Die Woche vom 6. bis 10. Januar 2025

Mein liebes Tagebuch

Eine Wahl, bei der man auswählen kann? Richtig, es ist die kommende Präsidiumswahl der ABDA: Drei Personen bewerben sich auf den Präsidentensessel! Wenn das kein Novum ist. Die Mitgliederversammlung kann wählen zwischen „Sie-kennen-Mich“, „Kein-weiter-So“ und „Jünger-und-alles-anders“ oder eine Mischung aus allem. Was auf die Neuen zukommt: Nur noch 17.000 Apotheken, Tendenz fallend – da braucht’s neue Ideen. Unsere lieben Freunde von der Kassenseite haben da schon welche. Und ein Apotheker versucht’s mit einer Apothekerei.

Mein liebes Tagebuch

Das Ende der „Monarchie“? Eine Wahl mit Auswahl!

Mein liebes Tagebuch, was wir da zurzeit berufspolitisch erleben, hat nicht nur ein Quentchen Unterhaltungs- und Spannungswert, sondern ist ein Stückweit auch ein Novum: So wie im Dezember ‘24 ist eine Präsidiumswahl noch nie(?) verlaufen. Bisher kennt man an der Spitze fast nur höfische Zustände: Der Präsident, die Präsidentin werden nicht vom Apothekervolk gewählt, das Sagen hat nach alter Tradition die Fürstenriege der Kammer- und Verbandsvorsitzenden, die sich schon im Vorfeld auf einen Präsidenten, eine Präsidentin einigt, eine Gegenposition gibt‘s nicht. Die Einigung auf die konsentierte Person wird dann mit einer Art Pro-Forma-Wahl abgesegnet. Doch dieses Mal kam’s anders. Die als Denkzettel geplanten Gegenstimmen für Gabriele Regina Overwiening liefen etwas aus dem Ruder, es waren zu viele, die Overwiening nicht ihr Plazet gaben. Sie erreichte nicht die Mehrheit und ein Gegenkandidat war nicht da. Oh Schreck, die ABDA in dieser Vorwahlzeit führungslos. Und Overwiening hatte erklärt, nicht nochmals kandidieren zu wollen. Respekt!

Die Beratungen für den zweiten Anlauf zur ABDA-Wahl entfesselten allerdings neue Kräfte. Da schau her, mein liebes Tagebuch, der Denkzettel-Wahlausgang führte dazu, dass es nun mittlerweile drei Personen gibt, die sich vorstellen können, an der Spitze des ABDA-Präsidiums zu stehen: Es wird eine echte Wahl geben, vielleicht eine Kampfabstimmung! Sogar mit offener Unterstützung aus dem Bereich von Kammern und Verbänden. Huch, mein liebes Tagebuch, da kann es einem fast schwindelig werden. Und das ist die Aufstellung: Overwiening tritt doch wieder an, sie hat nochmal Ja gesagt – sie will es wissen. Warum sie sich das antut, weiß nur sie: Sie habe aus der Kollegenschaft und anderen Kreisen die Bitte nach einer erneuten Kandidatur erhalten. Das motiviert sie, ihre angefangenen Aufgaben fortzusetzen. Mein liebes Tagebuch: nochmals Respekt!

Außerdem tritt an: Thomas Preis, derzeit Chef des Apothekerverbands Nordrhein. Er macht keinen Hehl daraus: Er hat Ambitionen auf den ABDA-Präsidentenstuhl. Er habe, so seine Erklärung, vernommen, dass die Kolleginnen und Kollegen kein „Weiter-So“ in Berlin wollten, es habe zu wenig Erfolge in der Standespolitik gegeben, die wirtschaftliche Situation der Apotheken habe sich nicht verbessert: „Die Hängepartie der ABDA in den vergangenen Monaten muss jetzt dringend ein Ende finden…“ Er wolle positive Perspektiven für den Berufsstand, bessere wirtschaftliche Lage, bessere Arbeitsbedingungen sowie mehr Anerkennung und Wertschätzung. Mein liebes Tagebuch, gut gesprochen, aber wer will das nicht.

Und ja, Ina Lucas, gerade erstmal zur Präsidentin der Berliner Apothekerkammer gewählt, außerdem zur Beisitzerin im Vorstand der Bundesapothekerkammer, ist zwar berufspolitisch noch relativ unerfahren und derzeit mit dem Tabula-rasa-Machen im eigenen Kammerhaus beschäftigt – sie will’s aber wissen: Da geht doch noch mehr, habe ich Chancen auf den ABDA-Präsidiumsstuhl?

