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Beratung

Sichtbar oder versteckt

Blut im Stuhl kann schwerwiegende Ursachen haben – muss aber nicht

Blut auf dem Toilettenpapier, rot oder schwarz gefärbter Stuhl oder Auflagerungen von Blut führen meistens zu Beunruhigung. Dennoch wird die notwendige Abklärung beim Arzt häufig aufgeschoben. Sprechen Betroffene dieses Thema in der Apotheke an, sollten sie zum raschen Arztbesuch ermutigt werden. Im Beratungsgespräch in der Apotheke kann sich jedoch auch herausstellen, dass harmlose Ursachen wie bestimmte Nahrungs- oder Arzneimittel zu den Stuhlveränderungen geführt haben. | Von Claudia Bruhn

Als Faustregel gilt: wird dunkles Blut ausgeschieden oder ist der Stuhl schwarz gefärbt („Teerstuhl“), liegt die Blutungsquelle im oberen Gastrointestinaltrakt. So bildet sich z. B. beim Kontakt von Blut und Salzsäure im Magen aus Hämoglobin die Hydroxoeisen(III)-Porphyrin-Komplexverbindung Hämatin, die den Stuhl teerähnlich verfärbt (Meläna). Dagegen findet man bei Hämorrhoidalleiden oder Analfissuren hellrote Blutauflagerungen auf dem Stuhl (Hämatochezie) oder Blutspuren im Toilettenpapier. Doch keine Regel ohne Ausnahme: bei einer starken Blutung in oberen Abschnitten des Magen-Darm-Trakts kann das Blut dennoch hell erscheinen, wenn nicht die gesamte Menge oxidiert oder von Dickdarmbakterien zersetzt wurde. Ist die Blutmenge dagegen sehr gering, wird sie beim Toilettengang überhaupt nicht sichtbar. Dann handelt es sich um okkultes Blut im Stuhl.

Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm

Bei Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltrakts kann es nicht nur zu Blut im Stuhl, sondern auch zum Bluterbrechen kommen. Besonders schwerwiegend ist dies bei der Ruptur von Krampfadern in der Speiseröhre (s. Kasten „Notfall Ösophagusvarizen-Blutung“). Entzündete Schleimhäute können ebenfalls bluten, im Falle des oberen Gastrointestinaltrakts ist dies beispielsweise in der Speiseröhre bei chronischem Sodbrennen (Refluxösophagitis) oder bei einem Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür der Fall. Auch ein Magenkarzinom kann der Grund für das Auftreten von Blut im Stuhl sein.

 

Notfall Ösophagusvarizen-Blutung

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Für die Entstehung von Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) gibt es verschiedene Ursachen, eine davon ist die fortgeschrittene Leberzirrhose. Bei dieser Erkrankung vernarbt gesundes Lebergewebe mit der Folge, dass das Organ schlechter durchblutet wird. Es kommt zum Stau des Blutes, das normalerweise aus dem Darm über die Pfortader und die Lebervenen in die untere Hohlvene und dann weiter zum Herzen transportiert werden soll. Zum einen entwickelt sich dadurch ein Pfortaderhochdruck (portale Hypertension), zum anderen fließt ein Teil der Blutmenge über Umgehungskreisläufe in die untere Hohlvene. Einer dieser Kreisläufe verläuft von der Pfortader über Magenvenen in die unteren Speiseröhrenvenen und dann in die untere Hohlvene. Wenn die relativ dünnwandigen Ösophagusvenen durch den vermehrten Blutfluss überlastet werden, können sie sich erweitern und Krampfadern bilden, die im intakten Zustand keine Beschwerden verursachen. Wenn kleine Varizen aufreißen, kann Blut im Stuhl auftreten. Platzt jedoch eine große Ösophagusvarize, kommt es zum schwall­artigen Erbrechen von Blut, das einen lebensbedrohlichen Zustand darstellt und deshalb schnellstmöglich ärztlich behandelt werden muss.

