Ausbau der Zusammenarbeit

Apotheker Verlag wird BVpta-Fördermitglied

Den BVpta und den Deutschen Apotheker Verlag verbindet eine langjährige Zusammenarbeit. Nun unterstützt das Stuttgarter Medienhaus den BVpta außerdem als Fördermitglied.

Statine topisch appliziert können mehr als den Lipid-Spiegel senken

Statine sind bekannt als Cholesterol-Senker. Indem sie die HMG-CoA-Reduktase hemmen, unterbleibt die Synthese zum Cholesterol, als Folge sinkt der LDL-Cholesterol-Spiegel und der HDL-Spiegel steigt. Durch diesen Eingriff wird der Stoffwechsel der Blutlipide in der Leber beeinflusst und arteriosklerotischen Veränderungen vorgebeugt. Aus dieser Wirkstofffamilie sind verschiedene Vertreter bekannt, im HV allen voran Atorvastatin, Simvastatin und Rosuvastatin.

Update Pharmakologie

HMG-CoA-Reduktasehemmer

Die Hydroxy-methyl-glutaryl-CoA-Reduktase (HMG-CoA-Reduktase) ist das Schlüsselenzym in dem vielstufigen Prozess der Cholesterol-Biosynthese. Statine wie Lovastatin, Atorvastatin, Fluvastatin, Pitavastatin, Pravastatin, Rosuvastatin und Simvastatin hemmen kompetitiv HMG-CoA-Reduktase und werden als Lipidsenker eingesetzt: Die dosisabhängige Senkung der LDL-Cholesterol-Spiegel liegt bei etwa 30 bis 50%, die Triglyceridkonzentration nimmt um 5 bis 10% ab. Nach oraler Gabe unterliegen alle Statine einem ausgeprägten First-Pass-Effekt, woran bei Atorvastatin, Lovastatin und Simvastatin CYP3A4, bei Fluvastatin CYP2C9 beteiligt sind. Der oxidative Stoffwechsel führt zu aktiven Metaboliten, die zum Teil durch Glucuronidierung weiter metabolisiert werden. Pitavastatin, Pravastatin und Rosuvastatin werden kaum durch CYP-Enzyme metabolisiert, sie werden aber bereits bei ihrer ersten Leberpassage zu einem hohen Prozentsatz über die Galle in den Darm ausgeschieden.

Zu viel ist schlecht, zu wenig aber auch

Das Child-Syndrom steht für den Begriff Congenital Hemidysplasia with Ichthyosiform Nevus and Limb Defects und bezeichnet angeborene Halbseitenfehlbildung mit entzündlich-schuppendem Hautmal und Gliedmaßendefekten.

Porokeratosen hingegen sind eine Gruppe von Hauterkrankungen mit ringförmigen, randbetonten Plaques mit einem ausgeprägten keratotischen Rand. So verschieden Porokeratosen und das Child-Syndrom sind, so haben Betroffene beider das gleiche Problem: die Biosynthese von Cholesterol ist fehlerhaft, was sich an der Haut bemerkbar macht. Ist die Synthese gestört, steht dem Körper weniger Cholesterol für verschiedene Funktionen zur Verfügung. Eine davon ist die Bildung und Aufrechterhaltung der Hautbarriere. Ohne Cholesterol entfällt die Keratinisierung, und die Bildung des Stratum granulosum bleibt aus. Zudem können durch einen gestörten Syntheseweg toxische Nebenprodukte entstehen.

Beide Krankheitsbilder eint die Störung der Hautbarriere durch einen Mangel an Cholesterol. Beide Erkrankungen haben unterschiedliche Auslöser, lassen sich jedoch gleich therapieren. Für das Child-Syndrom sind Mutationen im NSDHL-Gen (Xq28) der Auslöser. NSDHL steht für: NAD(P) Dependent Steroid Dehydrogenase-Like, das Gen kodiert für die 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, die an der Cholesterol-Biosynthese beteiligt ist. Die Erkrankung äußert sich durch einseitige gelbe ichthyosiforme (schuppenartige) Fehlbildungen der Haut in Form von entzündlichen Flecken und Hautläsionen. Sie betreffen immer nur eine Körperhälfte und enden abrupt an der Mittellinie. Meist bleibt das Gesicht verschont. Betroffen ist weniger als ein Mensch von 1.000.000 [1].