Laut neuer ABDA-Satzung besteht der Vorstand aus fünf Personen: dem Präsidenten, dem Vize, und drei Beisitzern – da ist also viel Musik drin im Gerangel um die Stühle.  Mit von der Partie sind nach wie vor Mathias Arnold, bisher ABDA-Vize, und Silke Laubscher (nicht selbstständige Apothekerin) als Angestellten-Vertreterin. Was es zu berücksichtigen gilt: Es gibt die Gepflogenheit, dass sich Kammern und Verbände die Spitze teilen, will heißen: Ist der Präsident ein Kammerfürst, sollte der Vize ein Verbandsfürst sein und vice versa. Nur mal so einige Beispiele: Sollte Overwiening wieder als ABDA-Präsidentin gewählt werden, könnte Preis der Vize werden (ob er da einwilligen würde, ist eher unwahrscheinlich); die umgedrehte Version mit Preis an der Spitze und Overwiening als Vize wird wohl ein No Go für Overwiening sein. Oder der ganz neue Wind: Preis als ABDA-Präsident und Lucas als Vize-Präsidentin? Für diese Kombi gibt es übrigens bereits öffentliche Unterstützung: Der hessische Verbandschef Holger Seyfarth kann sich Preis, seinen Verbandskollegen „mit Kompetenz und parteiübergreifenden Renommee“, als ABDA-Präsidenten sehr gut vorstellen. Und die hessische Bewerberin für die Präsidentschaft der Landesapothekerkammer Hessen, Schamim Eckert, begrüßt neben Preis sehr gerne Ina Lucas als Vize. Ob die Unterstützung reicht, wird man sehen. Thomas Preis jedenfalls scheint sich schon mal warm zu laufen fürs neue Amt: Auf dem Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer Köln nutzt er die Gelegenheit, sich mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auszutauschen: Preis stellt klar: „Unabhängig davon, wer zukünftig die Gesundheitspolitik im BMG verantwortet, müssen wir die neuen Entscheider geschlossen, entschlossen und zukunftsorientiert für die öffentlichen Apotheken und unseren freien Heilberuf gewinnen“. Mein liebes Tagebuch, wunderschöne Worte, fragt sich nur, ob sich die „neuen Entscheider“ gewinnen lassen – bei Lauterbach konnte man sich da nur die Zähne ausbeißen.

Fazit: Das kleine Wahldebakel vom Dezember hatte sein Gutes – endlich gibt es bei der Wahl fürs ABDA-Präsidium wieder eine Wahl mit Kandidatinnen und Kandidaten. Die Mitgliederversammlung kann in sich gehen und sich fragen, ob’s ein „Weiter-So“ bringt, ob man sich teilweise für Neue an der Spitze entscheidet oder ob man sogar ganz Neues wagt. Am nächsten Donnerstag, 16. Januar, wissen wir’s.

Am nächsten Donnerstag kommt die ePA – wirklich?

Mit der elektronischen Gesundheitskarte (ePA) für alle soll es am 15. Januar offiziell losgehen, allerdings erstmal nur in ausgewählten Modellregionen. Nach einer Erprobungsphase soll sie dann bundesweit ausgerollt werden, wie es so nett heißt. Mein liebes Tagebuch, ob das alles so kommt, ist fraglich. Sinn und Ziel der ePa sind prinzipiell gut: Alle Gesundheitsdokumente eines Patienten, einer Patientin sind an einem Ort und bei Bedarf zugänglich – wenn die Patienten einwilligen. Was bedeutet die ePA für die Apotheke? Muss sie immer die Akte des Patienten, der Patientin aufrufen und checken? Keine Sorge, sagt der Apothekerverband, Grundlage der Arzneimittelabgabe bleibt das Beratungsgespräch. Ergibt sich im Gespräch ein Grund, mal in die Akte, in die elektronische Medikationsliste zu schauen, wäre es natürlich sinnvoll, einen Blick hineinzuwerfen. Also, alles erstmal easy, mein liebes Tagebuch, und bevor die Apotheke da reinschauen kann und darf, muss erstmal etwas in der Akte abgelegt sein und dann müsste der Patient noch zustimmen.

Zur Lage: neuer Tiefstand 17.000 Apotheken

Da wird es einem schwindelig: Ende des Jahres 2024 gab es über 500 Apotheken weniger als im Jahr zuvor, so die Meldung aus dem Berliner Apothekerhaus. Deutschland hatte Ende 2024 nur noch 17.041 Apotheken, ein neues Rekordtief. Mein liebes Tagebuch, als noch vor 20 Jahren Apothekenkritiker voraussagten, die Apothekenzahl würde in den kommenden Jahren kontinuierlich fallen – die Zahlen 17.000 und sogar 15.000 wurden genannt –, wollte man dies nicht glauben und tat es als Schwarzseherei ab. Jetzt also ist es soweit und alle Anzeichen deuten darauf hin, dass der Rückgang anhält und sich sogar noch beschleunigt. Wir brauchen Antworten auf die Fragen: Was lässt sich unsere Standesvertretung einfallen, um den Rückgang zu stoppen. Aber auch: Was kann jede einzelne Apotheke tun, um nicht schließen zu müssen? Die Antworten müssen 2025 gefunden werden…

