Arzneimittel und Therapie

Migränetherapie – Triptane im Vergleich

Triptane stellen eine sehr interessante Stoffgruppe in der Migränetherapie dar. In vielen umfangreichen Studien zeigten sich die oralen Triptane Placebo gegenüber überlegen. Mittlerweile stehen sieben Vertreter – zwei davon für die Selbstmedikation – mit ihren Vor- und Nachteilen zur Verfügung. Sie sind sehr gut wirksam, aber bei allen Triptanen wurden auch Paresen, Schwindel und Schläfrigkeit sowie thorakales Engegefühl als unerwünschte Arzneimittelwirkungen festgestellt.
Bundesweite Kopfschmerz-Beratungswoche

"Kopf-Schmerz-Frei durch Herbst und Winter"
Kopfschmerzen kennt fast Jeder. Meist hervorgerufen durch Stress, Verspannungen oder Fieber. Unterschätzt wird bisher die Zahl wetterbedingter Kopfschmerzen. Jeder zweite Deutsche bezeichnet sich als wetterfühlig und gibt Kopfschmerzen als häufigstes Symptom an. Deshalb steht die 6. bundesweite Kopfschmerz-Beratungswoche vom 5. September bis 12. September 2009 unter dem Motto "Kopf-Schmerz-Frei durch Herbst und Winter". Auftakt der bundesweiten Aktionswoche ist der Deutsche Kopfschmerztag am 5. September 2009. Unterstützt wird die Aktion unter anderem vom Deutschen Grünen Kreuz, der European Headache Alliance, der MigräneLiga Deutschland e. V. sowie der Stiftung Kopfschmerz. Umfangreiches Info-Material rund um Kopfschmerzen, zu den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten sowie Patienteninformationen erhalten Interessierte unter Tel. 0 64 21 / 293 – 125 oder unter www.forum-schmerz.de im Internet.
Beratungs-Hotline: Am 6. September 2009 erreichen Patienten von 16 bis 18 Uhr die kostenlose Kopfschmerz-Hotline unter 0 800 0 112 115.

Bei Migräne handelt es sich um chronisch rezidivierende, anfallsweise auftretende, halbseitige Kopfschmerzen, deren Pathophysiologie noch nicht endgültig geklärt ist. Eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie und damit auch in der Therapie der Migräne spielt Serotonin. 5-HT1B/1D -Agonisten wie die Triptane aktivieren postsynaptisch 5-HT1B -Rezeptoren auf der Oberfläche der glatten Gefäßmuskulatur und führen während eines Migräneanfalls zu einer Vasokonstriktion der dilatierten Gefäße. Dieser Effekt ist in den zerebralen Blutgefäßen wesentlich größer als in der Peripherie und den Koronargefäßen, da dort die Rezeptordichte geringer ist. Dennoch lassen sich über periphere Rezeptoren einige der unerwünschten Wirkungen der Triptane erklären.

Kontraindikationen beachten!

Als wichtigste Nebenwirkung wird häufig von thorakalem Engegefühl ähnlich einer Angina pectoris berichtet. Bei prädisponierten Personen besteht die Gefahr von Spasmen der Herzkranzgefäße. Daher sind Triptane bei Patienten mit aktuellen oder zurückliegenden kardialen Ereignissen kontraindiziert. Auch in der Schwangerschaft, Stillzeit und bei Kindern unter zwölf Jahren sowie bei Personen ab 65 Jahren dürfen Triptane nicht eingesetzt werden. Die gleichzeitige Anwendung von Substanzen, die den Serotoninstoffwechsel beeinflussen, soll vermieden werden, da sonst die Gefahr eines Serotonin-Syndroms besteht. Alle Triptane können bei zu häufiger Anwendung die Attackenfrequenz erhöhen und zu einem Arzneimittel-induzierten Dauerkopfschmerz führen. Ihre Anwendung wird daher auf höchstens zehn Tage im Monat begrenzt. Prototyp der Triptane ist das Sumatriptan. Die anderen Triptane sind Weiterentwicklungen, bei denen pharmakologische Eigenschaften wie die im Vergleich geringe orale Bioverfügbarkeit, kurze Halbwertszeit und relativ geringe Lipophilie und somit schlechte ZNS-Gängigkeit des Sumatriptans verbessert wurden.

