Selgamis®

Trifaroten

15.08.2020


Terphenylsäure-Derivat zur lokalen Therapie der Acne vulgaris
Der Agonist des Retinsäurerezeptors γ (RAR γ) Trifaroten ist zur lokalen Therapie der Acne vulgaris vorgesehen. Die Substanz wird als Selgamis®-Creme bei Patienten ab zwölf Jahren topisch im Gesicht und/oder am Rumpf angewendet, wenn viele Komedonen (Mitesser), Papeln (Knötchen) und Pusteln (Eiterbläschen) vorhanden sind.

Trifaroten 

ATC-Code

D: Dermatika


D10: Aknemittel


D10A: Aknemittel zur topischen Anwendung


D10AD: Retinoide zur topischen Anwendung bei Akne


D10AD06: Trifaroten


Wirkungsmechanismus

Topische Retinoide sind synthetische Derivate von Retinol (Vitamin A) und gelten bei leichter bis mittelschwerer Acne vulgaris als Therapeutika der ersten Wahl. Sie wirken antiinflammatorisch, komedolytisch und antikomedogen und normalisieren das Wachstum und die Teilungshäufigkeit von Keratinozyten. Ihre Wirkung beruht auf einer Bindung an die nucleären Retinoid-Rezeptoren RAR (Retinoid-Acid-Receptor) und RXR (Retinoid-X-Receptor) mit anschließender Modifikation der zugehörigen Genexpression. Von beiden Rezeptortypen sind wiederum jeweils drei Subtypen α, β und γ bekannt, wobei RAR γ vor allem in der Dermis, der Epidermis und im Infundibulum, einem trichterförmigen Abschnitt des Haarfollikels, vorkommt. Der neue Wirkstoff Trifaroten, ein Terphenylsäure-Derivat, ist ein potenter und spezifischer Agonist des Retinsäure-Rezeptors vom Subtyp γ. Seine Affinität zu RAR γ ist 50- bzw. 8-fach höher als zu RAR α und RAR β. Eine Aktivität an Retinoid-X-Rezeptoren (RXR) wurde nicht festgestellt. In immortalisierten Keratinozyten und rekonstruierter Epidermis konnte durch Trifaroten eine Modulation von Retinoid-Zielgenen gezeigt werden, die für Entzündungsprozesse und die Differenzierung von Keratinozyten verantwortlich sind. Im Tierexperiment kam es neben antiinflammatorischen und depigmentierenden Effekten zu einer deutlichen komedolytischen Aktivität mit Reduktion der Komedonen-Zahl und zu einer Erhöhung der Epidermis-Dicke. Aufgrund seiner Spezifität und Affinität für RAR γ war hierbei für Trifaroten im Vergleich zu bereits bekannten Retinoiden eine zehnfach niedrigere Dosis ausreichend.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach täglicher topischer Applikation über einen Monat auf Gesicht, Schultern, Brust und oberen Rücken war die systemische Bioverfügbarkeit von Trifaroten für erwachsene und pädiatrische Patienten gleichermaßen gering. Nur 37% der Erwachsenen und 18% der Kinder wiesen nach diesem Zeitraum quantifizierbare Trifaroten-Plasmaspiegel auf. Auch bei Langzeitanwendung ist somit offenbar keine Arzneimittelkumulation zu erwarten.


Proteinbindung, Verteilung: Trifaroten penetriert gut in die Haut. Die Plasmaproteinbindung beträgt mehr als 99,9%.


Metabolismus: Systemisch verfügbares Trifaroten unterliegt einer ausgeprägten hepatischen Biotransformation, hauptsächlich durch CYP2C9, CYP3A4, CYP2C8 und in geringerem Ausmaß durch CYP2B6.