Ob Postkartenaktionen wie in Sachsen und Thüringen etwas bringen? Die Apothekerverbände dieser beiden Bundesländer konnten mehrere Tausend „Bürger-Postkarten“ an die Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta übergeben, um der Grünen-Politikerin die prekäre wirtschaftliche Lage der Apotheken zu verdeutlichen. Immerhin, Piechotta soll sich beeindruckt gezeigt haben. Ihr Statement: „Wir Grünen setzen uns dafür ein, die Arzneimittelsicherheit zu stärken und eine faire Finanzierung der Apotheken zu gewährleisten.“ Sie sagte aber auch, dass „die wirtschaftliche Lage der einzelnen Apotheken sehr unterschiedlich ist.“ Mein liebes Tagebuch, ob Piechotta die Apotheken nun mit anderen Augen sieht? Dass Kammern und Verbände immer wieder auf die schlechte wirtschaftliche Lage der Apotheken hinweisen, ist richtig und muss sein, aber mir fehlen die neuen, frischen Angebote der Apothekerschaft, welche Leistungen wir der Gesellschaft anbieten wollen. Die Zeiten haben sich verändert…

Was man sich in Zukunft von Apotheken erwartet, darüber macht sich bereits die AOK ihre Gedanken. Der Leitgedanke: Das Gesundheitswesen soll besser, aber nicht teurer werden. Klingt ein bisschen nach Quadratur des Kreises. Die AOK sieht einen Ansatz darin, „die zeitlichen, räumlichen und organisatorischen Anforderungen an Apotheken flexibler gestalten“. Sie macht sogar Vorschläge, wie sie den Apotheken zu mehr Geld verhelfen will, wobei die Kasse die pharmazeutischen Dienstleistungen kritisch sieht. Mittlerweile befindet sich über eine halbe Milliarde Euro im pDL-Fondstopf. Mein liebes Tagebuch, anfangs dachten wir mal, das Geld würde nicht reichen. pDL – ein Flop? Sicher nicht, sie fielen in eine Zeit, in der Apotheken wirtschaftlich, personell und zeitlich unter Druck stehen. Aber es gibt Ansätze, mehr pDL zu machen, z. B. mit der pDL zum Blutdruckmessen und zur Beratung zur Inhalationstechnik. Das sollten 17.000 Apotheken abrechnen.  

So eine Apothekerei

Apotheker Michael Grintz ist immer für Überraschungen gut. Sein neuester Coup: Seine „Bienen-Apotheken“ hat er ad acta gelegt, er ist nun mit der neuen Marke „Apothekerei Dr. Grintz“ unterwegs. Ja, mein liebes Tagebuch, wir lesen richtig: Nicht Apotheke, sondern Apothekerei, also wie Bäckerei, soll der Laden jetzt heißen. Mit drei Apothekereien will er den Raum München abdecken; er spannt dafür allerlei Lieferdienste ein wie z. B. den Amazon-Marketplace, die Plattformen von Shop Apotheke und DocMorris, außerdem Lieferdienste wie Lieferando und Knuspr und nicht zuletzt mit der eigenen Versandapotheke apominga. Mein liebes Tagebuch, ob die Bevölkerung die Apothekereien goutieren? Grintz, der von sich selbst sagt, er sei schon immer „ein extremer Apotheker“ gewesen, sieht den Begriff Apothekerei sichtlich nicht abwertend, im Gegenteil: In seinen Apothekereien hat er die Frei- und Sichtwahl verbannt, es gibt nur Beratungsplätze, dem Umsatz habe es nicht geschadet.

config_id: user_is_logged_out_and_article_is_DAZ_plus

Jetzt abonnieren und weiterlesen!

Sie haben noch kein Abo?

Abonnieren und die DAZ unbegrenzt lesen.

(Bitte beachten Sie, für den Abschluss eines Abos müssen Sie zunächst eine DAViD-Registrierung abschließen - Sie werden auf die Registrierungsseite weitergeleitet, sollten Sie nicht eingeloggt sein)

oder

Sie registrieren sich bei DAViD und schalten anschließend Ihr bestehendes Abonnement für die Website frei.

config_id: user_is_logged_in_and_article_is_DAZ_plus

Jetzt abonnieren und weiterlesen!

Abonnieren und die DAZ unbegrenzt lesen.

(Bitte beachten Sie, für den Abschluss eines Abos müssen Sie zunächst eine DAViD-Registrierung abschließen - Sie werden auf die Registrierungsseite weitergeleitet, sollten Sie nicht eingeloggt sein)

config_id: user_is_logged_out_and_article_is_DAZ_reg

Jetzt einloggen und weiterlesen!

oder

Abonnieren und die DAZ unbegrenzt lesen.

(Bitte beachten Sie, für den Abschluss eines Abos müssen Sie zunächst eine DAViD-Registrierung abschließen - Sie werden auf die Registrierungsseite weitergeleitet, sollten Sie nicht eingeloggt sein)