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Arzneimittel und Therapie
Bivalirudin bei perkutaner Koronarintervention
Als Peptid wird Bivalirudin von Proteasen zu Aminosäuren abgebaut. Es hat eine Halbwertszeit von nur 25 Minuten, und die Infusionszeit beträgt weniger als eine Stunde. Ein aufwendiges Monitoring der Gerinnungswerte ist unter der Therapie mit Bivalirudin nicht notwendig. Sowohl leichte als auch schwere Blutungen traten bei gleicher Wirksamkeit unter der Therapie mit Bivalirudin signifikant seltener auf als in der Vergleichsgruppe unter einer Behandlung mit Heparin plus GPIIb/IIIa-Inhibitor.
Direkter und spezifischer Thrombininhibitor
Bivalirudin ist ein direkter und spezifischer Thrombininhibitor, der sowohl am katalytischen Zentrum als auch an der Anionenbindungsregion von Thrombin bindet, unabhängig davon, ob Thrombin im Plasma oder im Gerinnsel gebunden vorliegt.
Thrombin spielt bei der Entwicklung einer Thrombose eine zentrale Rolle. Es spaltet Fibrinogen in Fibrinmonomere und aktiviert Faktor XIII zu Faktor XIIIa. Hierdurch kann lösliches Fibrin durch eine kovalente Bindung quervernetzt werden und so den Thrombus stabilisieren. Darüber hinaus aktiviert Thrombin die Faktoren V und VIII, wodurch die Produktion von Thrombin weiter stimuliert wird. Thrombin aktiviert zusätzlich Thrombozyten und bewirkt ihre Aggregation sowie die Freisetzung von Granula-Inhaltsstoffen.
Bivalirudin hemmt jede dieser Thrombinwirkungen. Die Bindung von Bivalirudin an Thrombin und damit dessen Wirkung ist reversibel, weil Thrombin seinerseits die Bindung von Bivalirudin-Arg3-Pro4 langsam aufspaltet, wodurch sich die Funktion des aktiven Zentrums von Thrombin regeneriert. Bivalirudin fungiert also anfänglich als vollständig nicht-kompetitiver Thrombininhibitor, geht jedoch im Laufe der Zeit in einen kompetitiven Inhibitor über. Hierdurch können die zu Beginn gehemmten Thrombinmoleküle mit anderen Gerinnungsfaktoren interagieren und – falls erforderlich – koagulieren.
Intravenöse Infusion
Die empfohlene Dosierung von Bivalirudin besteht aus einer initialen intravenösen Bolusgabe von 0,75 mg/kg Körpergewicht und einer sich hieran unmittelbar anschließenden intravenösen Infusion mit einer Dosis von 1,75 mg/kg Körpergewicht und Stunde mindestens für die Dauer des Eingriffs. Die Infusion kann, nach den Erfordernissen der jeweiligen klinischen Situation, bis zu vier Stunden nach der Intervention fortgeführt werden.
Die Behandlung mit Angiox® kann 30 Minuten nach Beendigung der intravenösen Gabe von unfraktioniertem Heparin oder acht Stunden nach Beendigung der subkutanen Gabe von niedermolekularem Heparin eingeleitet werden.
Bei einer Niereninsuffizienz muss die Infusionsdosis/-rate angeglichen werden. Bei älteren Patienten ist wegen altersbedingt eingeschränkter Nierenfunktion Vorsicht geboten. Die aktivierte Gerinnungszeit (ACT) kann zur Beurteilung der Wirksamkeit von Bivalirudin herangezogen werden.
Bei Leberinsuffizienz ist eine Dosisanpassung nicht erforderlich, da die Verstoffwechselung von Bivalirudin über die Leber begrenzt ist.
Bivalirudin kann in Kombination mit einem GPIIb/IIIa-Inhibitor angewendet werden.
Weniger Blutungen als bei unfraktioniertem Heparin
In der 30-tägigen REPLACE-2-Studie mit über 6000 Patienten wurde Bivalirudin mit unfraktioniertem Heparin verglichen. Bivalirudin wurde vor Beginn der Katheterintervention als Bolus (0,75 mg/kg), und danach als Infusion für die Dauer der Intervention (1,75 mg/kg) verabreicht. Ein anderer Teil der Patienten wurde mit einer Kombination aus unfraktioniertem Heparin und GPIIb/IIIa-Rezeptorhemmer behandelt. Ein Teil der Patienten erhielt zusätzlich zu Bivalirudin bei einer Komplikation (z. B. Zielgefäß verschlossen, ein neuer Thrombus, distale Embolisation, klinische Instabilität, nicht geplante Stentanlage), die es bei sieben Prozent gab, einen GPIIb/IIIa-Rezeptorhemmer. Insgesamt zeigten die Daten von REPLACE-2, dass es in der Bivalirudin-Gruppe im Vergleich zur Gruppe mit unfraktioniertem Heparin zu weniger Blutungen bei gleicher Wirksamkeit kam.