Exkretion: Der resorbierte Anteil erscheint in erster Linie in den Fäzes. Die Eliminationshalbwertszeit wird mit zwei bis neun Stunden angegeben.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Trifaroten wird einmal täglich abends in einer dünnen Schicht auf die sauberen und trockenen Hautareale der betroffenen Gesichts- und/oder Körperregionen appliziert. Ein Pumpstoß mit 50 µg/g Creme ist für die Behandlung des Gesichts mit Stirn, Wangen, Nase und Kinn vorgesehen. Zwei Pumpstöße sollten für die oberen Körperregionen mit dem erreichbaren oberen Rücken, Schultern und Brustbereich ausreichen. Ein weiterer Pumpstoß kann bei Erfordernis für den mittleren und unteren Rücken verwendet werden. Der Kontakt mit Augen, Augenlidern, Lippen und Schleimhäuten ist zu vermeiden. Ebenso sollte ein Auftragen auf Schnittwunden, Abschürfungen sowie ekzematöse oder sonnenverbrannte Haut unterbleiben. Nach der Applikation ist das Waschen der Hände angeraten. Vor und nach dem Auftragen der Trifaroten-Zubereitung empfiehlt sich – jeweils unter Einhaltung einer adäquaten Trockenzeit – die Anwendung einer Feuchtigkeitscreme. Auf diese Weise können durch Trifaroten ausgelöste lokale Reaktionen wie Erytheme, Abschuppungen, Trockenheit, Stechen und Brennen abgemildert werden. Wenn trotz dieser Linderungsmaßnahmen schwere Hautreaktionen auftreten bzw. bestehen bleiben, muss die Behandlung möglicherweise zeitweise unterbrochen oder gegebenenfalls dauerhaft abgebrochen werden. Sicherheit und Wirksamkeit bei älteren Patienten ab 65 Jahren und bei Kindern unter zwölf Jahren sind nicht erwiesen. Auch liegen bislang keine Erfahrungen zur Behandlung von Patienten mit eingeschränkter Nieren- und/oder Leberfunktion vor.

Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Trifaroten sowie bei Frauen mit bestehender oder geplanter Schwangerschaft besteht eine Kontraindikation.

Unerwünschte Wirkungen

Während der Anwendung von Trifaroten kommt es häufig zu Reizung oder Pruritus an der Applikationsstelle und zu Sonnenbrand. Gelegentlich wird über allgemeine Hautreizungen, Akne, allergische Dermatitis und Erytheme sowie über Schmerzen, Trockenheit, Verfärbungen, Erosionen, Ausschläge oder Schwellungen am Applikationsort berichtet. In seltenen Fällen muss mit asteatotischen Ekzemen (Austrocknungsekzemen), seborrhoischer Dermatitis, brennendem Gefühl auf der Haut, Hautfissuren, Hyperpigmentierungen, schuppenden Augenlidern, Augenlidödemen, Cheilitis und Flushing sowie mit Erythemen, Urtikaria und Bläschen an der Applikationsstelle gerechnet werden.

Wechselwirkungen

Die topische Anwendung von Trifaroten führt nicht zu einer Veränderung der Plasmaspiegel oral verabreichter hormoneller Kontrazeptiva wie Ethinylestradiol und Levonorgestrel, sodass die kontrazeptive Wirkung erhalten bleibt. Weitere Untersuchungen zum pharmakokinetischen oder -dynamischen Interaktionspotenzial von Trifaroten wurden bislang nicht durchgeführt. Bei der kombinierten Applikation von Kosmetika oder Arzneimitteln mit abschuppender, reizender oder austrocknender Wirkung ist allerdings Vorsicht ist geboten, da mit verstärkten Irritationen gerechnet werden muss.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Trifaroten sollte nicht häufiger als einmal täglich angewendet werden, da durch die Mehrfachapplikation keine schnelleren oder besseren Therapieergebnisse zu erreichen sind. Dagegen kann es zu übermäßigen Rötungen, Schuppungen oder Hautbeschwerden kommen. Auch von aggressiven Enthaarungsmethoden ist aufgrund eines erhöhten Risikos für Hautreizungen Abstand zu nehmen. Zudem sollten während der Trifaroten-Behandlung Phototherapien, intensive Sonnenbäder oder der Besuch von Solarien unterbleiben. Lässt sich eine Sonnenexposition nicht vermeiden, empfehlen sich Schutzmaßnahmen wie Breitspektrum-Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor oder das Tragen von schützender Kleidung. Falls die Trifaroten-Zubereitung in die Augen gelangt, müssen diese unverzüglich und gründlich mit warmem Wasser ausgespült werden. Nach etwa dreimonatiger Therapie mit Trifaroten sollte der Arzt den Behandlungserfolg beurteilen und den Nutzen einer Weiterbehandlung einschätzen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Obwohl topisch appliziertes Trifaroten in der Regel eine nur geringe systemische Verfügbarkeit aufweist, ist das Retinoid für die Anwendung während der Schwangerschaft kontraindiziert. Wie bei anderen Vertretern dieser Wirkstoffgruppe besteht die Gefahr kongenitaler Fehlbildungen. Tierexperimente haben zudem Reproduktionstoxizität gezeigt. Es ist nicht bekannt, ob Trifaroten oder seine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Im Tierversuch war dies der Fall. Da ein Risiko für den Säugling nicht ausgeschlossen werden kann, muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob auf das Stillen oder die Behandlung mit Trifaroten verzichtet werden soll. Falls dennoch eine Anwendung des Retinoids während der Stillzeit stattfindet, sollte die Trifaroten-Zubereitung keinesfalls auf die Brust und den Brustbereich aufgetragen werden.

