Keine Grippe-Impfstoffe für Ältere

Warum werden Efluelda und Fluad Tetra nicht vermarktet?

2020 – im Coronajahr – schafften zwei spezielle Grippeimpfstoffe für ältere Menschen ab 65 Jahren die EMA-Zulassung: Efluelda und Fluad Tetra. Doch weder Sanofi Pasteur noch Seqirus vermarkten ihren innovativen Grippeschutz aktuell in der Grippesaison 2020/21. Warum ist das so? Könnte man nicht gerade jetzt für die Risikogruppen für Influenza und COVID-19 zumindest einen guten Grippeschutz benötigen? Oder könnte man einfach einem Patienten mehr Grippeimpfdosen impfen? DAZ.online hat nachgefragt.

Warum werden Efluelda und Fluad Tetra nicht vermarktet?

Die Wirksamkeit der saisonalen Influenzaimpfung schwankt, in der letzten Saison 2019/20 schützte die Grippeimpfung mit 62 Prozent erstaunlich gut. Was sich jedoch seit Jahren wie ein roter Faden durch die Bewertung des Grippeschutzes zieht: Vor allem ältere Menschen sprechen auf die Grippeimpfung weniger gut an, und die Schutzwirkung ist bei ihnen reduziert. Blöd, denn Senioren zählen zu den Risikogruppen für schwere Influenzainfektionen.

Um dieser Krux beizukommen haben Sanofi Pasteur und Seqirus spezielle Grippeimpfstoffe für ältere Menschen entwickelt: Efluelda® (Sanofi Pasteur) soll durch eine vierfache Antigenmenge das Immunsystem Älterer besonders stimulieren, Fluad® Tetra (Seqirus) setzt hingegen auf einen Wirkverstärker (Adjuvans). Nur: Beide Grippeimpfstoffe gibt es aktuell, für die Grippesaison 2020/21, noch nicht – obwohl die Zulassungen seit Mai und Juni vorliegen. Erfolgte die Zulassung zu spät, als dass eine Produktion für die aktuelle Saison noch möglich gewesen wäre?

Die Gründe sind unterschiedlich – das erfuhr DAZ.online im Gespräch mit den Herstellern. Seqirus, der Hersteller von Fluad® Tetra, erklärt: „Aufgrund des benötigten Produktionsvorlaufs bei Impfstoffen konnte Fluad® Tetra daher nicht für die Grippesaison 20/21 zur Verfügung gestellt werden.“ 

Fluad® Tetra wird in Hühnereiern hergestellt – von der Bestellung der Serumeier bis zur Auslieferung der Grippeimpfstoffe dauert es 18 Monate. Das erfuhr DAZ.online beim Redaktionsbesuch des Grippeimpfstoffherstellers GlaxoSmithKline (GSK), dem Hersteller von Influsplit Tetra, an dessen Produktionsort in Dresden.

Sanofi wartet auf geänderte Zulassung

Sanofi dürfte zum einen vor das gleiche Problem gestellt gewesen sein, denn auch Efluelda® wird in Hühnerembryonen produziert. Allerdings stört Sanofi, dass es eine Diskrepanz zwischen der Zulassung – ab 65 Jahren – und der STIKO-Empfehlung gibt. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die saisonale Grippeimpfung ab 
60 Jahren. Eine Sanofi-Sprecherin erklärt somit: „Wir möchten eine STIKO-konforme Indikation für Efluelda® und haben aus diesem Grund bei den zuständigen Behörden die Zulassung für Personen ab 60 Jahren beantragt.“ Sanofi erwarte die Entscheidung der Zulassungsbehörden rechtzeitig, um Efluelda® sodann in der nächsten Grippesaison 2021/22 auf den Markt zu bringen.

Wie die Erstattung seitens der GKV erfolgen wird, ist wohl auch noch offen. Einen Preis nennt die Sprecherin nicht, doch dürfte Efluelda® mit der vierfachen Antigenmenge teurer werden als die „einfachen“ Grippeimpfstoffe, die zwischen 
20 und 25 Euro kosten. Nur: „Eine verbesserte Wirksamkeit mit höherer Antigenmenge wird nicht zum Preis der Standardimpfstoffe zu realisieren sein“, verrät Sanofi.

Einfach vier Grippeimpfungen impfen?

DAZ.online erreichten auch Vorschläge, ob man sodann nicht einfach vier Spritzen einer „normalen“ Grippeimpfung applizieren könnte, um so auf die vierfache Antigenmenge zu kommen. Allerdings sind die Grippeimpfungen dafür nicht zugelassen, zur Boosterimpfung wird nur geraten, für Kinder bis zum vollendeten neunten Lebensjahr, wenn diese noch nie gegen Grippe geimpft wurden. Dann sollten die Kinder nach einer ersten Dosis nach einem Zeitraum von mindestens vier Wochen eine zweite Grippeimpfdosis bekommen. Zu mehreren Impfdosen auf einmal oder in mehrwöchigem Abstand für Erwachsene raten die Fachinformationen nicht.

Zudem scheint die Nachfrage der saisonalen Influenzavakzinen das Angebot zu übersteigen. Apotheker, Ärzte und Patienten berichten über Engpässe bei den Vakzinen. Auch aus diesem Grund dürfte es schwierig werden, manche Patienten off-Label mit vier Grippeimpfdosen zu impfen. Das Paul-Ehrlich-Institut bittet seit letzter Woche darum Engpässe bei Grippeimpfstoffen zu melden.

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