Porokeratosen hingegen können verschiedene Ursachen haben. Die disseminierte superfizielle aktinische Porokeratose (DSAP) ist die häufigste Form der Porokeratosen. Ein Drittel der Betroffenen hat eine Mutation im MVK-Gen (12q24). Dieses Gen kodiert die Mevalonatkinase (MVK), die notwendig für die Synthese von Cholesterol und Isoprenoiden ist. Eine weitere Funktion des Enzyms ist die Calcium-abhängige Keratinozytendifferenzierung. Bei einer disseminierten superfiziellen aktinischen Porokeratose haben die Betroffenen kleine rosa-bräunliche Läsionen bis zu 1 cm Größe an meist Sonnenlicht-exponierten Bereichen wie den Armen (s. Abb.). Die Läsionen sind rundlich, haben eine klare Außenkante mit erhabenem Rand und eine Vertiefung durch das fehlende Stratum granulosum. Die Stellen sind schmerzlos, und nur ein Drittel der Patienten klagt über Juckreiz. Bei 10% der Betroffenen kann die Erkrankung maligne entarten und sich zu einem Karzinom entwickeln. Für Deutschland gibt es keine genaue Zahl, als Vergleich hilft der Blick in die USA und nach Schweden: In den USA litten 2017 weniger als 200.000 Personen unter DSAP, in Schweden zählte im Zeitraum von 2016 bis 2020 das nationale Patientenregister 2277 Personen [2 - 4].                             

Bisher werden Porokeratosen topisch mit Imiquimod 5% Creme, 5-Fluor­ouracil und Vitamin-D-Analoga behandelt. Auch zeigt die Einnahme von Corticoiden bei Betroffenen Linderung. Bei beiden Erkrankungen lassen sich die Beschwerden auf den Cholesterol-Mangel in der Haut zurückführen. Toxische Nebenprodukte aus dem gestörten Weg können den Hautzustand verschlechtern. Die Therapie des Child-Syndroms beinhaltet bereits Statin-haltige Cremes [2, 3] und dient als Vorbild.

Um Porokeratosen pathogenesegerichtet zu behandeln, haben verschiedene Arbeitsgruppen die topische Behandlung mit Statinen getestet. Eine Forschungsgruppe aus Amerika hat den bisherigen Stand im Jahr 2023 in einer Metaanalyse zusammengefasst [5]. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass sowohl Cremes mit Lovastatin als auch Cremes mit einer Kombination aus Simvastatin und Cholesterol wirkungsvoll in der Behandlung sind. Beide Behandlungen reduzierten bei zweimal täglicher Anwendung die Herde und verschafften im Vergleich zu herkömmlichen Therapien Linderung. Die beobachteten Nebenwirkungen nach achtwöchiger Behandlung waren durch Erythema und Kontaktdermatitis vertretbar. Die Autoren nannten die Ergebnisse vielversprechend, betonten aber, dass eine größere Versuchsgruppe notwendig sei [5].

DAC bietet bereits Formulierungen

Da es kein Fertigarzneimittel gibt, ist eine Rezeptur notwendig. Ein Problem bei der Herstellung solcher Rezepturen besteht darin, dass die Wirkstoffe als Reinsubstanzen nicht erhältlich sind. Für eine Creme müssen also Tabletten gelöst und eingearbeitet werden. Für die Wahl eines geeigneten Herstellers für die Tabletten nennt das DAC keine Empfehlung. Filmtabletten eignen sich nicht, da ungelöste oder nicht zerkleinerte Filmreste stören. Die Grundlage muss also wasseraufnehmend sein. Die zweite Herausforderung ist die chemische Stabilität: Der Lactonring ist in wässriger Lösung instabil, im Alkalischen ist die Hydrolyse irreversibel. Eine Grundlage mit schwach saurem pH-Wert ist notwendig. Das DAC beschreibt die Herstellung zweier Formulierungen mit Verweis auf Daten des Universitätsklinikums Freiburg (Tab.).                               

Auffallend ist der höhere Wasseranteil in der Rezeptur mit Unguentum Cordes®. Dieser ermöglicht das leichtere Verarbeiten der entstehenden Suspension in die Cremegrundlage. Um die Zubereitung mikrobiologisch stabil zu erhalten, muss konserviertes Wasser verwendet werden. Die Zubereitung in Basiscreme hingegen erfordert ein manuelles Einarbeiten aufgrund des geringeren Wasseranteils. Der Anteil an Propylenglykol hält die Zubereitung mikrobiologisch stabil. Für beide Zubereitungen sollte das Cholesterol bereits mikronisiert vorliegen, da es sonst noch zerkleinert werden muss.

