Camzyos®

Mavacamten

Erwachsene mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) können seit August 2023 mit dem selektiven Myosin-7-Inhibitor Mavacamten (Camzyos®) behandelt werden. Das peroral verfügbare Präparat ist für Patienten mit einer Herzinsuffizienz der NYHA(New-York-Heart-Association)-Klassifizierung II bis III vorgesehen und bewirkt bei vielen Betroffenen eine Verbesserung der Symptomatik und der Leistungsfähigkeit.

Mavacamten

ATC-Code: C01EB24
Name: Mavacamten (Camzyos®)
Indikation: Behandlung der symptomatischen (New-York-Heart-Association-Klassifizierung, NYHA, Klasse II bis III) hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM)
Wirkmechanismus: Myosin-7-Inhibitor

Therapeutische Relevanz

Bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie liegt eine chronisch-progrediente Zunahme des myokardialen Zellvolumens im Bereich der linken Herzkammer vor, insbesondere im Bereich der Herzscheidewand (Septum). Während der Systole kommt es daher zu einer Reduktion des Blutflusses aus dem linken Ventrikel in die Aorta und damit zu einer Herzinsuffizienz. Die Erkrankung ist bei etwa der Hälfte der Betroffenen genetisch bedingt und beruht häufig auf Mutationen der sarkomeren Herzmuskelproteine. Aufgrund der resultierenden Druckbelastung kommt es bei den Patienten weiterhin zu einer reduzierten Dehnbarkeit des gesamten linken Ventrikels, was zu einer verringerten Füllkapazität während der Diastole führt. Obwohl eine hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten kann, wird sie meist im Alter zwischen 40 und 60 Jahren diagnostiziert. Typische erste Symptome sind Schwindel, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen und Synkopen. Im weiteren Verlauf ist das Risiko für Vorhofflimmern, ventrikuläre Arrhythmien, Schlaganfälle und plötzlichen Herztod erhöht. Die Betroffenen werden zunächst angewiesen, körperliche Belastungen zu vermeiden, und dabei unterstützend mit Calcium-Antagonisten vom Verapamil-Typ, β-Adrenozeptorblockern oder Disopyramid behandelt. Als Methode der Wahl gilt derzeit die transkoronare Ablation der Septumhypertrophie. Hierbei wird die Koronararterie, die den hypertrophierten Septumbereich versorgt, mit 100%igem Ethanol verödet und damit ein künstlicher Infarkt gesetzt. Die Hypertrophie geht nun an dieser Stelle zunächst zurück, durch die im Anschluss stattfindende Bildung von Anastomosen ist die Effektivität dieser Maßnahme jedoch zeitlich begrenzt. Zudem besteht die Gefahr eines AV-Blocks, falls versehentlich ein AV-Knoten infarziert wird. Somit fehlt weiterhin eine sichere und dauerhaft wirksame Therapiemethode für Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie. Aufgrund seiner völlig innovativen, unmittelbar in die Pathogenese der Erkrankung eingreifenden Wirkweise wird der neue Wirkstoff Mavacamten als First-in-Class-Therapeutikum bezeichnet. In den zulassungsrelevanten Phase-III-Studien verbesserte der peroral verfügbare und gut verträgliche Wirkstoff die Belastungskapazität und senkte den Bedarf für eine Septum-Reduktionstherapie. Ein gewisses Problem liegt in der Tatsache begründet, dass Mavacamten maßgeblich durch CYP2C19 biotransformiert wird. Das zugehörige Gen weist Polymorphismen auf, die Einfluss auf die CYP2C19-Enzymaktivität besitzen. Um Wirkverluste, schwere Toxizität oder gefährliche Interaktionen zu vermeiden, müssen das Behandlungsregime von Mavacamten und die zugehörigen Begleittherapien daher stets auf den individuellen CYP2C19-Phänotypus des Patienten abgestimmt werden. Für eine endgültige Beurteilung des klinischen Nutzens von Mavacamten bleiben längerfristige Untersuchungen abzuwarten. Unter anderem wäre zu klären, wie lange die beobachteten Effekte anhalten und mit welchen Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Lebenserwartung zu rechnen ist.