Handelspräparat Selgamis® 

Hersteller

Galderma Laboratorium GmbH, Düsseldorf

Einführungsdatum

15. August 2020

Zusammensetzung

50 µg Trifaroten pro g Zubereitung

Sonstige Bestandteile

Allantoin, Simulgel 600 (Poly[prop-2-enamid-conatrium-2-methyl-2-(prop-2-enamido)propan-1-sulfonat] (PHA), Heptamethylnonan, Polysorbat 80, Sorbitanoleat, Cyclomethicon, Ethanol 96%, Phenoxyethanol (Ph. Eur.), Propylenglycol (E 1520), mittelkettige Triglyceride, gereinigtes Wasser

Packungsgrößen, Preise, PZN

75 g Creme, 69,92 Euro, PZN 16397376

Indikation

lokale Therapie der Acne vulgaris im Gesicht und/oder am Rumpf bei Patienten ab zwölf Jahren, wenn viele Komedonen, Papeln und Pusteln vorhanden sind.

Dosierung

Trifaroten wird in einer dünnen Schicht einmal täglich abends auf die betroffenen sauberen und trockenen Gesichts- und/oder Körperregionen aufgetragen.

Kontraindikationen

Frauen, die eine Schwangerschaft planen, bereits bestehende Schwangerschaft, Überempfindlichkeit gegen Trifaroten

Unerwünschte Wirkungen

Nebenwirkungen:


Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen sind Reizungen und Pruritus an der Applikationsstelle sowie Sonnenbrand.

Wechselwirkungen

Die topische Anwendung von Trifaroten beeinflusst die Plasmakonzentration oral verabreichter hormoneller Kontrazeptiva (Ethinylestradiol und Levonorgestrel) nicht. Es wurden jedoch keine klinischen Wechselwirkungsstudien durchgeführt, um die Wirkungen anderer Arzneimittel auf systemische Konzentrationen von Trifaroten zu untersuchen.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Trifaroten-Zubereitungen sollen nicht auf Schnittwunden, Abschürfungen sowie ekzematöse oder sonnenverbrannte Haut aufgetragen werden. Das Arzneimittel darf nicht mit Augen, Augenlidern, Lippen oder Schleimhäuten in Kontakt kommen. Eine übermäßige Exposition gegenüber Sonnenlicht, Sonnenlampen oder Phototherapien muss während der Behandlung vermieden werden.

Literatur

[1] Fachinformation zu Selgamis®, Stand April 2020


[2] Tan J, Thiboutot D, Popp G, Gooderham M et al. Randomized phase 3 evaluation of trifarotene 50 μg/g cream treatment of moderate facial and truncal acne. J Am Acad Dermatol 2019;80(6):1691-1699


[3] Drugdex® System. Truven Health Analytics. Trifarotene, Abruf 12. September 2020

Copyright

©2020-2022 Deutscher Apotheker Verlag, Neue Arzneimittel, Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung

Datenstand

11/2020

Apothekerin Dr. Monika Neubeck