Das Älteste: Sumatriptan

Sumatriptan (Imigran®) ist ein selektiver Agonist der präsynaptischen 5-HT1B/1D -Rezeptoren. Es ist das älteste auf dem Markt befindliche Triptan und am besten untersucht. Neben den oralen stehen auch nasale, rektale und subkutane Darreichungsformen zur Verfügung. Der Wirkeintritt bei s.c.-Applikation mittels Autoinjektor erfolgt nach zehn Minuten (6 mg); bei oraler Verabreichung hingegen nach ca. 30 Minuten (25 bis 100 mg). Die Initialdosis beträgt 50 mg. Sie sollte so früh wie möglich nach Beginn des Migräneanfalls gegeben werden. Das Wirkmaximum wird bei oraler Gabe nach bis zu zwei Stunden und nach subkutaner Injektion nach 30 bis 60 Minuten erreicht. Eine nasale (10 bis 20 mg) sowie rektale (20 mg) Applikation bietet sich bei Erbrechen an. Kommt es innerhalb von 24 h zu einer erneuten Migräneattacke (recurrence), ist Sumatriptan erneut wirksam.

Vergleich der Triptane
 Einzeldosis (mg)orale Bioverfügbarkeit (%)t½ (h)tmax (h)Ansprechquote (%)Wiederauftreten von Schmerzen (%)

Almotriptan

(Almogran®)

12,570 bis 803 bis 42,5 bis 357 - 7025

Eletriptan

(Relpax®)

20, 40 oder 80504 bis 51 bis 1,564 (40 mg)31 (40 mg) 
24 (80 mg)

Frovatriptan

(Allegro®)

2,520 bis 3026437– 4620

Naratriptan

(Naramig® , Formigran®)

2,560 bis 7062 bis 360 –6825 (2,5 mg oral)

Rizatriptan

(Maxalt®)

5 bis 1040 bis 452–31 bis 1,562–7130–35 (10 mg oral)

Sumatriptan

(Imigran®)

50 bis 10010 bis 2021,5 bis 2,5

50 –70 oral

80 s.c

30–40 (100 mg oral)

50 s.c.

Zolmitriptan

(AscoTop®)

2,5 bis 54032 bis 360–80 oral30 (2,5 mg oral)

Als Nasenspray schnell wirksam: Zolmitriptan

Zolmitriptan (AscoTop®) ist in Wirkung und unerwünschten Effekten in etwa mit Sumatriptan vergleichbar. Es hat aufgrund einer besseren Permeation durch die Bluthirnschranke und einer höheren Selektivität für Serotoninrezeptoren einen zentralen Angriff am trigeminovaskulären System. Es ist teilweise bei Patienten effektiv, bei denen Sumatriptan nicht wirkt. Zolmitriptan ist als Tablette, Schmelztablette und Nasenspray erhältlich und zeigt eine vergleichbare gut Wirksamkeit wie 100 mg Sumatriptan oral. Die orale Initialdosis beträgt 2,5 mg. Aufgrund der besseren Resorption über die Nasenschleimhaut ist es möglich, dass bei Therapieversagen der oralen Gabe dennoch eine Wirkung nach nasaler Applikation eintritt. Hier beträgt die Dosis 5 mg. Bei der Anwendung als Nasenspray ist Zolmitriptan bereits nach fünf Minuten im Plasma nachweisbar, und die Wirkung setzt nach etwa 15 min ein. Die Plasmahalbwertszeit ist länger als bei Sumatriptan.