Steckbrief

Stoffklasse: Herztherapie, andere Herzmittel
Zulassungsinhaber: Bristol-Myers Squibb Pharma EEIG, Plaza 254, Blanchardstown Corporate Park 2, Dublin 15, D15 T867, Irland
Hersteller/Endfreigabe: Swords Laboratories Unlimited Company T/A Bristol-Myers Squibb Pharmaceutical Operations, External Manufacturing, Plaza 254, Blanchardstown Corporate Park 2, Dublin 15, D15 T867, Irland
Kontaktadresse in Deutschland: Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, Arnulfstraße 29, 80636 München 
Darreichungsformen: Hartkapseln
Packungsgrößen, Preis und PZN: 14 Hartkapseln à 2,5 mg, 1084,54 Euro, 
PZN 18030326; 28 Hartkapseln à 2,5 mg, 2138,58 Euro, PZN 18030332; 14 Hartkapseln à 5 mg, 1084,54 Euro, PZN 18030355; 
28 Hartkapseln à 5 mg, 2138,58 Euro, 
PZN 18030361; 14 Hartkapseln à 10 mg, 1084,54 Euro, PZN 18030384; 28 Hartkapseln à 10 mg, 2138,58 Euro, PZN 18030390; 
14 Hartkapseln à 15 mg, 1084,54 Euro, 
PZN 18030415; 28 Hartkapseln à 15 mg, 2138,58 Euro, PZN 18030421
Zusammensetzung: 2,5 mg, 5 mg, 10 mg bzw. 15 mg Mavacamten
Sonstige Bestandteile: Siliciumdioxid-Hydrat, Mannitol (Ph. Eur.) (E 421), Hypromellose (E 464), Croscarmellose-Natrium (E 468), Magnesiumstearat (Ph. Eur.), Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(II,III)-oxid (E 172), Schellack (E 904), Propylenglycol (E 1520), Konzentrierte Ammoniak-Lösung (E 527), Kaliumhydroxid (E 525), Eisen(III)-oxid (E 172, 2,5-mg- und 10-mg-Hartkapseln), Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2O (E 172, nur 5-mg-Hartkapseln)
Zulassungsnummer: EU/1/23/1716/001 – 008
Datum der Markteinführung: 1. August 2023
Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise: keine besonderen Anforderungen
Dauer der Haltbarkeit: drei Jahre
Verschreibungsstatus: verschreibungspflichtig

Chemische Struktur

Strukturformel Mavacamten

Indikationen

Behandlung der symptomatischen (New-York-Heart-Association-Klassifizierung, NYHA, Klasse II bis III) hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM)
 

Wirkungen und Wirkungsmechanismus

Die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie ist mit einer Zunahme des myokardialen Zellvolumens im Bereich der Herzscheidewand im linken Ventrikel assoziiert. Während der Systole kommt es zu einer Reduktion des Blutflusses in die Aorta und damit zu einer Herzinsuffizienz. Aufgrund der zudem reduzierten Dehnbarkeit des gesamten linken Ventrikels ist die Füllkapazität während der Diastole verringert. Ursächlich für die Erkrankung ist eine übermäßige Ausbildung von kraftentwickelnden Myosin-Aktin-Querbrücken am Herzmuskel, die zu einer Hyperkontraktilität führt. Der neue Wirkstoff Mavacamten ist ein allosterischer, reversibler und selektiver Inhibitor von Myosin 7, das überwiegend am Herzen exprimiert wird. Die Substanz bewirkt, dass die gesamte Myosin-7-Population in Richtung eines energiesparenden, rekrutierbaren, entspannten Zustands verschoben wird. Als Folge wird die Bildung von Aktin-Myosin-Querbrücken im Herzen vermindert, die Obstruktion in der linken Herzkammer reduziert und der Füllungsdruck des Herzens während der Diastole gesteigert. Bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie kann das kausal wirkende Mavacamten mittelfristig eine Verbesserung der Symptomatik und der funktionellen Leistungsfähigkeit herbeiführen.
 

