Arzneimittel und Therapie

Häufigkeit nosokomialer Infektionen unverändert

Repräsentative Prävalenz-Untersuchung vom RKI

Die Vermeidung von Infektionen im Krankenhaus- und Pflegebereich erfordert wegen der mit dem Aufenthalt verbundenen erhöhten Applikation von Antibiotika und der möglichen Entwicklung von Resistenzen besondere Aufmerksamkeit. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat jetzt die Ergebnisse einer repräsentativen Prävalenz-Studie vorgelegt, die Teil einer europaweiten Erhebung ist. Danach ist die Häufigkeit nosokomialer Infektionen gegenüber einer ähnlichen Untersuchung von 1994 weitgehend unverändert, während der Anteil der mit Antibiotika behandelten Krankenhauspatienten deutlich gestiegen ist.

Nachdem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Häufigkeit nosokomialer Infektionen deutlich zugenommen hatte, und nicht zuletzt auch wegen der Zunahme des Anteils resistenter Bakterien, wurde man sich der Notwendigkeit umfangreicher organisatorischer Präventionsmaßnahmen bewusst, die durch die Verabschiedung des Infektionsschutzgesetzes und nachfolgende Regelungen weitgehend umgesetzt wurden. Besonders effektiv waren in diesem Zusammenhang die Einführung des nationalen Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) und die Schaffung personeller Verantwortlichkeiten.

Antibiotikaeinsatz um ein Drittel gestiegen

Für Deutschland liegen jetzt die ersten vorläufigen Ergebnisse einer repräsentativen Prävalenz-Studie zu nosokomialen Infektionen und zur Antibiotika-Medikation im Krankenhausbereich vor. Im Rahmen einer europaweiten Erhebung des Europäischen Zentrums für Krankheitskontrolle und Prävention in Stockholm (ECDC) wurden die Daten in Deutschland vom Nationalen Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (Charité – Universitätsmedizin Berlin) mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit erhoben. Die repräsentative Stichprobe zwischen September und Dezember 2011 umfasste 46 Krankenhäuser mit mehr als 9600 Patienten; insgesamt nahmen 134 Kliniken in Deutschland teil.

Nosokomiale infektionen sind gefährlich, weilsie häufig von multiresistenten Erregern ausgelöstwerden. Während sich die Zahl der mit Antibiotikabehandelten Krankenhauspatienten seit 1994 umetwa ein Drittel erhöht hat, blieb die Häufigkeit nosokomialerInfektionen unverändert. Als häufigsteErreger wurden E. coli, Staph. aureus und Enterokokken(E. faecalis und E. faecium) beobachtet.

Etwa 3,3% der Patienten hatten während des Krankenhausaufenthaltes eine Infektion erworben. Die Gesamtrate der nosokomialen Infektionen betrug 4,5%. Am häufigsten waren Infektionen in größeren Krankenhäusern mit mehr als 800 Betten. Die Gesamtprävalenz für Universitätskliniken betrug 6,0%. Die höchsten Prävalenzraten (18,6%) wurden bei Intensivpatienten beobachtet. Am häufigsten waren postoperative Wundinfektionen (24,7%), gefolgt von Harnwegsinfektionen (22,4%) und Atemwegsinfektionen (21,5%).

Die häufigsten Erreger waren Escherichia coli (18,4%), Staphylococcus aureus (13,3%) und Enterokokken (12,8%). Ein besonderes Interesse gilt solchen Erregern, die aufgrund von Resistenzbildungen Therapieprobleme bereiten. Aufgrund ihrer Häufigkeit und Bedeutung gehören Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus- Stämme (MRSA) und zunehmend gramnegative Darmbakterien Klebsiella pneumoniae als ESBL-Bildner zu den Problemkeimen. ESBL steht für Extended-Spektrum β-Laktamase, eine Antibiotikaresistenz-Eigenschaft gram-negativer Infektionserreger. 1994 hatten 17,7% aller Klinik-Patienten Antibiotika erhalten, 2011 waren es etwa 24%. Damit ist der Anteil der mit Antibiotika behandelten Krankenhaus-Patienten in Deutschland seit 1994 um gut ein Drittel gestiegen. Die Ergebnisse geben daher zu vorsichtigem Optimismus Anlass: Trotz eines vermehrten Einsatzes von Antibiotika ist die Häufigkeit nosokomialer Infektionen nicht gestiegen.


Quelle

Deutsche Daten im Rahmen der ersten europäischen Prävalenzerhebung zum Vorkommen nosokomialer Infektionen und zur Antibiotikaanwendung. Epid Bull (2012) 26: 239 – 240, www.rki.de

Rüden, H.; et al.: Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Epidemiologie in den alten und neuen Bundesländern. Dtsch. Med. Wochenschr. (1996) 42: 1281 – 1287.


Dr. Hans-Peter Hanssen

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