Bei beiden Cremes werden die Tabletten zunächst in Wasser gelöst und verrührt. Die Creme mit Unguentum Cordes® lässt sich problemlos im automatischen Rührgerät herstellen, bei der Basiscreme ist eine Einarbeitung in die Grundlage in einer Fantaschale notwendig. Die Herstellung der Creme mit Unguentum Cordes® in der Fantaschale erfolgt unter Erwärmung.

Forschende des Universitätsklinikums Freiburg konnten eine ausreichende Stabilität in ähnlichen Formulierungen nachweisen. Nach drei Monaten lag der Wirkstoffgehalt bei über 90%. Die Haltbarkeit lässt sich auf die genannten Rezepturen übertragen. ­Lediglich bei der Rezeptur mit Basiscreme ist eine gelbe Verfärbung aufgetreten, die nicht kritisch sei [6].                       

Neue Einsatzgebiete für HMG-CoA-Reduktase-Hemmer?

Abseits vom bekannten Wirkmechanismus scheinen weitere Anwendungsgebiete möglich. Eine Forschungsgruppe der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Toruń, Polen, testete Cremes mit Atorvastatin und Simvastatin bei Vitiligo [7]. Die sogenannte Weißfleckenkrankheit ist eine chronische Hauterkrankung, die durch pigmentfreie Hautstellen charakterisiert ist. Verantwortlich dafür ist der Verlust der Melanozyten in der Epidermis. Als Ursache wird eine immunologische Reaktion genannt. Durch Melanozyten-spezifische CD8+-T-Lymphozyten wird eine Kaskade unter Beteiligung des JAK-STAT-Weges gestartet [7]. Reaktive Sauerstoffspezies fördern diesen Prozess. In Mitteleuropa sind etwa 0,52% der Menschen davon betroffen [8]. Der komplexe Signalweg kann durch gezieltes Unterbrechen der Kaskade gestoppt werden. Über die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase hinaus besitzen Statine weiteres Potenzial. Die Forschenden gehen davon aus, dass Statine diesen Signalweg unterbrechen, unter anderem indem sie die Antigenpräsentation der T-Lymphozyten blockieren. Eine Repigmentierung konnten die Forschenden nicht beobachten, jedoch verringerte die Behandlung ein Fortschreiten des Verlaufes. Für Simvastatin konnte eine signifikante Wirkung gegenüber Placebo nachgewiesen werden. Sie schlagen weitere Untersuchungen vor.

Jüngere Ergebnisse zeigen zudem antiinflammatorische und proliferierende Eigenschaften bei Statinen. Diese konnten mit einem kubischen Gel getestet werden. So fördert Simvastatin die Wundheilung. Der Heilungsprozess ist mit Unterstützung im Endothelaufbau durch Induzierung von Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) und Förderung der Angiogenese beschleunigt worden. Forschende konnten einen schnelleren Wundverschluss nachweisen [9]. 

Literatur

[1] Orphanet – CHILD-Syndrom, Stand: September 2024, www.orpha.net/de/disease/detail/139

[2] Orphanet – Porokeratose, aktinische disseminierte superfizielle, Stand: September 2024, www.orpha.net/de/disease/detail/79152

[3] Inci R, Zagoras T, Kantere D, et al. Porokeratosis is one of the most common genodermatoses and is associated with an increased risk of keratinocyte cancer and melanoma. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2023;37:420-427

[4] Healthline Media LLC – What causes Porokeratosis and How Is It Treated? Stand: September 2024, www.healthline.com/health/skin-disorders/porokeratosis

[5] Casale F, Walters N, Peach A, et al. Efficacy of Topical Cholesterol and Statin Combination Therapy in the Treatment of Porokeratosis: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Drugs Dermatol 2023;22:1160-1165

[6] DAC/NRF – Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH; Rezepturhinweise-Datenbank Simvastatin, Stand September 2024, https://dacnarf.pharmazeutische-zeitung.de/dac/nrf-wissen/rezepturhinweise/apo/einzelansicht/1601

[7] Niezgoda A, Winnicki A, Krysiński J., et al. Topical application of simvastatin acid sodium salt and atorvastatin calcium salt in vitiligo patients. Results of the randomized, double-blind EVRAAS pilot study. Sci Rep 2024;14:14612

[8] Akl J, Lee S, Hyun Jeong J et al. Estimating the burgen of vitiligo: a systemativ review and modelling study The Lacet Public Health 2024;9:386-396

[9] Ahmed LM, Hassanein KMA, Mohamed FA, et al. Formulation and evaluation of simvastatin cubosomal nanoparticles for assessing its wound healing effect. Sci Rep 2023;13:17941