Was ist drin?

Glycerin – Wissenswertes zum Inhaltsstoff vieler Basistherapeutika

Stuttgart - 06.10.2023, 11:15 Uhr

Bei Glycerin handelt es sich um eine sirupartige Flüssigkeit von süßem Geschmack. (Foto: kittisak / AdobeStock)

Bei Glycerin handelt es sich um eine sirupartige Flüssigkeit von süßem Geschmack. (Foto: kittisak / AdobeStock)


Basispflegeprodukte bei Neurodermitis werden auch als Emollienzen bezeichnet und enthalten meist „Moisturizer“ – das Wort steht im Englischen für Feuchtigkeitscremes oder Feuchthaltemittel. Denn grundsätzlich geht es bei der Basistherapie um die Versorgung trockener Haut. Deshalb sind in den meisten Basistherapeutika Feuchthaltemittel wie Harnstoff, Propylenglykol und vor allem auch Glycerin enthalten. Wissenswertes zu Glycerin und entsprechenden Formulierungen lesen Sie hier. 

Der vermeintlich triviale Inhaltsstoff Glycerin besticht mit einigen Vorteilen. Dank seiner hygroskopischen Eigenschaft ist es eines der wirksamsten Feuchthaltemittel überhaupt – ein sogenanntes „Humectant“ [1].

Als Zusatz in Kosmetika bindet Glycerin Feuchtigkeit und hält die Haut geschmeidig. Dafür sollten die Formulierungen selbst allerdings ausreichend Feuchtigkeit enthalten. Denn sonst besteht das Risiko, dass sich der Stoff an Wasserreserven tieferer Hautschichten bedient, was kontraproduktiv wäre. Üblich sind Produkte mit Konzentrationen von 5 bis 10 % Glycerin [2].

Bei Glycerin handelt es sich um eine (fast) farblose, klare, geruchlose, sirupartige Flüssigkeit von süßem Geschmack, die sich fettig anfühlt und sehr hygroskopisch ist [7]. 

Glycerin enthalten zum Beispiel die Handelsprodukte „XeraCalm A.D Rückfettende Creme“ von Avène, „Lipikar Baume AP+M Körperbalsam“ von La Roche-Posay und „AtopiControl Gesichtscreme“ von Eucerin. Das genaue prozentuale Verhältnis der Inhaltsstoffe lässt sich den Firmenseiten nicht entnehmen [3,4,5]. Allerdings äußert sich beispielsweise Eucerin zu dem „Gerücht“, dass „Glycerin die Haut eher austrocknen soll, als dass es sie mit Feuchtigkeit versorgt“ und erklärt dazu [6]:


„Auch bis zu einer Konzentration von 10% ist keine Austrocknung der Haut zu befürchten. In hochwertigen Kosmetika ist meist sogar nur ein Glycerin-Anteil von 3-5% enthalten, was sie völlig unbedenklich macht.“ 

Webauftritt von Eucerin: „Was ist Glycerin – wie wirkt der Inhaltsstoff auf die Haut?“ [6]


Der positive Effekt von glycerinhaltigen Topika ist wissenschaftlich beschrieben: In Studien wurde beispielsweise gezeigt, dass glycerinhaltige Hautpflege bei Neurodermitis Ekzemschüben vorbeugen sowie den Einsatz von topischen Glucocorticoiden verringern kann. Da Glycerin, im Gegensatz zu Harnstoff, keine Hautirritationen verursacht und auch bei sensibler Haut gut verträglich ist, empfiehlt die europäische Neurodermitis-Leitlinie glycerinhaltige Topika auch zur Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern [1].

Glycerin allein macht noch keine Basispflege

„Der Feuchtigkeitsschutz der Haut wird insbesondere durch den Einsatz von Glycerin in Fettsalben und Fettcremes erreicht“, heißt es etwa im Buch „Pharmazeutische Hilfsstoffe“ [7]. Bei der individuellen Empfehlung in der Apotheke entscheidet letztlich der momentane Hautzustand. Denn neben einem Feuchthaltemittel wie Glycerin ist zur Basistherapie einer gestörten Hautbarrierefunktion auch immer der Lipidanteil von großer Bedeutung: Beispielsweise sollten im Sommer hydrophilere Cremes und im Winter Topika mit höherem Fettgehalt angewendet werden. Die Zusammensetzung sollte aber auch daran angepasst werden, in welchem Körperareal die Zubereitung zum Einsatz kommt: Im Gesicht sollten keine allzu fettenden Cremes verwendet werden und für intertriginöse Bereiche bieten sich Pasten an. Von reinen Ölprodukten wie Kokosnuss- oder Olivenöl wird in der Basistherapie der Neurodermitis ausdrücklich abgeraten [8].

Wissenswertes zu dem ebenfalls weit verbreiteten Feuchthaltemittel Harnstoff und zu den in der Basistherapie der Neurodermitis gleichermaßen wichtigen Lipiden erfahren Sie in den folgenden Teilen der DAZ-Kosmetik-Serie „Was ist drin?“.  

Literatur 

[1] Kresken J, Wollenberg A, Hünerbein A, Staubach P. Topische Basistherapie bei Neurodermitis – Evidenzbasierte Beratung in der Apotheke. Stellungnahme der GD Gesellschaft für Dermopharmazie e. V., 26. Juni 2019, online.de/german/veranstalt/images2019/GD_Stellungnahme_Basistherapie_bei_Neurodermitis_26_6_2019.pdf

[2] Kerscher M, Williams S, Trüeb RM. Dermatokosmetik, Steinkopff Verlag 2004, 2009, zweite bearbeitete und erweiterte Auflage, ISBN 978-3-7985-1546-8

[3] Webauftritt zu „XeraCalm A.D Rückfettende Creme“ von Avène. www.eau-thermale-avene.de/p/xeracalm-a-d-rueckfettende-creme-3282770154580-0c591b54, Abruf 04.10.2023

[4] Webauftritt zu „Lipikar Baume AP+M Körperbalsam“ von La Roche-Posay. www.larocheposay.de/lipikar/lipikar-baume-ap-plus-m, Abruf 04.10.2023 

[5] Webauftritt zu „AtopiControl Gesichtscreme“ von Eucerin. www.eucerin.de/produkte/atopicontrol/gesichtscreme, Abruf 04.10.2023 

[6] Webauftritt von Eucerin. Was ist Glycerin – wie wirkt der Inhaltsstoff auf die Haut? www.eucerin.de/hautzustand/trockene-haut/glycerin-pflegewirkstoff, Abruf 04.10.2023

[7] Schmidt PC, Lang S. Pharmazeutische Hilfsstoffe – Eigenschaften, Anwendung und Handelsprodukte. 2013 Govi-Verlag, 1. Auflage.

[8] Moll D. Basispflege bei Neurodermitis – wie man sie an den Inhaltsstoffen erkennt. DAZ.online, 25.07.2023, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/07/25/basispflege-bei-neurodermitis-wie-man-sie-an-den-inhaltsstoffen-erkennt   


Tatjana Ortinau, Apothekerin
redaktion@daz.online


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.