Retax ohne rechtliche Grundlage

Problem der herstellerneutralen „Import/Export-Verordnungen“

DAP | Ein seit zwei Jahren weitgehend ungeklärtes Problem im Zusammenhang mit der Importquote ist die korrekte Versorgung der seit Juli 2012 durch die neue ärztliche Arzneiverordnungssoftware (AVS) ausgestellten „Import/Reimport“-Verordnungen.

Retax ohne rechtliche Grundlage

Arztsoftware-Systeme sollen Verordnungen seit Juli 2012 gemäß der Ärztlichen Arzneiverordnungssoftware (AVS) nur noch mit dem neutralen Hinweis „Import/Reimport“ bedrucken. Eine genaue Spezifizierung des Importeurs fehlt. Für diese sogenannten „herstellerneutralen Importverordnungen“ wurden jedoch bisher nur wenige regionale Vertragsvereinbarungen getroffen, dennoch retaxieren einige Rezeptprüfstellen trotz mangelnder Rechtssicherheit. Ein Beispiel soll hier Rückendeckung geben.

Der Retaxfall

Folgende herstellerneutrale Import-Verordnung lag der Apotheke vor:

„Sifrol 1,05 mg RET 100St. N3, Import/Reimport“.

Abgegeben wurde „Mirapexin 1,05 mg RET 100 St. N3 B2BM (Import)“. Die Retax-Recherche ergab, dass das abgegebene Importpräparat in der Preisvergleichsliste der rabattbereinigten Präparate an 3. Stelle lag (s. Abb.).

Abb.: Preisvergleich in der Lauer-Taxe zum Abgabetag 12.08.2013. (i = 15/15-Import)

Retaxiert wurde jedoch auf das zweitgünstigste Importpräparat „Sifrol 1,05 mg RET 100 St. N3 Beragena (Import)“.

Die Krankenkasse beanstandete eine „unwirtschaftliche Auswahl bei der Verordnung von Importarzneimitteln“ und reklamierte zusätzlich den fehlenden Rücksprachevermerk mit dem Arzt gem. § 3 Abs. 21 AV-Bayern.

Gesetzliche Grundlage

1) Die Beanstandung des angeblich fehlenden Rücksprachevermerks gem. § 3 (21) ALV Bayern war unbegründet, da eine Rücksprache nur erforderlich gewesen wäre, wenn die Apotheke keines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abgegeben hätte. Abgegeben wurde jedoch das Drittgünstigste!

2) § 3 (21) ALV Bayern war lediglich für ausdrücklich verordnete Importprodukte vereinbart und bei einer „herstellerneutralen Importverordnung“ liegt eben keine ausdrückliche Verordnung eines Importarzneimittels vor, da kein Importeur namentlich genannt wird.

3) Da vom Arzt kein bestimmter Hersteller oder Importeur vorgegeben wurde, gibt es auch keinen „Preisanker“, der bei der Abgabe beachtet werden kann.

4) Bei einer Verordnung mit dem nicht näher definierten Zusatz „Import/ Reimport“, wäre allenfalls die Abgabe eines Importes zu verlangen, welcher die Bedingungen gemäß § 5 (2) Rahmenvertrag erfüllt, da nur diese laut Rahmenvertrag als „Importierte Arzneimittel“ anzusehen sind: Auch diese Bedingung hat die Apotheke erfüllt; die genannten Importe erfüllen den geforderten Preisabstand (siehe Abbildung: i = 15/15-Import).

5) eine weitergehende vertragliche Konkretisierung des allgemeinen Rahmenrechts „Wirtschaftlichkeitsgebot“ (§ 12 SGB V) war somit nicht festgelegt. Ihre Verpflichtung zur wirtschaftlichen Abgabe bei Importverordnungen hat die Apotheke durch Einhaltung der vertraglich vereinbarten „Importquote“ außerdem ohnehin bereits erfüllt!

Ergänzung

Die Retaxation war aus den genannten Gründen bereits zum damaligen Abgabezeitpunkt nicht zu rechtfertigen.

Seit 1. November 2014 wäre sie sogar ausdrücklich vertragswidrig, denn die Abgabe bei „herstellerneutralen“ Import/Originalverordnungen wurde für die bayerischen Regionalkassen nun im § 3 (21)b eindeutig geregelt. 

Apothekerin Nina Strathmann, DAP-Team

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP-Retaxforum

DeutschesApothekenPortal

Bei der Rezeptbelieferung sind unzählige Vorschriften zu beachten, sonst droht eine Retaxation. Das DeutscheApothekenPortal (DAP) bietet rund um Arzneimittelabgabe und Retaxprobleme Rat und Hilfe an: www.deutschesapothekenportal.de

Sind Sie von einer Retaxation betroffen oder haben Sie Fragen zur Rezeptbelieferung? Schicken Sie Ihren Fall an abgabeprobleme@deutschesapothekenportal.de

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