Unterer Magen-Darm-Trakt

Sehr viele verschiedene Ursachen für Blut im Stuhl sind im Dünn- und Dickdarm lokalisiert. Zu den häufigsten zählen entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, Darmentzündungen anderer Ursache (Kolitis), Divertikel, Polypen und Karzinome. Auch Endometriose­herde im Darm können bluten. Nicht ungewöhnlich sind Nachblutungen nach Eingriffen im Magen-Darm-Trakt wie beispielsweise einer Polypektomie.

Bei Polypen handelt es sich fast immer um gutartige Schleimhautvorwölbungen des Dickdarms, die ab einer bestimmten Größe zu bluten beginnen. Auch Divertikel – Ausstülpungen der Darmwand – befinden sich meistens im Dickdarm. Zu Blutungen kommt es bei entzündeten Divertikeln (Divertikulitis). Im höheren Lebensalter können sich Blutgefäße im Darm verschließen (Mesenterialinfarkt), auch dies kann mit Blut im Stuhl verbunden sein.

Probleme in der Analregion

Bei einem Hämorrhoidalleiden können sich die feinen Adern, die das ringförmige Gewebepolster durchziehen, erweitern oder gequetscht werden und dadurch bluten. Als Begleitsymptome treten häufig Schmerzen und Juckreiz auf. Auch bei Analfissuren werden oft Blutspuren auf dem Stuhl oder im Toilettenpapier sichtbar. Typisch für diese Erkrankung sind Läsionen in der Haut, die den unteren Abschnitt des Anal­kanals auskleidet. Da sich darin viele sensible Nervenenden befinden, kommt es bei Analfissuren neben Blutungen zu brennenden und stechenden Schmerzen, die auch bis zu zwei Stunden nach der Defäkation noch anhalten können. Perianale Thrombosen – erbsen- bis pflaumengroße Knoten am After – sind schmerzhaft, aber ungefährlich. Sie können jedoch platzen, wodurch etwas Blut abgeht. Bei jüngeren Patienten sind bakteriell (auch durch sexuell übertragbare Erreger wie Chlamydien, Neisseria gonorrhoeae oder Treponema pallidum) oder viral bedingte Entzündungen des Enddarms (Proktitis) eine häufige Ursache für Blutungen. Eine Sonderform der Enddarmentzündungen, die zu Blutungen führt, ist die Strahlenproktitis. Sie kann nach der Strahlenbehandlung eines Prostatakarzinoms auftreten, aber auch infolge einer Bestrahlung von Gebärmutterhals-, Mastdarm- oder Afterkrebs. Dabei wird die Schleimhaut des Enddarms irreparabel geschädigt.

UAW gastrointestinale Blutung

Gastrointestinale Blutungen sind bei einigen Arzneimitteln eine häufige Nebenwirkung (s. Tab.). Durch eine Dauermedikation hervorgerufener Blutverlust im Gastrointestinaltrakt kann auch zu einer Eisenmangel-Anämie führen. Unbedenklich ist dagegen die Schwarzfärbung des Stuhls bei der Einnahme von medizinischer Kohle, da diese unverändert ausgeschieden wird. Auch während der Einnahme von Eisen-Präparaten ist die Schwarzfärbung des Stuhls kein Grund zur Sorge.