Abb. 1: Die kleinste kontraktile Einheit in einer Skelettmuskelfaser ist das Sarkomer, das aus dünnen Aktin- und dicken Myosin-Filamenten besteht. Im Rahmen der (Herz-)Muskelkontraktion interagieren Myosin- mit den Aktinfilamenten und bilden Querbrücken aus (links). Bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) findet dieser Vorgang am Herzmuskel verstärkt statt, was zu einer Hyperkontraktilität während der Systole mit beeinträchtigter Relaxation in der Diastole führt (Mitte). Als selektiver Inhibitor von kardialem Myosin vermindert Mavacamten am Herzen die Bildung der Aktin-Myosin-Querbrücken. Als Folge wird bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie die Hyperkontraktilität in der linken Herzkammer reduziert und der Füllungsdruck des Herzens aufgrund einer verbesserten Relaxation während der Diastole gesteigert (rechts).
 

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Bei Patienten vom Phänotyp „langsamer CYP2C19-Metabolisierer“ wird Mavacamten initial in einer Dosis von einmal täglich 2,5 mg appliziert. Bei nicht ausreichendem klinischem Ansprechen kann die Dosis bei diesen Personen auf maximal 5 mg pro Tag gesteigert werden. Die perorale Einnahme erfolgt unabhängig von den Mahlzeiten, sie sollte aber jeweils etwa zur gleichen Tageszeit stattfinden. Die CYP2C19-Metabolisierer-Phänotypen „intermediär“, „normal“, „schnell“ und „ultraschnell“ erhalten zunächst einmal täglich 5 mg als Anfangsdosis. Bei diesem Personenkreis ist bei Bedarf eine Steigerung auf bis zu einmal täglich 15 mg möglich. In der Erhaltungsphase sollten alle zwölf Wochen Kontrolluntersuchungen stattfinden. Falls die linksventrikuläre Auswurffraktion unter 50% fällt, ist die Behandlung für mindestens vier Wochen oder so lange zu unterbrechen, bis der Wert von 50% wieder überschritten wird. Wenn nach vier bis sechs Monaten kein Ansprechen auf die Mavacamten-Therapie zu verzeichnen ist, sollte ein Abbruch erwogen werden. Bei gleichzeitiger Behandlung mit CYP2C19- oder CYP3A4-Inhibitoren oder -Induktoren können je nach Konstellation und individuellem Enzymmuster Dosisanpassungen erforderlich sein (s. Fachinformation [3]).

Erwachsene: einmal täglich 2,5 bis 15 mg Mavacamten
Kinder und Jugendliche: Sicherheit und Wirksamkeit von Mavacamten sind bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht erwiesen. Bei Kindern unter zwölf Jahren sollte es nicht angewendet werden, da Bedenken hinsichtlich der Sicherheit bestehen.
Ältere Patienten: Für Patienten ab einem Alter von 65 Jahren ist keine Dosisanpassung zusätzlich zu Standarddosis und Titrationsplan erforderlich.
Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz: Bei leichter bis mäßiger Leberinsuffizienz sollte die Initialdosis einmal täglich 2,5 mg Mavacamten betragen. Für Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung ist aktuell keine Dosisempfehlung möglich, da der Wirkstoff bei diesen Personen noch nicht untersucht wurde.

Bei Patienten mit leichter bis mäßiger Nierenfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung notwendig. Für Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz ist derzeit keine Dosisempfehlung möglich, da der Wirkstoff bei diesen Personen bisher nicht untersucht wurde.

DDD: noch nicht bekannt

Gegenanzeigen, Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Mavacamten, während der Schwangerschaft und bei gebärfähigen Frauen, die keine zuverlässige Empfängnisverhütung anwenden, besteht eine Kontraindikation, ebenso für die gleichzeitige Behandlung mit einem kombinierten starken CYP2C19- und starken CYP3A4-Inhibitor (z.B. Itraconazol). Bei Patienten mit CYP2C19-Metabolisierer-Phänotyp „langsam“ oder nicht bestimmtem Phänotyp ist zudem die gleichzeitige Behandlung mit starken CYP3A4-Inhibitoren wie Clarithromycin kontraindiziert. Auch wenn die linksventrikuläre Ejektionsfraktion der Patienten zu Therapiebeginn unter 55% liegt, darf die Behandlung mit Mavacamten nicht eingeleitet werden.
 

Nebenwirkungen

Während der Anwendung von Mavacamten kommt es sehr häufig zu Schwindel und Dyspnoe. Häufig wird über Synkopen und systolische Dysfunktionen berichtet.
 

