CAR-T-Zellen gegen Autoimmunerkrankungen

Immunthrombozytopenie-Patient erfolgreich mit CAR-T-Zelltherapie behandelt

Zum ersten Mal ist ein Patient mit primärer Immunthrombozytopenie (ITP) erfolgreich mit CAR-T-Zellen behandelt worden, verkünden Wissenschaftler:innen aus Magdeburg und Dresden. Ihre Ergebnisse stellten sie in der Fachzeitschrift The Lancet vor.

Immunthrombozytopenie-Patient erfolgreich mit CAR-T-Zelltherapie behandelt

Bei weniger als 10 % der Patient:innen verläuft die Autoimmunerkrankung der Immunthrombozytopenie (ITP) trotz Behandlung refraktär und es kann zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen. Die Lebensqualität der Betroffenen bleibt stark beeinträchtigt. So auch bei einem Patienten, dessen Fall aktuell in der Fachzeitschrift The Lancet vorgestellt wurde [1]. Bei dem Mann wurde 2016, mit 35 Jahren, eine primäre Immunthrombozytopenie diagnostiziert. Infolge wurde er mit mehr als zehn verschiedenen Wirkstoffen erfolglos behandelt, weshalb man nach neuen Therapieansätzen suchte und eine Option in einer Chimäre-Antigen-Rezeptor(CAR)-T-Zelltherapie fand. „In diesem Fall standen wir mit dem Rücken zur Wand, weshalb wir uns entschieden, die Therapie im Rahmen eines individuellen Heilversuchs einzusetzen“, erklärte Dr. Karolin Trautmann-Grill, Oberärztin an der medizinischen Klinik I für Hämatologie, Dresden, die den Patienten betreute und sich mit Prof. Dr. Dimitrios Mougiakakos, Direktor der Universitätsklinik für Hämatologie, Magdeburg, zu den Therapieansätzen beriet [2].

Wann werden CAR-T-Zellen eingesetzt?

Chimäre-Antigen-Rezeptor(CAR)-T-Zelltherapien sind seit 2018 in Europa als Arzneimittel zur Behandlung bestimmter hämatologischer Krebsarten zugelassen und stehen in der Tumortherapie zur Behandlung des multiplen Myelom und bei bestimmten Formen von Leukämie oder Lymphomen zur Verfügung. Weitere Behandlungen mit CAR-T-Zellen werden derzeit in verschiedenen Studien erforscht, unter anderem auch zur Therapie von soliden Tumoren z. B. bei Brustkrebs und bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen, etwa Lupus erythematodes, Myastenia gravis, Myositis und Sklerodermie. Denn auch bei diesen Erkrankungen sind Zellen, die fehlerhaft Antikörper bilden, ursächlich für die Pathogenese und geeignete CAR-T-Zellen könnten die krankheitsverursachenden Zellen zerstören [3].

Bei einer ITP zerstören Autoantikörper die Blutplättchen

Bei der primären Immunthrombozytopenie produzieren B-Zellen Autoantikörper, die sich primär gegen Oberflächenglykoproteine ​​der Thrombozyten richten. Diese werden infolge zerstört und führen zu schwerer Thrombozytopenie (jährliche Inzidenz circa 3,3 Fälle pro 100.000 Personen). Dabei gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, u. a. Thrombopoietin-Rezeptoragonisten (z. B. Romiplostim, Eltrombopag), die die Thrombozytopoese stimulieren, also die Bildung von Thrombozyten aus undifferenzierten Stammzellen im Knochenmark. Außerdem können CD20-monoklonalen Antikörper (z. B. Rituximab) erwogen werden, die eine B-Zell-Depletion zur Folge haben sowie BTK-Inhibitoren, SYK-Inhibitoren und Glucocorticoide. Eine weitere Therapiemöglichkeit ist die operative Entfernung der Milz [1].

Erfolgreiche Behandlung mit CAR-T

Im Sommer 2024 wurde der besagte Patient schließlich mit einer autologen CD19-CAR-T-Zelltherapie behandelt. Dazu wurden ihm körpereigene T-Zellen mittels Leukapherese entnommen und mit einem chimären Antigen-Rezeptor der zweiten Generation (KYV-101) des US-Biotech-Unternehmen Kyverna Therapeutics ausgestattet. Mithilfe des chimären Antigen-Rezeptors können die T-Zellen die krankheitsverursachenden B-Zellen gezielt im Körper eliminieren.

Vor der Infusion der „umprogrammierten“ CAR-T-Zellen bekam der Patient eine Chemotherapie (sogenannte Konditionierung), um die vorhandenen Immunzellen zu eliminieren bzw. ihre Anzahl zu reduzieren. Die Rationale dahinter ist, dass die krankheitsverursachenden B-Zellen durch die „neuen“ CAR-T-Zellen eliminiert werden und sich nach der Therapie naive B-Zellen regenerieren, die keine krankheitsfördernden Autoantikörper mehr produzieren.

Infolge der Therapie stieg die Zahl der Thrombozyten des Patienten kontinuierlich an und die Werte normalisierten sich dauerhaft. Auch fünf Monate nach der Behandlung sei der Patient beschwerdefrei, benötige keine Behandlung und habe eine bessere Lebensqualität. Laut den Autoren unterstreiche der Fall, das Potenzial, CAR-T-Zelltherapien gegen Autoimmunerkrankungen einzusetzen, die durch B-Zellen verursacht werden. Der Erfolg lege den Grundstein für weitere wissenschaftliche und klinische Fortschritte. Um die CAR-T-Zelltherapie bei weiteren Patient:innen mit schwerer Immunthrombozytopenie zu untersuchen, planen die Universitätskliniken Magdeburg und Dresden nun eine weitere klinische Studie [1, 2].

Literatur

[1]          Trautmann-Grill K et al. Salvage treatment of multi-refractory primary immune thrombocytopenia with CD19 CAR T cells. Lancet 2025;405(10472):25-28, doi: 10.1016/S0140-6736(24)02504-2

[2]          Durchbruch bei der Therapie von Autoimmunerkrankungen. Pressemitteilung des Informationsdiensts Wissenschaft vom 09. Januar 2025, https://idw-online.de/de/news845504

[3]          CAR-T-Zell-Therapie: Mit zellbasierten Immuntherapien gegen Krebs und Autoimmunkrankheiten. Information des Verband forschender Arzneimittelhersteller, Stand: Oktober 2024, https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/fortschritte-krebs/car-t-eine-revolution-in-der-krebstherapie.html

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