Günstiges Nebenwirkungsprofil: Naratriptan

Naratriptan (Naramig®, Formigran®) gilt als das am schwächsten wirksame Triptan. Es wird auch eine Hemmung der neurogenen Extravasation und der Aktivität von Trigeminus-Neuronen diskutiert. Dies soll nicht nur zu einer Besserung des akuten Migräneschmerz führen, sondern auch zu einer Reduktion der Begleitsymptome wie Übelkeit. Naratriptan ist durch eine relativ hohe Bioverfügbarkeit von 70% nach peroraler Gabe gekennzeichnet. Bei einem deutlich geringeren Auftreten von unerwünschten Wirkungen sowie von recurrence wird eine Schmerzreduktion langsamer als bei 100 mg Sumatriptan erzielt. Aus diesem Grund wird Naratriptan bei mittelschweren oder lange andauernden Attacken eingesetzt. Naratriptan (2,5 mg) wirkt auch bei etwa der Hälfte der Patienten, die mit 50 mg Sumatriptan keine ausreichende Wirkung zeigen oder unter thorakalem Engegefühl leiden. Naratriptan steht bereits seit 2006 in einer Packungsgröße von zwei 2,5-mg-Tabletten rezeptfrei zur Verfügung.

 

Überwindet die Blut-Hirn-Schranke: Rizatriptan

Rizatriptan, das als Tablette (Maxalt®) sowie als Sublingualtablette (Maxalt lingua®) erhältlich ist, zeigt eine geringe Nebenwirkungsrate. Bei einem direkten Vergleich von Rizatriptan, Sumatriptan, Naratriptan und Zolmitriptan wirkt ersteres signifikant schneller und besser. Im Gegensatz zu Sumatriptan überwindet es schnell die Blut-Hirn-Schranke und wird rasch resorbiert: Maximale Plasmakonzentrationen werden nach 1 h erreicht, die Wirkung setzt bereits nach 30 min ein. Die Standarddosierungen betragen 5 und 10 mg, wobei die höhere Dosis signifikant besser wirkt. Eine Dosisreduktion muss bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion sowie bei gleichzeitiger Gabe von Propranolol erfolgen, da dieser Arzneistoff die Plasmakonzentration von Rizatriptan erhöht.

Sehr lipophil: Almotriptan

Almotriptan (Almogran®) gilt als sehr gut verträglich, es führt zu weniger Nebenwirkungen wie Brustenge oder Herzbeschwerden als Sumatriptan. Almotriptan wird nach peroraler Applikation nahrungsunabhängig schnell resorbiert. Es hat von allen peroral applizierbaren Triptanen die höchste Bioverfügbarkeit, wahrscheinlich als Folge seiner hohen Lipophilie. Innerhalb von zwei Stunden nach der Einnahme gaben 64% der Patienten eine Schmerzreduktion und 37% eine komplette Schmerzfreiheit an. Die Wirkung setzt schon nach 30 Minuten ein. Zudem lässt die Wirksamkeit von Almotriptan im Langzeitverlauf nicht nach. Die empfohlene Einzeldosis beträgt 12,5 mg. Seit 1. August 2009 ist Almotriptan zur Behandlung von Migräneanfällen mit und ohne Aura aus der Verschreibungspflicht entlassen worden. Hierfür ist die Einzeldosis Almotriptan in einer Konzentration von 12,5 mg in einer Packungsgröße von maximal 25 mg verfügbar. Wie auch bei Naratriptan ist diese Ausnahme von der Verschreibungspflicht auf Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren beschränkt, bei denen zuvor ein Arzt die Diagnose Migräne gestellt hat.

Bei schweren Attacken: Eletriptan

Eletriptan (Relpax®) zeigt eine besonders lang anhaltende Wirkung und eine geringe Nebenwirkungsrate vor allem in Bezug auf das Herz-Kreislauf-System. Es wirkt wie Sumatriptan gefäßverengend im Bereich der Hirngefäße. Im Gegensatz zu Sumatriptan sind jedoch zu einer gefäßverengenden Wirkung im Bereich der Herzkranzgefäße höhere Dosen erforderlich, so dass hier Nebenwirkungen im Herz-Kreislauf-System durch Eletriptan weniger wahrscheinlich sind. Eletriptan (20 und 40 mg) zeigt eine hohe Verträglichkeit bei nur selten auftretender recurrence. Sollten 40 mg bei einer Attacke nicht ausreichen, kann in der Folgeattacke eine Einzeldosis von 80 mg versucht werden. Die maximale Tagesdosis von 80 mg ist dabei unbedingt zu beachten.

