Juristisches Kurzgutachten vorgelegt

Phagro kämpft um Skonto-Verbot

Berlin - 05.07.2024, 16:15 Uhr

Der Großhandel ächzt und fürchtet um seine Mindestvergütung. (Foto: Phagro)

Der Großhandel ächzt und fürchtet um seine Mindestvergütung. (Foto: Phagro)


Das Bundesgesundheitsministerium will im Zuge der Apothekenreform die vom Bundesgerichtshof für unzulässig befundenen Großhandels-Skonti wieder ermöglichen. Der Phagro ist mit den Plänen nicht einverstanden – das hat er bereits bei der Verbändeanhörung und in seiner schriftlichen Stellungnahme deutlich gemacht. Nun legt er ein juristisches Gutachten nach, demzufolge die beabsichtigte Änderung verfassungswidrig ist.

Das im vergangenen Februar ergangene Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs hat die Apothekenwelt durcheinander gerüttelt und die finanziellen Sorgen des Berufsstandes verschärft. Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) scheint indessen ganz zufrieden mit der Entscheidung. Dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Referentenentwurf für ein Apotheken-Reformgesetz Skonti wieder ausdrücklich erlauben will, gefällt ihm jedenfalls gar nicht.

Und so widmete der Phagro bereits den Großteil seiner knapp achtseitigen schriftlichen Stellungnahme zum Referentenentwurf der geplanten Änderung bei den Großhandelszuschlägen für Fertigarzneimittel.

§ 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) soll laut diesem Entwurf künftig folgendermaßen lauten:

Großhandelszuschläge für Fertigarzneimittel

1Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken sind auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 73 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro erhoben werden. 2Abweichend von Satz 1 zweiter Halbsatz ist die Gewährung von handelsüblichen Rabatten oder Vergünstigungen zulässig.

Knackpunkt sind nicht die aus der Arzneimittelpreisverordnung gestrichenen Regelungen zu Tierarzneimitteln, sondern der letzte, neu ergänzte Satz, der „handelsübliche Rabatte oder Vergünstigungen“ für zulässig erklärt. Eine ähnliche Klarstellung hatte auch die ABDA gefordert – unter anderem im Gesetzgebungsverfahren zum Medizinforschungsgesetz. Doch der Gesetzgeber zeigte sich nicht willens, in diesem Punkt besondere Eile an den Tag zu legen.

Der Phagro sieht seine Mitgliedsunternehmen durch die Pläne im Hause Lauterbach einseitig belastet – und das bei einer ohnehin schon prekären gesetzlichen Vergütung. Die geplante Neuregelung sei überdies ein unverhältnismäßiger und verfassungsrechtlich höchst bedenklicher Eingriff in die Berufsfreiheit. Eine Regelung, die Rabatte und Vergünstigungen auf die gesamte gesetzliche Großhandelsspanne eröffne und damit den für die Erfüllung des Versorgungsauftrags notwendigen Mindestpreis aufgebe, gefährde die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Apotheken durch und über den vollversorgenden Großhandel, erklärte der Phagro in seiner Stellungnahme vom 28. Juni. Er befürchte gar wettbewerbliche Verwerfungen und eine „Kannibalisierung der verbliebenen Versorgungsstrukturen auf Großhandelsebene“.

Der Gesetzgeber müsse dafür sorgen, dass sowohl für die Apotheken als auch den Großhandel eine „leistungsgerechte“ Vergütungsstruktur bestehe, so der Verband. Die Bundesregierung müsse hier die Schlussfolgerungen des Bundesgerichtshofs nachvollziehen und Apothekenzuschläge in § 3 AMPreisV entsprechend anpassen.

Unbestimmte Begriffe und unklare Ziele

Jetzt hat der Phagro nachgelegt: Der Kölner Rechtswissenschaftler Professor Stephan Rixen hat die angedachte Änderung des § 2 AMPreisV in seinem Auftrag unter die Lupe genommen und ein Kurzgutachten erstellt. Auf 40 Seiten legt Rixen ausführlich dar, warum er die Pläne für verfassungswidrig hält. Sie verstoßen aus seiner Sicht gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Der neue Satz 2 (siehe Kasten oben) setze weder den im Arzneimittelgesetz angelegten Rechtsbegriff der Preisspanne „korrekt um, noch lässt er erkennen, dass die berechtigten Interessen der vollversorgenden pharmazeutischen Großhändler berücksichtigt wurden“, heißt es im Gutachten. Dabei sei Letzteres ausdrücklich vom Gesetzgeber gefordert (§ 78 Abs. 2 AMG).

