Immer die niedrigste Stärke?
Verordnet war zulasten der Barmer GEK:
Xeomin® Pulv 3 St.
Die ärztliche Verordnung „Xeomin®“ ohne Angabe einer Stärke bezeichnet laut ABDATA-Datenbank immer die Präparate mit 100 IE Clostridium-botulinum-Toxin. Die schwächeren Präparate mit 50 IE sind in der ABDATA Datenbank mit „Xeomin® 50“ bezeichnet. Daher werden in der Apotheken-EDV, ausgehend von der Artikelbezeichnung „Xeomin®“ des Erstanbieters Merz, zu Recht auch nur Präparate mit 100 IE angezeigt (s. Abb.).
Deshalb war für die Apotheke die Verordnung eindeutig mit Xeomin® zu beliefern, denn auch eine Verordnung über Lanitop® würde man nicht mit der schwächeren Dosierung von „Lanitop mite®“ beliefern.
Vereinbarung aus Sicherheitsgründen
Die aus Sicherheitsgründen in den meisten Arzneimittelversorgungsverträgen getroffene Vereinbarung, dass bei unklaren Verordnungen die schwächere Wirkstärke abzugeben ist, wenn der Arzt für eine Klärung nicht erreichbar ist, trifft hier aufgrund der eindeutigen Kennzeichnung in den offiziellen Arzneimittel-Datenbanken nicht zu.
Dennoch retaxierte die Rezeptprüfstelle die vorliegende Verordnung mit der Begründung:
„Es liegt keine Übereinstimmung der abgegebenen Arzneimittel mit der Verordnung vor (§17 ApoBetrO)“.
Sie erstattete lediglich die schwächere Dosierung und belastete die Apotheke mit 438 Euro.
§17 der Apothekenbetriebsordnung besagt:
§ 17 (5) Die abgegebenen Arzneimittel müssen den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Arzneimittelversorgung entsprechen. Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. [...].
Eine Unklarheit oder ein Irrtum lag aber hier aus Sicht der Apotheke nicht vor.
Selbst bei BtM entbehrlich
Da der Gesetzgeber selbst bei Betäubungsmitteln die zusätzliche Angabe der „Gewichtsmenge je abgeteilter Form“ für entbehrlich hält, wenn dies durch die Arzneimittelbezeichnung eindeutig bestimmt ist § 9 (1) 3, sollte dies auch für die Rezeptprüfstellen ausreichen:
§ 9 Angaben auf dem Betäubungsmittelrezept
(1) Auf dem Betäubungsmittelrezept sind anzugeben: [..]
3. Arzneimittelbezeichnung, soweit dadurch eine der nachstehenden Angaben nicht eindeutig bestimmt ist, jeweils zusätzlich Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form, Darreichungsform, [...]
Da aus früheren Retaxationen bekannt ist, dass die Prüfstelle Verordnungen ohne Herstellerangabe nur dann als Originalverordnung des Erstanbieters betrachtet, wenn dies wirtschaftlich günstiger ist, hat die Apotheke eines der beiden günstigsten Importprodukte abgegeben.
Die Abgabe war auch im Sinne der Rabattverträge korrekt, da zum Abgabezeitpunkt kein vorrangig abzugebendes Rabattarzneimittel existierte.
Einspruch zu Recht
Die Apotheke hat daher zu Recht Einspruch gegen die Retaxation eingelegt. Zudem hat der verordnende Arzt in Rücksprache bestätigt, dass er selbstverständlich entsprechend der Datenbankeinträge die Stärke mit 100 IE gemeint hat und die schwächere Variante bei Bedarf mit deren offizieller Bezeichnung „Xeomin® 50“ rezeptieren würde. |
Heike Warmers, Apothekerin
Dieter Drinhaus, Apotheker
DeutschesApothekenPortal
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