Spezielle Kriterien bei der Austauschbarkeit von Biologicals
Sie unterliegen der Austauschpflicht, wenn
- sie mit Bezug auf das Referenz-Biological zugelassen wurden,
- sie sich in den Ausgangsstoffen und im Herstellungsprozess nicht unterscheiden,
- sie in der Anlage 1 des Rahmenvertrags namentlich aufgeführt sind.
Abbildung 1 zeigt die Biologicals, die der bei der nachfolgenden Rezeptabgabe gültige alte Rahmenvertrag in § 4 Abs. 1a und der Anlage 1 eindeutig vorgab.
Um beurteilen zu können, ob ein Austausch gemäß dieser Liste zulässig ist, ist jedoch eine eindeutige Verordnung mit Firmenangabe oder PZN erforderlich. Eine reine Wirkstoffverordnung ist meist weder eindeutig noch hilfreich. Daher werden nicht eindeutig bestimmte Verordnungen, die nicht zweifelsfrei der Arzneimitteltaxe zugeordnet werden können, häufig retaxiert. Dies traf ein Apothekenmitglied der DAP-Gemeinschaft in gleich zwei Retaxfällen, von denen wir hier nur einen exemplarisch beschreiben. Abbildung 2 zeigt das Rezept mit folgender Verordnung:
- Krankenkasse: AOK Bayern (IK 108310400)
- verordnet: Adalimumab 40 mg 6 Fertigspritzen
- Abgabedatum: 18.12.18
- Abgabe: Amgevita 40 mg/0,8 ml Inj.-Lsg. in einem Fertigpen, 6 St. N3, Amgen (PZN 14270223)
Da es sich hier um eine Wirkstoffverordnung handelte, die keine Prüfung auf die Anlage 1 erlaubte, wurde die Versorgung der betroffenen Apotheke nicht erstattet (siehe Tabelle 1). Es erfolgte ein Abzug der AOK Bayern wegen unklarer Verordnung über 3420,27 Euro inklusive Rabatt und Zuzahlung, die die Apotheke bereits bezahlt hatte. Bei zwei retaxierten Verordnungen muss die Apotheke somit für diese unklare ärztliche Verordnung insgesamt 6840,54 Euro bezahlen!
Korrekturen
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EUR
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Rezeptbetrag
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- 3420,27
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Zuzahlung
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10,00
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Rabatt
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193,83
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Eigenanteil
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0,00
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Ab-/Zusetzung (netto)
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- 3216,44
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Begründung der AOK Bayern: „Erläuterung zum Korrekturgrund 256: Unklare Verordnung aufgrund der Nicht-Austauschbarkeit bei Adalimumab-Biosimilars.“
Nun mag die AOK hier formal durchaus im Recht sein, aber in der Apotheke hat man sich bei der Abgabe durchaus Gedanken gemacht und auch mit der Arztpraxis Kontakt aufgenommen. Man ging davon aus, dass bei einer reinen Wirkstoffverordnung eines der drei günstigsten Arzneimittel abgegeben werden muss und dies im Sinne der Krankenkasse und des Gesundheitssystems ist, da so viel Geld gespart werden kann. In diesem konkreten Fall war diese Herangehensweise aber leider nicht ganz richtig, da auch das für viele Krankenkassen inzwischen rabattierte Humira® bzw. austauschbare Importe infrage gekommen wären. Mehr Informationen zu dieser Thematik finden Sie in den DAP Arbeitshilfen. Dazu besagt § 4 Abs. 1a des alten Rahmenvertrags:
„a) gleicher Wirkstoff
dabei gelten die verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe und Derivate eines Wirkstoffes als ein und derselbe Wirkstoff, es sei denn ihre Eigenschaften unterscheiden sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erheblich hinsichtlich der Unbedenklichkeit und der Wirksamkeit. Wirkstoffgleich sind auch biotechnisch hergestellte Arzneimittel, sofern diese auf das jeweilige Referenzarzneimittel Bezug nehmend zugelassen sind und sich in Ausgangsstoffen und Herstellungsprozess nicht unterscheiden; die Verpflichtung der Apotheke zur Berücksichtigung dieser Arzneimittel bei der Auswahl besteht für in Anlage 1 in der jeweils gültigen Fassung als untereinander wirkstoffgleich aufgeführte Arzneimittel.“
Dass die Abgabe durchaus im Sinne der verordnenden Klinik erfolgte, kann die Apotheke durch eine Bestätigung der verordnenden Klinik belegen. Das folgende Schreiben der Klinik hat sie jedoch leider nicht auf den Verordnungen vermerkt:
„Von den beiden Verordnungen vom 26. November 2018 und 18. Dezember 2018 beauftragten wir die Apotheke, die Patientin mit einem Medikament zu beliefern, dass zum einen kostengünstig und zum anderen dauerhaft lieferbar ist. Die Patientin war noch nicht auf ein bestimmtes Medikament eingestellt oder in der Handhabung eines Pens trainiert. Deshalb war die Auswahl des Präparates der Apotheke freigestellt. Es wurde im Sinne von uns gehandelt, denn im Vergleich sind die Kosten bei dem Präparat Humira ca. 2000 Euro teurer als das Präparat Amgevita.“
Da zum Abgabezeitpunkt weder das Erstanbieterprodukt noch das abgegebene Produkt für die AOK Bayern rabattiert war, ist der AOK in der Tat kein Schaden entstanden (weder Adalimumab noch Humira® steht auf der Austauschliste in Anlage 1 des Rahmenvertrags). Zudem ist weder vertraglich noch gesetzlich festgehalten, dass eine Nullretax in diesem Fall angemessen und zulässig ist.
Da weder ein wirtschaftlicher noch ein therapeutischer Schaden entstanden ist, würde es sich also durchaus anbieten, dass die AOK hier dem Einspruch der Apotheke stattgibt und die ärztliche Bestätigung der Apothekenversorgung anerkennt. |
Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum
DeutschesApothekenPortal
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