Lang wirksam: Frovatriptan

Das erst 2003 zugelassene Frovatriptan (Allegro®) weist innerhalb der Gruppe der Triptane die mit Abstand längste Halbwertszeit von 26 h und deswegen eine geringere Recurrence-Rate auf: Die Wiederholungsraten der Migräneattacken werden stärker gesenkt als mit anderen Triptanen. Die Verträglichkeit ist gut, jedoch muss mit einem verzögerten Wirkeintritt gerechnet werden. Für Erwachsene wird eine Dosis von täglich 2,5 mg empfohlen. Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten mit potenziellen Gefäßerkrankungen, bei Übergewichtigen und bei Rauchern.

Tipps für die Beratung in der Selbstmedikation

In der Beratung von Migränepatienten sollte der Patient dazu angehalten werden, ein Kopfschmerztagebuch zu führen, in dem Intensität, Lokalisation sowie Dauer des Anfalls und die medikamentöse Therapie vermerkt werden. So kann die Therapie optimiert und Triggerfaktoren erkannt werden, die dann zukünftig gemieden werden sollten. Bei der Migräne muss differenziert werden, ob es sich um eine leichte oder schwere Attacke handelt. Bei leichten Attacken ist es durchaus möglich mit nicht-steroidalen Analgetika in den üblichen analgetischen Dosen allein oder in Kombination mit einem Antiemetikum zu therapieren. Metoclopramid und Domperidon sind hier gängig. Sie sollen eine bessere Resorption der wenige Minuten später verabreichten Medikamente gewährleisten. Die Antiemetika werden genommen, wenn sich eine Migräneattacke ankündigt. Derzeit stehen zwei Triptane für die Selbstmedikation zur Verfügung: Naratriptan (Formigran®) und Almotriptan (Almogran®). Diese Wirkstoffe ermöglichen dem Patienten eine eigenverantwortliche Therapie seiner Migränekopfschmerzen. Vor Abgabe eines der nicht-verschreibungspflichtigen Triptane muss die Diagnose "Migräne" von einem Arzt gestellt werden. Es gilt die Kontraindikationen zu beachten; außerdem sollten Almotriptan, Naratriptan und Sumatriptan nicht an Patienten mit Sulfonamidunverträglichkeit abgegeben werden. Beide derzeit nicht-verschreibungspflichtigen Triptane haben eine vergleichbare Ansprechrate, jedoch wird Naratriptan bei länger andauernden bzw. vorhersehbaren Attacken (wie etwa bei Menstruations-assoziierter Migräne) gegeben; bei heftigen Migräneattacken wird Almotriptan aufgrund der stärkeren Wirksamkeit empfohlen. Im Beratungsgespräch sollte der Patient darauf hingewiesen werden, dass Triptane bei zu häufiger Anwendung die Attackenfrequenz erhöhen und zu einem Arzneimittel-induzierten Dauerkopfschmerz führen können. Ihre Anwendung wird daher auf höchstens zehn Tage im Monat begrenzt. Der beste Einnahmezeitpunkt ist zu Beginn einer Attacke (nach der Aura!). Triptane wirken auch, wenn sie während einer Attacke eingenommen werden, prophylaktische Gabe hingegen ist wirkungslos. Patienten können individuell auf die verschiedenen Triptane reagieren. Deswegen sollte bei Nichtansprechen oder Unverträglichkeit auf ein anderes umgestiegen werden. Triptane zeigen keinen Gewöhnungseffekt, so dass ein Patient, der einmal erfolgreich mit einem bestimmten Triptan behandelt worden ist, immer wieder mit diesem therapiert werden kann. Bei Therapieversagen der ersten Gabe eines Triptans bleibt eine Zweitapplikation während derselben Migräneattacke erfolglos.


Quelle

Fertigarzneimittelseminar "Neurologische Erkrankungen: Kopfschmerzen. Pathogenese und Therapie, Vergleich der Triptane", 15. Juli 2009, Goethe-Universität Frankfurt am Main. 

Mutschler, E. et al.; Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2008.

Diener, H.-C.: Stellenwert der Triptane in der Migränetherapie. Pharmazie unserer Zeit, 5, 2002, 462-468.

Fachinformationen der Triptane. 

 


Stud. pharm. Martina Meininger Stud. pharm. Ina Rosenberger

 

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