Unerfüllter Kinderwunsch ist kein Randproblem
Ein unerfüllter Kinderwunsch bzw. eine Sterilität liegt vor, wenn trotz regelmäßigem Geschlechtsverkehr an den fruchtbaren Tagen nach ein bis zwei Jahren keine Schwangerschaft eintritt. In Deutschland sind 10 bis 20% aller Paare im fortpflanzungsfähigen Alter davon betroffen. Unglücklicherweise werden gerade junge Paare häufig mit dem Hinweis darauf, dass sie noch genug Zeit hätten, vertröstet. Dies hält Thöne für einen großen Fehler und rät zur frühzeitigen Intervention: „Junge Paare mit Kinderwunsch müssen nach einem Jahr schwanger sein, sonst stimmt da was nicht!“.
Ursachen bei beiden Partnern
Einer der wichtigsten Prognosefaktoren für die Überwindung der Sterilität, aber auch für den Erfolg einer Kinderwunschbehandlung, ist das Alter. Dies liegt nicht nur daran, dass bei der Frau die Menge der vorhandenen Eizellen kontinuierlich abnimmt. Auch die Eizellqualität wird schlechter, weil Erkrankungen, vor allem Übergewicht, Umweltfaktoren und gesundheitliches Fehlverhalten wie Rauchen einen negativen Einfluss haben. Thöne betonte aber, dass der Beitrag der Männer zur Sterilität nicht unterschätzt werden sollte. Übergewicht, genetische Faktoren, Rauchen, Hodenhochstand oder -tumore sowie Infektionskrankheiten im Kindesalter können einen negativen Einfluss auf die Spermienqualität haben. „Auch wenn nur der Mann raucht, reduziert dies die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft um ein Drittel“, betonte Thöne.
Vielfältige Behandlungsmöglichkeiten
Lifestyle-Modifikationen wie die Reduktion von Übergewicht, hormonelle Behandlungen, zum Beispiel bei Schilddrüsenfunktions- oder Zyklusstörungen sowie die Therapie von Gerinnungsstörungen sind die ersten Maßnahmen, die bei unerfülltem Kinderwunsch versucht werden. Die häufigsten Wirkstoffe, die zur Unterstützung der Eireifung und -einnistung eingesetzt werden, sind Clomifencitrat, Letrozol, Gonadotropine, Gonadotropin Releasing Hormone (GnRH), Progesteron und humanes Choriongonadotropin (hCG). Wenn diese Optionen nicht zum Erfolg geführt haben, kommen als spezifische Methoden die Insemination, die In-vitro-Fertilisation (IVF) sowie die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) zum Einsatz.
Risiken und Nebenwirkungen von IVF/ICSI
Die Risiken und Nebenwirkungen künstlicher Befruchtungen sind nicht unerheblich. Die Belastungen für die Frauen können hoch sein, da sie praktisch hormonell in den vierten Schwangerschaftsmonat katapultiert werden, erläuterte Thöne. Es dominieren Müdigkeit, Kopf- und Unterbauchschmerzen sowie Völlegefühl. Zu den Risiken zählen das Überstimulationssyndrom, Thrombosen und Embolien, Verletzungen und Infektionen im Rahmen der Eizellentnahme sowie die Möglichkeit einer ungewollten Mehrlingsschwangerschaft, die jedoch bei der ICSI minimiert werden kann. „Schlimmer als die körperliche Belastung ist jedoch häufig die psychische Anspannung“, sagte die Referentin.
Fragwürdige alternative Methoden
Wenn die Methoden der künstlichen Befruchtung nicht erfolgreich waren, geben viele Frauen bzw. Paare häufig nicht auf und halten sich nach Thönes Erfahrung „an jedem Strohhalm fest“. Im Internet finden sie dann unter anderem medikamentöse Add ons, wie Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren, Coenzym Q10, und Vitamine, auch bekannt als „Pimp my eggs“. Aber auch verschreibungspflichtige Substanzen wie den Wehenhemmer Atosiban, Cortison oder Kolonie-stimulierende Faktoren (CSF), deren Wirksamkeit in dieser Indikation nicht durch Studien belegt ist, versuchen sich verzweifelte Paare zu besorgen. |