Tab.: Wirkstoffe, bei denen gastrointestinale Blutungen als Nebenwirkung genannt werden [Angaben zur Häufigkeit der UAW aus den Fachinformationen] sehr häufig ≥ 1/10; häufig ≥ 1/100 bis < 1/10; gelegentlich ≥ 1/1.000 bis < 1/100; selten: ≥ 1/10.000 bis < 1/1.000; sehr selten: < 1/10.000
Wirkstoff
Präparate (Beispiel)
Häufigkeit der UAW lt. Fachinformation (Auswahl)
Acetylsalicylsäure
Aspirin® N 100 mg
häufig: geringfügige Blutverluste aus dem Gastrointestinaltrakt (Mikroblutungen)
Apixaban
Eliquis®
häufig: gastrointestinale Blutung (gelegentlich bei VTE-Prophylaxe nach Knie- und Hüftgelenksersatz)
gelegentlich: Hämatochezie
Clopidogrel
Plavix®, Generika
häufig: gastrointestinale Blutungen
Dabigatran
Pradaxa®
häufig: gastrointestinale Blutung (gelegentlich bei VTE-Prophylaxe nach Knie- und Hüftgelenksersatz)
gelegentlich: bei VTE-Prophylaxe nach Knie und Hüftgelenksersatz
Dalteparin
Fragmin®
selten: Meläna
sehr selten: retroperitoneale Blutungen (teilweise mit tödlichem Ausgang)
Diclofenac
Voltaren® dolo 25 mg
sehr häufig: geringfügige Magen-Darm-Blutverluste
häufig: gastro­intestinale Ulzera (mit oder ohne Blutung oder Perforation)
selten: gastrointestinale Blutung, Hämatemesis, hämorrhagische Diarrhö, Teerstuhl
Edoxaban
Lixiana®
häufig: Blutung des oberen/unteren Gastrointestinaltrakts; Mund-/Pharynx-­Blutung
selten: retroperitoneale Blutung
Enoxaparin
Clexane®
gastrointestinale Blutung je nach Indikation häufig oder sehr häufig
Heparin
Heparin-Natrium-250000-ratiopharm®
sehr häufig: Blutungen im Gastrointestinaltrakt
selten: Teerstühle
Ibuprofen
Dismenol® N
häufig: geringfügige Magen-Darm-Blutverluste, die in Ausnahmefällen eine Anämie verursachen können
Indometacin
Indo-CT® 100 mg Supp.
gelegentlich: Gastritis, Hämatemesis, Meläna oder blutiger Durchfall
Naproxen
Naproxen-CT® 500 mg Tabletten
sehr häufig: geringe Magen-Darm-Blutverluste
gelegentlich: Hämatemesis, Meläna, blutiger Durchfall
Phenprocoumon
Falithrom®
gelegentlich: Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt, Blutungen im Bereich des Retroperitoneums
Prasugrel
Prasugrel® ratiopharm
häufig: gastrointestinale Blutung
gelegentlich: retroperitoneale Hämorrhagie, rektale Hämorrhagie, Blutstuhl
Rivaroxaban
Xarelto®
häufig: gastrointestinale Blutung (einschließlich Rektalblutung)
Ticagrelor
Brilique®
häufig: gastrointestinale Blutungen
gelegentlich: retroperitoneale Blutungen

Rot – aber kein Blut

Auch bestimmte Nahrungsmittel können zu rötlichen Stuhlveränderungen führen. Gemeinsam mit den ratsuchenden Kunden sollte deshalb beim Beratungsgespräch der Speiseplan der vorangegangenen Tage nach solchen durchforstet werden. So verfärbt sich der Stuhl nach dem Verzehr von roter Bete oder Zubereitungen daraus wegen des Inhaltsstoffes Betanin rötlich-braun. Nach dem Verzehr von Beeren wie Holunder-, Heidel- oder Brombeeren oder dem Konsum von Rotwein oder rotem Traubensaft kann der Stuhl wegen des Anthocyan-Gehalts eine dunkelrot-violette Farbe bekommen. Betanin und Anthocyane finden auch als Lebensmittel-Zusatzstoffe (E162 und E163) Verwendung. Betanin dient beispielsweise als Lebensmittelfarbstoff in Fruchtgelees, Süßigkeiten oder Marmeladen. Nach dem Verzehr von Tomaten oder roter Paprika kann es passieren, dass Stückchen der Cellulose-­reichen Schale dieser Gemüsesorten ausgeschieden werden. Der reichliche Genuss von Lakritze färbt den Stuhl schwarz.

Wann zum Arzt?

Blut im Stuhl sollte immer vom Arzt abgeklärt werden. Besondere Eile ist geboten, wenn zusätzlich Symptome wie eine deutliche Gewichtsabnahme innerhalb kurzer Zeit, anhaltende Schwäche oder chronische Müdigkeit, Schmerzen, ein Wechsel von Durchfall und Verstopfung bzw. leichtes Fieber oder Nachtschweiß auftreten, da dann eine schwerwiegendere Krankheit zugrunde liegen kann. Eine Ausnahme bilden vom Proktologen diagnostizierte Hämorrhoidal­leiden, bei denen Betroffene wissen, dass besonders bei festem, hartkantigem Stuhl gelegentlich Blutungen auftreten können, die als Auflagerung von hellrotem Blut auf den Ausscheidungen, im WC-Becken oder auf dem Toilettenpapier sichtbar sind. Dennoch sollten Menschen mit Hämorrhoidalleiden einmal im Jahr den Facharzt zur Kontrolle aufsuchen.

