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Die Skonto-Frage
Douglas: Weitere Nachteile für inländische Apotheken vermeiden
Mit dem Apotheken-Reformgesetz sollen handelsübliche Großhandels-Skonti wieder erlaubt werden – auch wenn sie den Mindestpreis unterschreiten. Der Großhandelsverband Phagro hält dies für verfassungswidrig. Der Freiburger Rechtsanwalt Morton Douglas begrüßt die geplante Änderung hingegen, hält aber mit Blick auf die EU-Arzneimittelversender eine Ergänzung für notwendig.
Der Referentenentwurf für das Apotheken-Reformgesetz greift die Forderung aus der Apothekerschaft auf, handelsübliche Skonti, insbesondere für die vorfristige Zahlung, wieder zuzulassen. Was über Jahre gängige Geschäftspraxis war, wurde im Februar vom Bundesgerichtshof für unzulässig befunden. Dies brachte erhebliche Unruhe in die Apothekerschaft, viele Betriebe fürchten empfindliche finanzielle Einbußen.
Konkret will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) der Regelung zu den Großhandelszuschlägen (§ 2 der Arzneimittelpreisverordnung) einen Satz anfügen, wonach hiervon abweichend „die Gewährung von handelsüblichen Rabatten oder Vergünstigungen zulässig“ ist.
Gegenwind bekommt das Vorhaben vor allem vom Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro). In seiner Stellungnahme für die Verbändeanhörung im BMG erkennt der Verband zwar die „anhaltende gesetzliche Unterfinanzierung“ der Apotheken an – betont aber, dass auch der Großhandel „seit Jahren am Rande der Wirtschaftlichkeit“ arbeite. Er äußerte verfassungsrechtliche Bedenken, die er vergangene Woche noch mit einem juristischen Gutachten untermauerte.
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Zudem warnt der Phagro in seiner Stellungnahme vor Wertungswidersprüchen zwischen dem Wettbewerbsrecht, der Arzneimittelpreisbindung und dem Heilmittelwerberecht. Er verweist darauf, dass der Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) Preisnachlässe für Rx-Arzneimittel im Unterschied zu OTC-Arzneimitteln und Medizinprodukten nur erlaubt, soweit diese nicht entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten. Mit dem neuen Satz in § 2 AMPreisV würden bei der Abgabe von Rx-Arzneimitteln durch den Großhandel an Apotheken jedoch faktisch unbeschränkte Rabatte und Vergünstigungen ermöglicht.
Douglas widerspricht Phagro
Einen anderen Blick auf die Dinge hat der Freiburger Rechtsanwalt Morton Douglas. Er begrüßt die geplante Regelung zur Skonto-Wiederbelebung. Apotheken seien von der Erstattung durch die Kostenträger abhängig, sodass grundsätzlich erst eine Bezahlung der Lieferanten erwartet werden könne, wenn das Geld von der Krankenkasse oder dem Rechenzentrum komme, erläutert er gegenüber der DAZ. Wenn sie gleichwohl vorher leisteten und dadurch der Großhandel von möglichen Insolvenzrisiken befreit werde, könne dies im Handelsleben durch eine Gegenleistung honoriert werden: „Hier besteht kein Unterschied zu anderen Handelsbeziehungen, in denen die Verhandlung über Fälligkeiten und Skonti absolut üblich ist“, betont Douglas. Daher greife auch der Verweis auf das Verfassungsrecht nicht. „Die Frage, ob der Gesetzgeber, der über einen weiten Einschätzungsspielraum bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben verfügt, dem Großhandel mehr Geld zur Verfügung stellen muss, betrifft etwas anderes als die Frage, ob er sich in die Handelsbeziehung zwischen Vertragspartnern derart einmischen darf, dass dort keine üblichen Absprachen über die Risikoallokation getroffen werden können.“
Zwar ist auch für Douglas der Wunsch des Großhandels, solche Verhandlungen nicht führen zu müssen, wirtschaftlich ohne weiteres nachvollziehbar. Den Hinweis des Phagro auf das Heilmittelwerbegesetz hält er allerdings für ein „Scheinargument“. Im Verhältnis zwischen Großhandel und Apotheke spiele § 7 HWG bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln keine Rolle, erklärt er. Voraussetzung für die Anwendung dieser Norm bleibe die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung. „Ob und welche verschreibungspflichtigen Arzneimittel sich eine Apotheke aber an Lager legt, bestimmen nach wie vor die Ärzte und § 15 Apothekenbetriebsordnung.“
Keine Preisbindung im grenzüberschreitenden Handel
Vor allem aber fordert Douglas vom Gesetzgeber eine weitere Klarstellung in § 2 AMPreisV. Im Blick hat er dabei einmal mehr die Arzneimittelversender aus dem EU-Ausland. Denn diese dürfen nach einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (16. Mai 2019, Az.: I-20 U 126/18) von deutschen Pharmaunternehmen oder Großhändlern beliefert werden, ohne dass der einheitliche Abgabepreis dabei besondere Relevanz hat. Hintergrund ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2016, das die deutsche Rx-Preisbindung für EU-Versender als europarechtswidrig befand.
Urteilsgründe des OLG Düsseldorf
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Oberlandesgericht Düsseldorf
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Das Oberlandesgericht befand, dass ein inländisches pharmazeutisches Unternehmen bei der Belieferung ausländischer Versandapotheken mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht an den einheitlichen Herstellerabgabepreis gebunden ist – und zwar auch dann, wenn die Arzneimittel letztlich für den deutschen Markt bestimmt sind. Denn die Pflicht zur Beachtung eines einheitlichen Herstellerabgabepreises knüpfe unmittelbar an das Bestehen einer Preisbindung hinsichtlich des Apothekenabgabepreises an – doch diese Bindung bestehe für ausländische Versender eben nicht.
Douglas fordert Klarstellung: Gilt auch für EU-Versender
Douglas fordert vor diesem Hintergrund, dass die Regelungen zu den Großhandelszuschlägen (die bekanntlich auch für direktvertreibende Pharmaunternehmen gelten) auch dann anzuwenden sind, wenn die Arzneimittel ins Ausland zum Vertrieb im Inland abgegeben werden. Das könne ganz einfach in § 2 AMPreisV klargestellt werden, ähnlich wie schon in § 11 Abs. 1 Apothekengesetz geschehen („Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Apotheken, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum liegen, sowie deren Inhaber, Leiter oder Personal, soweit diese Apotheken Patienten in Deutschland mit Arzneimitteln versorgen.“). Damit würden weitere Benachteiligungen deutscher Vor-Ort-Apotheken vermieden, und zwar unabhängig davon, wie die Regelung letztlich ausgestaltet wird.
Anderenfalls würden voraussichtlich auch deutsche Apotheken versuchen, für sich einen Einkauf über einen im Ausland ansässigen Großhandel zu organisieren. „Tendenziell dürfte dies eher größeren Apotheken gelingen, wodurch dann aber die anderen, insbesondere auch kleinere Apotheken, Nachteile erleiden und damit die Verlierer sein werden“, sagt Douglas. „Zudem dürfte dies insgesamt zu einer Verlagerung des Arzneimittelvertriebs weg vom in Deutschland ansässigen Großhandel führen, was aber auch nicht im Interesse des Gesetzgebers sein kann.“
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