Der Eingriff sei auch unverhältnismäßig. Es sei bereits nicht erkennbar, welchem konkreten, klar umrissenen Regelungszweck die Vorschrift diene. Bei der Abwägung werde insbesondere das hohe Gewicht der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens von Patientinnen und Patienten verkannt, „deren Schutz den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandelsunternehmen als öffentlicher Versorgungsauftrag (§ 52b AMG) aufgegeben ist“. Dieser Auftrag müsse den Gesetzgeber „dazu anhalten, die Auswirkungen der geplanten Neuregelung (…) zu prüfen, insbesondere dahingehend, inwieweit eine bestimmte preisrechtliche Regulierung genau diesen Versorgungsauftrag gefährdet“.

Apothekenzuschläge sind die richtige Stellschraube

Auch für Rixen liegt die Lösung auf der Hand: Wenn es tatsächlich um die finanzielle Sicherung der Apotheke gehe, liege es nahe, die Apothekenzuschläge in § 3 AMPreisV auskömmlich zu erhöhen.

Im Vorfeld des anstehenden Kabinettsbeschlusses zum Apotheken-Reformgesetz – nach wie vor wird der 17. Juli als mögliches Datum genannt – betonen die Phagro-Geschäftsführer Thomas Porstner und Michael Dammann erneut, was aus ihrer Sicht passiert, wenn der Gesetzgeber nicht nachbessert: „Dem Pharmagroßhandel würde die finanzielle Grundlage, die er zur Erfüllung seines gesetzlichen Sicherstellungsauftrags zwingend braucht, per Gesetz entzogen werden: eine gesetzliche Mindestvergütung.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Skonto

von Gregor Nelles am 06.07.2024 um 11:11 Uhr

Guten Morgen,
Die Gewährung von Skonto ist eine kaufmännische Angelegenheit. Eine Verpflichtung besteht nicht.
Nach dem Urteil können die Abbuchung der Großhandelsrechungen nach 30 Tagen erfolgen, denn das Zahlungsziel ist ja nicht mehr „Dekadent Zahlung…, das mag für den verwöhnten Großhandel schwierig sein, aber das frühzeitig zahlen wurde ja gewünscht und auch belohnt mit Skonto. Ich kann nur empfehlen so zu verhandelt und zur Noweda zu wechseln, damit im November dann eine Ausschüttung der Beteiligung erfolgen kann…
Mit freundlichen Grüßen Gregor Nelles

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hmm

von Karl Friedrich Müller am 06.07.2024 um 8:57 Uhr

die Apotheke ist kein Partner mehr, für niemanden. Es gilt wohl die Devise: Ausnehmen, so lange es geht. Von Interesse sind nur noch kurzfristeige Gewinne. Neoliberalismus eben. Apotheken werden zerrieben, zum Abschuss freigegeben. Damit werden nicht nur bei uns Strukturen zerstört, Gemeinwohl zerstört, Gesellschaft zerstört für ein paar Leute, die den Hals ncht vollkriegen. Und dann sich wundern, wenn die Braunen gewählt werden.

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Skonto

von Beldowitz am 06.07.2024 um 7:03 Uhr

Der GH ist nach einer möglichen Freigabe von Skonto nicht gezwungen Skonto zu gewähren. Ich verstehe also die Aufregung nicht.

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AW: Skonto

von Karl Friedrich Müller am 06.07.2024 um 11:02 Uhr

Mitberwerber sollen auch kein Skonto geben dürfen. Man will den Wettberwerb ausschließen.
Nur die Apotheken sollenn im Gesundheitswesen dem Wettbewerb unterliegen. Wird immer wieder eingefordert. Als hätten wir keinen. Das reicht halt nicht. Dafür braucht es mit Privilegien (vom Staat!) ausgestattete ausländische Versandkonzerne, die den Restriktionen der VorOrtApoteken nicht ausgesetzt sind. Rabatte erhalten. Dazu sich an gesetzliche Vorgaben nicht halten, was hier geflissentlichh übersehen wird. Keinerlei Kontrollen. Rosinenpickerei, nur die Leistungen, die Gewinn versprechen. Teure Aufgaben dürfen gerne die Apotheken vor Ort übernehmen. Zumindest solange es sie noch gibt. Wir sollen Rabatt gewähren? Wo ist die Logik?
In den Krankenkassen herrscht nur der Wettbewerb um das höchste Vorstandsgehalt und Privilegien. Und wer die Apotheken mit den meisten Hassbotschaftenn überzieht.
Ärzte bekommen immerhin regelmäßig mehr. Bei Krankenhäusern sieht es schon anders aus. Sie, genauso MVZs, sollen Anleger mit dden Beiträgen der Versicherten füttern. "Gewinn" erwirtschaften. Gehört dieser, der Logik gegenüber den Apotheken folgend, nicht auch den Krankenkassen? Da hört man keinn Wort.

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