Wechselwirkungen

Wenn bei einem mit Mavacamten behandelten Patienten eine Therapie mit negativ inotrop wirkenden Substanzen wie β-Adrenozeptorblockern, Calciumkanal-Blockern oder bestimmten Antiarrhythmika eingeleitet oder deren Dosis erhöht wird, ist eine engmaschige Überwachung der linksventrikulären Auswurfleistung erforderlich. In Abhängigkeit vom CYP2C19-Phänotyp können CYP2C19-Inhibitoren (z.B. Ticlopidin, Fluconazol oder Fluvoxamin) sowie CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Clarithromycin, Itraconazol oder Ritonavir) die Clearance von Mavacamten mehr oder weniger stark beeinträchtigen. Das entsprechende Risiko ist individuell abzuwägen (s. Fachinformation [3]). Eine Dosisanpassung von Mavacamten und/oder eine engmaschige Überwachung der Wirkung und Toxizität können erforderlich sein. Insbesondere bei noch nicht stattgehabter Bestimmung des Phänotyps ist Vorsicht geboten. Wegen der Gefahr von verstärkten (Neben-)Wirkungen ist die gleichzeitige Anwendung von kombinierten starken CYP2C19- und CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Azol-Antimykotika) unabhängig von CYP2C19-Phänotyp kontraindiziert, ebenso die kombinierte Behandlung mit starken CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol oder Clarithromycin bei Patienten mit CYP2C19-Metabolisierer-Phänotyp „langsam“ oder nicht bestimmtem Phänotyp. Der Beginn der Anwendung oder eine Erhöhung der Dosis eines starken oder mittelstarken CYP3A4-Inhibitors oder eines CYP2C19-Inhibitors jeder Stärke kann das Risiko für eine Herzinsuffizienz aufgrund einer systolischen Dysfunktion durch Mavacamten erhöhen. Ebenso muss bei Beendigung der Anwendung oder einer Reduktion der Dosis eines CYP3A4- oder CYP2C19-Inhibitors jeder Stärke mit einem Wirkverlust von Mavacamten gerechnet werden. Bei gleichzeitig mit Mavacamten eingesetzten CYP2C19- und/oder CYP3A4-Induktoren kann es aufgrund der resultierenden beschleunigten Biotransformation zu einer eingeschränkten Wirkung des Myosin-Inhibitors kommen. Die kombinierte Anwendung von Substanzen wie Carbamazepin, Rifampicin oder Johanniskraut wird daher nicht empfohlen. Auch beim Absetzen einer solchen Kombinationstherapie ist Vorsicht geboten, da das Risiko für eine Herzinsuffizienz aufgrund einer systolischen Dysfunktion in dieser Phase möglicherweise steigt. Mavacamten ist in vitro ein schwacher Induktor von CYP3A4. Offenbar ist dies jedoch nicht mit einem klinisch relevanten Interaktionspotenzial assoziiert.
 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Patienten mit dem CYP2C19-Phänotyp „langsamer Metabolisierer“ ist im Vergleich zu „normalen Metabolisierern“ mit einer bis zu dreifach erhöhten Bioverfügbarkeit von Mavacamten zu rechnen, was wiederum verstärkt zu einer systolischen Dysfunktion führen kann. Nach Möglichkeit sind die Patienten daher bereits vor Therapiebeginn bezüglich des CYP2C19-Phänotyps zu genotypisieren, um die richtige Mavacamten-Dosis bestimmen zu können und potenzielle Interaktionen zu vermeiden. Falls eine entsprechende Abklärung nicht sofort möglich ist, sollten die Patienten zur Sicherheit zunächst wie „langsame Metabolisierer“ behandelt werden. Mavacamten kann eine systolische Dysfunktion mit einer linksventrikulären Auswurffraktion von weniger als 50% auslösen. Besonders gefährdet für diese Form der Herzinsuffizienz sind Patienten mit zwischenzeitlich auftretenden schwerwiegenden Erkrankungen wie Infektionen oder Arrhythmien sowie Personen, die sich einer größeren Herzoperation unterziehen müssen. Auf neue oder sich verschlechternde Symptome wie Dyspnoe, Schmerzen in der Brust, Fatigue, Palpitationen, Beinödeme oder einen Anstieg des N-terminalen pro-B-Typ natriuretischen Peptids (NT-proBNP) ist daher zu achten.
 

Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft: Mavacamten ist während der Schwangerschaft und bei gebärfähigen Frauen, die keine zuverlässige Empfängnisverhütung anwenden, kontraindiziert. Tierexperimentelle Studien haben Reproduktionstoxizität gezeigt, zudem besteht der Verdacht auf embryofetale Toxizität. Vor Therapiebeginn sollte bei gebärfähigen Frauen ein negativer Schwangerschaftstest vorliegen. Während und bis zu sechs Monate nach Beendigung der Mavacamten-Behandlung ist eine effektive Kontrazeptionsmethode angeraten. Falls eine Patientin im Verlauf der Myosin-Inhibitor-Therapie schwanger wird, muss die Medikation umgehend abgesetzt werden. 
Stillzeit: Es ist nicht bekannt, ob Mavacamten oder seine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Die Anwendung während der Stillzeit sollte daher zur Sicherheit unterbleiben.
Fertilität: Tierexperimentelle Studien in Bezug auf die männliche oder weibliche Fertilität liegen nur in unzureichendem Ausmaß vor. Klinische Daten sind nicht verfügbar.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach peroraler Einnahme wird Mavacamten rasch aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Innerhalb von etwa einer Stunde treten maximale Plasmaspiegel auf. Bei Applikation zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit ist dieser Wert auf etwa vier Stunden erhöht. Die Bioverfügbarkeit liegt bei 85%. Allerdings werden bei langsamen CYP2C19-Metabolisierern doppelt bis dreifach höhere AUC-Werte als bei Patienten mit normalem Enzymmuster berichtet.
Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung von Mavacamten liegt bei 97 bis 98%, das Verteilungsvolumen wird mit 1,6 bis 3 l/kg Körpergewicht angegeben.
Metabolismus: Mavacamten wird durch CYP2C19, CYP3A4 und CYP2C9 biotransformiert, wobei bei intermediären, normalen, schnellen und ultraschnellen CYP2C19-Metabolisierern der CYP2C19-Weg dominiert, während es bei langsamen Phänotypen überwiegend zu einer Biotransformation durch CYP3A4 kommt. Bislang wurden im Plasma drei Metaboliten nachgewiesen, die jedoch keinen relevanten Einfluss auf die Gesamtaktivität von Mavacamten ausüben.
Exkretion: Bei normalen CYP2C19-Metabolisierern erscheinen 85% einer Mavacamten-Dosis im Urin und 7% in den Fäzes, überwiegend in Form von Metaboliten. Hier liegt die terminale Eliminationshalbwertszeit bei sechs bis neun Tagen, bei langsamen CYP2C19-Metabolisierern ist dieser Wert auf 23 Tage erhöht.

Zulassungsrelevante Studien

Die Zulassung von Mavacamten beruht auf den beiden randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studien EXPLORER-HCM [2, 3] und VALOR-HCM [3] mit Erwachsenen, die unter einer symptomatischen HOCM-Erkrankung litten.

Die 251 Teilnehmer von EXPLORER-HCM waren den NYHA-Klassen II oder III zuzuordnen. Sie wiesen zu Studienbeginn eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion von mindestens 55% und einen Gradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt von mindestens 50 mmHg auf. Als primärer kombinierter Endpunkt wurde der Anteil an Patienten festgelegt, bei denen entweder eine Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme (pVO2) um mindestens 1,5 ml/kg× min mit einer Verbesserung um mindestens eine NYHA-Klasse oder ein Anstieg des pVO2-Werts um mindestens 3,0 ml/kg× min ohne Verschlechterung der NYHA-Klasse ermittelt wurde. In Woche 30 erreichten 37% der Teilnehmer aus der Verum-Gruppe diesen Endpunkt, im Vergleich zu 17% in der Placebo-Gruppe (p = 0,0005). Auch bezüglich der sekundären Endpunkte wie dem Gradienten des linksventrikulären Auswurfstrakts nach Belastung und der Sauerstoffaufnahmekapazität während der Belastung zeigte sich eine hochsignifikante Überlegenheit von Mavacamten. Im Verum-Arm trat bei 65% der Patienten eine Verbesserung um mindestens eine NYHA-Klasse auf. Der entsprechende Wert unter Placebo lag bei 31% (p < 0,0001).