Vorsorge ist wichtig

In Deutschland zählt Darmkrebs (kolorektales Karzinom) mit etwa 64.000 Neuerkrankungen und ca. 26.000 Todesfällen pro Jahr zu den häufigsten malignen Tumoren. Blutauflagerungen auf dem Stuhl treten häufig erst auf, wenn die Krankheit schon fortgeschritten ist. Da die Heilungschancen umso größer sind, je früher Darmkrebs erkannt wird, kommt der Vorsorge eine große Bedeutung zu. Der Gesetzgeber hat mit dem Früh­erkennungsprogramm für Menschen ab einem Alter von 50 Jahren, wenn die Inzidenz für ein kolorek­tales Karzinom deutlich ansteigt, die Möglichkeit dafür geschaffen. Zu den Kassenleistungen zählt der Test auf unsichtbares Blut im Stuhl bei

  • Frauen von 50 bis 54 Jahren jährlich,
  • Männern von 50 bis 54 Jahren jährlich, wenn sie sich gegen eine Darmspiegelung entschieden haben,
  • Frauen und Männern ab 55 alle zwei Jahre, wenn sie sich gegen eine Darmspiegelung entschieden haben.

Seit 2017 wird in Deutschland anstelle des ungenaueren Hämoccult-Tests ein quantitativer immunologischer Stuhltest (fäkaler okkulter Bluttest, iFOBT) eingesetzt, der auch verlässlicher zwischen Blut und Farbstoffen aus Lebensmitteln unterscheiden kann.

Außerdem übernimmt die gesetzliche Kranken­versicherung eine zweimalige Darmspiegelung (Kolo­skopie) alle zehn Jahre ab 55 Jahren bei Frauen und ab 50 Jahren bei Männern. Wenn der Befund der ersten Darmspiegelung negativ ist, reicht es erst nach zehn Jahren eine erneute Darmspiegelung vorgenommen werden, zusätzliche Stuhluntersuchungen sind nicht notwendig. |

 

Literatur

Allan-Blitz LT et al. A case of asymptomatic syphilitic proctitis. Sex Transm Dis 2019;46(6):e68-e69

Darmkrebs – Früherkennung. Informationen der Deutschen Krebsgesellschaft e. V., www.krebsgesellschaft.de

Gentile M et al. Treatment and outcomes of patients with chronic radiation proctitis. A single-center experience and review of the literature. Ann Ital Chir 2020;91:668-672

Götz M et al. Gastrointestinale Blutung. S2k-Leitlinie, Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) (federführend) und andere Fachgesellschaften, AWMF-Registernr. 021/028, Stand: Mai 2017, gültig bis Mai 2022

Grosser M, Schrör S. Blut im Stuhl. www.netdoktor.de/symptome/blut-im-stuhl

Kolorektales Karzinom. S3-Leitlinie, Langversion 2.1. – Januar 2019, AWMF-Registernummer: 021/007OL

Marti L et al. Analfissur. S3-Leitlinie, AWMF-Registernr, 081-010, Coloproctology 2020;42:90–196

Müller M, Feichter M. Ösophagusvarizen. www.netdoktor.de/krankheiten/leberzirrhose/oesophagusvarizen

Patienteninformation Analvenenthrombose. Hrsg. Deutsches End- und Dickdarmzentrum Mannheim, Stand: Oktober 2010

Proktitis (Enddarmentzündung). Informationen des End- und Dickdarmzentrums Essen, https://enddarmzentrum-essen.de/index.php/erkrankungen/proktitis-enddarmentzuendung

Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32008

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin und Autorin in Berlin.

Seit 2001 schreibt sie Beiträge für Zeitschriften des Deutschen Apotheker Verlags sowie für medizinische Fachverlage.

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