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Frühe NutzenBewertung von Arzneimitteln
Barmer GEK will AMNOG weiterentwickeln
Die Barmer GEK hat zwei Vorschläge, wie das AMNOG-Verfahren für neue und versorgungsrelevante Arzneimittel ergänzt werden könnte: zum einen durch eine Schnellbewertung möglichst schon zum Markteintritt, zum anderen durch eine Kosten-Nutzenbewertung drei bis fünf Jahre nach Markteintritt.
Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) ist für Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK, ein großer Erfolg. Mittlerweile sind knapp fünf Jahre vergangen, seit es in Kraft getreten ist – und in dieser Zeit konnten Erfahrungen gesammelt werden. Da auch der Gesetzgeber das AMNOG stets als „lernendes System“ verstand, macht die Kasse nun zwei Vorschläge, wie es aus ihrer Sicht sinnvoll ergänzt werden könnte. Diese finden sich in ihrem am Mittwoch vorgestellten Arzneimittelreport 2015.
Im Visier: Arzneimittel von mehr als 80 Millionen Euro Jahresumsatz
Beide Vorschläge beziehen sich ausschließlich auf besonders versorgungsrelevante Arzneimittel. Darunter fallen für die Kasse solche Präparate, die schon im ersten Jahr nach Markteintritt einen Jahresumsatz von mehr als 80 Millionen Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen ausmachen. Von den 1815 patentgeschützten Arzneimitteln, die derzeit als Fertigarzneimittel abgerechnet werden, überschritten 34 diese Schwelle, erläuterte Straub. Sie allein kommen zusammen auf einen Umsatz von 6,64 Milliarden Euro, was etwa der Hälfte des Gesamtumsatzes mit patentgeschützten Arzneimitteln entspricht. Zu ihnen zählen etwa die Hepatitis-Mittel Sovaldi® und Harvoni®, Tecfidera® gegen Multiple Sklerose, das Krebsarzneimittel Zytiga® und Januvia® zur Diabetesbehandlung.
Schnell- und Spätbewertung
Für solche Arzneimittel sollte es künftig eine Schnellbewertung direkt bei Markteintritt und eine Kosten-Nutzen-Bewertung spätestens nach fünf Jahren geben, meinen Straub und Professor Gerd Glaeske, Co-Autor des Barmer GEK-Arzneimittelreports. Erklärtes Ziel ist es dabei, den Patientennutzen stärker als bisher zu berücksichtigen.
Zur Schnellbewertung eines neuen Arzneimittels sollen dabei nach Vorstellung der Kasse möglichst rasch valide gesundheitsökonomische Informationen gewonnen werden: Der Hersteller soll erläutern, auf welcher Grundlage er den Preis seines Arzneimittels festgesetzt hat. Das sei für den pharmazeutischen Unternehmer auch eine Chance, so Staub, er könne hier überzeugende Argumente liefern. Im Kern gehe es darum, zu klären, was der Zusatznutzen eines neuen Arzneimittels kostet, so Straub.
In der letzten Phase des AMNOG-Prozesses sollen aus Sicht der
Barmer GEK die heute bestehenden Hürden für die im Sozialgesetzbuch V
vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung aufgehoben werden. Drei bis fünf Jahre nach
ihrem Markteintritt sollte diese das Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen durchführen. Und zwar im Auftrag des
Gemeinsamen Bundesausschusses, der wiederum auf Antrag des
GKV-Spitzenverbandes tätig wird, der seinerseits die Kosten für die Bewertung
tragen soll. Die Ergebnisse der Analyse könnten Erfahrungen aus dem
Versorgungsalltag berücksichtigen und bildeten den Rahmen für neue
Preisverhandlungen zwischen Kassen und Herstellern.
Mehr Preistransparenz - nur ein frommer Weihnachtswunsch?
Für Straub, der auch angesichts der Sovaldi-Erfahrungen nicht über „Mondpreise“ der Pharmaindustrie jammern will, wären diese AMNOG-Ergänzungen der richtige Schritt zu einer besseren Balance. Es sei nicht per se unanständig, wenn ein Unternehmen in einem freien Wirtschaftssystem einen selbst festgelegten Preis verlange. Allerdings könnten die gesetzlichen Kassen nicht jeden Preis unreflektiert zahlen – man brauche Instrumente, wie der geforderte Preis unter Berücksichtigung des Patientennutzens zu bewerten sei.
Glaeske wies überdies darauf hin, dass Innovationen heute oft doppelt bezahlt würden: Denn sie stammten meist nicht mehr aus den Labors der großen Unternehmen. Vielmehr kauften diese die Moleküle oft von kleineren Betrieben – zu hohen Preisen. Novartis habe mit Lucentis® seinerzeit den Anfang gemacht – und auch Gilead hat Sovald® bekanntlich nicht selbst entwickelt. Diese hohen Kosten müssten dann über den Preis ebenso wieder hereingeholt werden, wie die Kosten für klinische Studien. Mehr Transparenz bei der Preisberechnung ist daher für Glaeske sehr wünschenswert – doch er fürchtet, es wird wohl ein unerfüllter Weihnachtswunsch bleiben.
Hier finden Sie den Barmer GEK-Arzneimittelreport 2015 als pdf zum Herunterladen.
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