auf die kritische und lösungsorientierte Auseinandersetzung mit fachgebundenen und praktischen Aufgabenstellungen.

Zum Praxisbezug gehört auch, dass Pharmazie ein sehr interdisziplinäres Fach ist. Patient*innen fragen nicht stur das Wissen aus einem Studienfach ab, sondern kommen mit komplexen Problemen und Anliegen in die Apotheke. Die Disziplinen des Pharmaziestudiums sind eng miteinander verbunden und fachlich verknüpft. Eine Vernetzung und Abstimmung der Studieninhalte untereinander trägt ungemein zu einem besseren fachlichen Verständnis bei, stärkt die Kompetenz, befähigt zur ganzheitlichen Betrachtung von Zusammenhängen und Patient*innenfällen und entlastet somit letztendlich auch die Studierenden. Im Studium gewinnt man jedoch häufig den Eindruck, dass die Fächer nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind. Redundanzen sind keine Seltenheit und eine Verknüpfung des Wissens erfolgt oft nur punktuell.

Heilberufler*innen sind keine Einzelkämpfer*innen

Für genau diese ganzheitliche Betrachtung ist aber nicht nur eine Verknüpfung der pharmazeutischen Fächer untereinander von Bedeutung, sondern auch die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufler*innen. Auch dieser Aspekt der pharmazeutischen Praxis kommt im Studium deutlich zu kurz. Interprofessionelle Lehrveranstaltungen sind selten und der erste Kontakt mit anderen Professionen beginnt für viele Pharmazeut*innen erst im Berufsleben.

Es ist wichtig, bereits im Studium ein Bewusstsein für andere Berufe, Studiengänge und deren Fähigkeiten zu schaffen und gegenseitigen Respekt und Verständnis füreinander aufzubauen. Das oberste Ziel für Gesundheitsberufler*innen ist das Patient*innenwohl und das kann unmöglich von einer Profession allein bestmöglich erreicht werden.

Nicht nur gern studieren wollen, sondern auch können

Nach der Umfrage „Mentale Gesundheit im Studium“ des BPhD aus dem Jahr 2020 empfinden ca. 90 % der 4059 befragten Studierenden das Studium als „stressig”. Studierende brauchen für das Absolvieren des ersten Prüfungsabschnittes im Schnitt 5,1 – 5,7 Semester, im Vergleich zur Regelstudienzeit von vier Semestern.

Zu einer guten Ausbildung gehört oft auch einfach ein großer Stoffumfang dazu und stressige Phasen lassen sich nie ganz vermeiden. Ein Studium, das jedoch zu Lasten der psychischen und physischen Gesundheit geht, ist nicht nachhaltig und auch nicht attraktiv. Wir sind bereit, Arbeit in unser Studium zu investieren, das steht außer Frage. Wir wünschen uns aber auch mehr Zeit, die vermittelten Inhalte besser verstehen zu können und eine realistische Regelstudienzeit, die mehr als ungefähr 50 % der Studierenden einhalten können. Verknüpfungen und Abstimmungen der Fächer untereinander und eine Streichung von nicht praxisrelevanten Studieninhalten sind genauso mögliche Mittel wie eine Verlängerung der Regelstudienzeit. Absolvent*innen, die die Inhalte ihres Studiums nicht nur auswendig gelernt, sondern auch verstanden haben, weil sie die nötige Zeit und mentalen Kapazitäten dafür hatten, sind sicherlich bessere Gesundheitsberufler*innen.

Das Studium muss mit der Zeit gehen

Pharmaziestudierende investieren mindestens 5.350 Stunden in ihre Ausbildung zum*zur Apotheker*in. Eine Menge Zeit, die gut genutzt werden sollte.

Das Studium muss die Studierenden für die Anforderungen ausbilden, die sie im Beruf erwarten und dabei den modernen Anforderungen gerecht werden, zukunftsfähig und aktuell sein und bleiben. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist eine Novellierung der Approbationsordnung (AAppO) dringend notwendig. Mit den Neuwahlen am 23. Februar werden auch die Verhandlungen um einen neuen Koalitionsvertrag wieder eröffnet. Eine gute Gelegenheit, um die Novellierung der AAppO auch politisch wieder mehr in den Fokus zu rücken.

Eine gute Ausbildung von Heilberufler*innen ist der Grundstein für eine gute und funktionierende Gesundheitsversorgung.

Literatur

[1] Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) Stand 7. Juni 2023 https://www.gesetze-im-internet.de/aappo/BJNR014890989.html 

[2] Studienanfänger/innen und Studienplatzbewerber/innen in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen. Statistisches Bundesamt. Stand 27. Januar 2025 https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/studierende-anfaenger-bewerber-sfh.html