Die 112 Patienten der VALOR-HCM-Studie litten tendenziell unter einer schwereren HOCM-Form mit einer Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen III bis IV oder der Klasse II mit Belastungssynkope oder Beinahe-Synkope. Die Teilnehmer erfüllten somit die Leitlinienkriterien für eine Septum-Reduktionstherapie und waren für einen invasiven Eingriff überwiesen worden. Der primäre Endpunkt setzte sich aus der Anzahl der Patienten zusammen, die sich bis einschließlich Woche 16 für eine Septum-Reduktionstherapie entschieden hatten, sowie der Anzahl der Patienten, die in Woche 16 in der Mavacamten-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe weiterhin für eine Septum-Reduktionstherapie infrage kamen. In der Verum-Gruppe erreichten etwa 18% der Patienten den Endpunkt, in der Placebo-Gruppe war dies bei 77% der Teilnehmer der Fall, entsprechend einer hochsignifikanten Überlegenheit der Mavacamten-Therapie (p < 0,0001). Die Werte für die Verbesserung der NYHA-Klasse um mindestens einen Punkt lagen bei 63 vs. 21% zugunsten der Mavacamten-Gruppe (p < 0,0001). Hinsichtlich der sekundären Endpunkte wie des Gradienten des linksventrikulären Auswurfstrakts nach Belastung und des kardialen Troponin-I-Werts zeigte sich ebenfalls ein signifikanter Vorteil für die Behandlung mit Mavacamten.

In beiden Studien kam es bei 5% der Teilnehmer aus dem Verum-Arm zu einer reversiblen Verringerung der linksventrikulären Ejektionsfraktion unter einen Wert von 50% (Mittelwert 45%). Etwa 12% der mit Mavacamten Behandelten berichteten über Dyspnoe, im Vergleich zu 9% der Teilnehmer aus dem Placebo-Arm. 
 

Wirtschaftliche Aspekte

Aufgrund einer fehlenden Alternative erscheint der Preis der Medikation angemessen.
 

Literatur

[1] Fachinformation zu Camzyos®, Stand Juni 2023

[2] Olivotto I, Oreziak A, Barriales-Villa R, Abraham TP et al. Mavacamten for treatment of symptomatic obstructive hypertrophic cardiomyopathy (EXPLORER-HCM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2020;396(10253):759-769

[3] Keam SJ. Mavacamten: First Approval. Drugs 2022;82:1127–1135

[4] EPAR summary for the public. Camzyos® Mavacamten. EMA/227237/2023; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu

config_id: user_is_logged_out_and_article_is_DAZ_plus

Jetzt abonnieren und weiterlesen!

Sie haben noch kein Abo?

Abonnieren und die DAZ unbegrenzt lesen.

(Bitte beachten Sie, für den Abschluss eines Abos müssen Sie zunächst eine DAViD-Registrierung abschließen - Sie werden auf die Registrierungsseite weitergeleitet, sollten Sie nicht eingeloggt sein)

oder

Sie registrieren sich bei DAViD und schalten anschließend Ihr bestehendes Abonnement für die Website frei.

config_id: user_is_logged_in_and_article_is_DAZ_plus

Jetzt abonnieren und weiterlesen!

Abonnieren und die DAZ unbegrenzt lesen.

(Bitte beachten Sie, für den Abschluss eines Abos müssen Sie zunächst eine DAViD-Registrierung abschließen - Sie werden auf die Registrierungsseite weitergeleitet, sollten Sie nicht eingeloggt sein)

config_id: user_is_logged_out_and_article_is_DAZ_reg

Jetzt einloggen und weiterlesen!

oder

Abonnieren und die DAZ unbegrenzt lesen.

(Bitte beachten Sie, für den Abschluss eines Abos müssen Sie zunächst eine DAViD-Registrierung abschließen - Sie werden auf die Registrierungsseite weitergeleitet, sollten Sie nicht eingeloggt sein)