Zu starken Blutungen kam es am häufigsten im Punktionsbereich der arteriellen Schleuse. Thrombozytopenien sind nur gelegentlich zu befürchten, sehr selten traten bisher anaphylaktische Reaktionen einschließlich tödlichem Schock auf. Ein unklarer Hämatokrit-, Hämoglobin- oder Blutdruckabfall kann auf eine Blutung hindeuten. Besteht der Verdacht auf eine Blutung oder wird eine Blutung beobachtet, ist die Behandlung abzubrechen.
Für Bivalirudin ist kein Antidot bekannt, seine Wirkung lässt aber schnell nach (t1/2 beträgt 35 bis 40 Minuten).
Bei schweren Nierenschäden kontraindiziert
Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Niereninsuffizienz ist die Clearance um ca. 20%, bei dialysepflichtigen Patienten um 80% verringert. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz sollen unter einer Behandlung mit Angiox® Kontrollen von Gerinnungsparametern, wie der aktivierten Gerinnungszeit (ACT) erfolgen. Bei Patienten mit schwerer Nierenschädigung (GFR < 30 ml/min) und bei dialysepflichtigen Patienten ist Bivalirudin kontraindiziert.
Bivalirudin ist ebenfalls kontraindiziert bei Patienten mit aktiven Blutungen oder erhöhtem Blutungsrisiko aufgrund einer Störung des Hämostasesystems und/oder irreversiblen Gerinnungsstörungen, mit schwerer unkontrollierter Hypertonie und subakuter bakterieller Endokarditis. hel
Quelle
Lincoff, AM et al.: Long-term efficacy of bivalirudin and provisional glycoprotein IIb/IIIa blockade vs heparin and planned glycoprotein IIb/IIIa blockade during per- cutaneous coronary revascularization: RE- PLACE-2 randomized trial. J. Am. Med. Assoc. 2004, 292(6):696 – 703.
Steckbrief: Bivalirudin
Handelsname/Hersteller:
Angiox (Nycomed, Unterschleißheim)
Einführungsdatum:
15. Oktober 2004
Zusammensetzung:
Jede Durchstechflasche enthält 250 mg Bivalirudin. Nach Rekonstitution enthält 1 ml 50 mg Bivalirudin. Nach Verdünnen enthält 1 ml 5 mg Bivalirudin. Sonstige Bestandteile: Mannitol (Ph.Eur.), Natriumhydroxyd-Lösung 2% (zur pH-Anpassung).
Packungsgrößen, Preise und PZN:
10 Durchstechflaschen, 5113,58 Euro, PZN 3725689
Stoffklasse:
Antikoagulans
Indikation:
Als Antikoagulans für Patienten, die sich einer perkutanen Koronarintervention (PCI) unterziehen.
Dosierung:
Die empfohlene Dosierung von Bivalirudin besteht aus einer initialen intravenösen Bolusgabe von 0,75 mg/kg Körpergewicht und einer sich hieran unmittelbar anschließenden intravenösen Infusion mit einer Dosis von 1,75 mg/kg Körpergewicht und Stunde mindestens für die Dauer des Eingriffs. Die Infusion kann, nach den Erfordernissen der jeweiligen klinischen Situation, bis zu vier Stunden nach der PCI fortgeführt werden. Bei Niereninsuffizienz muss die Infusionsdosis/-rate angeglichen werden.
Gegenanzeigen:
aktive Blutungen oder erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund einer Störung des Hämostasesystems und/oder irreversiblen Gerinnungsstörungen; schwere unkontrollierte Hypertonie und subakute bakterielle Endokarditis; schwere Nierenschädigung (GFR < 30 ml/min) und dialysepflichtige Patienten.
Nebenwirkungen:
Blutungen; Thrombozytopenie, Anämie; allergische Reaktionen; Kopfschmerzen; ventrikuläre Tachykardie, Angina pectoris, Bradykardie; Thrombose, Hypotonie, Hämorrhagien, Gefäßerkrankungen, Gefäßanomalien; Dyspnö; Übelkeit, Erbrechen; Exanthem; Rückenschmerzen; Hämorrhagien an der Injektionsstelle, Schmerzen an der Injektionsstelle, Brustschmerzen.
Wechselwirkungen:
Die Behandlung mit Angiox® kann 30 Minuten nach Beendigung der intravenösen Gabe von unfraktioniertem Heparin oder acht Stunden nach Beendigung der subkutanen Gabe von niedermolekularem Heparin eingeleitet werden. Wahrscheinlich erhöhen Antikoagulanzien die Blutungsgefahr. Bei der Kombination von Bivalirudin mit Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulanzien sind die klinischen und biologischen Hämostaseparameter in jedem Fall regelmäßig zu kontrollieren.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen:
Besteht der Verdacht auf eine Blutung, oder wird eine Blutung beobachtet, ist die Behandlung abzubrechen. Vorsichtsmaßnahmen zur Behandlung allergischer Reaktionen sollten getroffen werden. Angiox® ist während einer Brachytherapie mit Betastrahlern mit Vorsicht anzuwenden.
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