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Pandemie Spezial
Nicht jeder ist für eine Impfung geeignet
Was vor einer COVID-19-Impfung zu beachten ist
Neu in den aktuellen STIKO-Empfehlungen (Stand: 4. Februar 2021) ist der Passus: „Auch bei sehr alten Menschen oder Menschen mit progredienten Krankheiten, die sich in einem schlechten Allgemeinzustand befinden, muss die Impffähigkeit gegeben sein. Bei diesen Gruppen sollte ärztlich geprüft werden, ob ihnen die Impfung empfohlen werden kann.“
Nicht bei hohem Fieber
Dr. Sabine Vygen-Bonnet, am Robert Koch-Institut zuständig für die Impfprävention, konkretisiert auf Nachfrage: „Vor einer Impfung muss das Vorliegen einer akuten fieberhaften Erkrankung ausgeschlossen und die allgemeine Impffähigkeit festgestellt werden. Eine potenzielle Impfreaktion müsse dem Patienten/der Patientin zugemutet werden können. Außerdem muss die körperliche Verfassung des Impflings eine Immunreaktion, also Antikörperbildung und/oder zelluläre Immunantwort, auf die Impfung zumindest wahrscheinlich machen.“ Die Einschätzung der Impffähigkeit liege immer im Ermessen des impfenden Arztes oder der Ärztin.
Auch die Fachinformationen der derzeit in Deutschland genutzten Impfstoffe raten, die Impfung im Fall einer akuten, schweren, fieberhaften Erkrankung (≥ 38° C) oder akuten Infektion zu verschieben. Das Vorliegen einer geringfügigen Infektion und/oder leichtem Fieber stelle dagegen keinen Grund für eine Planänderung dar. Doch wie sieht es mit Grunderkrankungen und Therapien aus?
Vorsicht Überempfindlichkeit!
Für Beunruhigung sorgten mehrere Fälle, in denen es zu allergischen Reaktionen nach Verabreichung des Impfstoffs kam. In der EU besteht nach derzeitigem Kenntnisstand keine Kontraindikation für Allergikerinnen und Allergiker oder Menschen mit Anaphylaxien in der Vorgeschichte. Patienten mit Allergien gegen Hausstaub, Medikamente oder Kontaktallergien können ohne Weiteres geimpft werden. Polyallergiker sollten dagegen erst mit ihrem Arzt sprechen. Definitiv gegen eine Anwendung spricht eine bekannte Allergie oder Überempfindlichkeit auf Inhaltsstoffe des COVID-19-Impfstoffs sowie eine entsprechende Reaktion auf die erste Dosis. Als Auslöser von Überempfindlichkeitsreaktionen wird in den Lipidnanopartikeln enthaltenes Polyethylenglykol vermutet (s. a. DAZ 2021, Nr. 5, S. 46).
Gerade bei Grunderkrankungen impfen
„Es gibt keine Liste an Erkrankungen oder Therapien, die grundsätzlich eine Impfung unmöglich machen.“ stellt Vygen-Bonnet klar. In den vergangenen Wochen wurde beispielsweise davor gewarnt, sich als Rheumatiker impfen zu lassen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) kritisierte diese Aussage von Landesregierungen, Krankenkassen und Medien aufs Schärfste. Im Gegenteil wird die Impfung von Menschen mit schweren Grunderkrankungen und eingeschränkt funktionierendem Immunsystem von der Ärzteschaft ausdrücklich empfohlen, da ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf besteht. Auch eine Krebserkrankung oder eine systemische Krebstherapie stellen keine Kontraindikation gegen eine der bislang zugelassenen Schutzimpfungen dar. Vygen-Bonnet fügt die Ausnahme hinzu: „Eine ärztliche Entscheidung gegen eine Impfung könnte beispielsweise getroffen werden, wenn sich ein Patient in einem akuten Schub einer schweren Erkrankung befindet oder präfinal ist.“ Es gelten die allgemeinen Grundsätze des „Shared Decision Making“ zwischen Arzt und Patient.
Blutverdünner und Immunsuppressiva kein Problem
Auch Patienten unter antikoagulatorischer Therapie können gegen das Coronavirus geimpft werden. Bei Einnahme von Gerinnungshemmern wie Phenprocoumon muss die Impfung allerdings intramuskulär erfolgen. Ein Ersatz durch Heparin ist weder sinnvoll noch notwendig. Für Patienten mit transplantiertem Herz nicht nur möglich, sondern unbedingt auch empfehlenswert. Es scheint auch unter immunsuppressiver Therapie zu einer entsprechenden Antikörperbildung zu kommen.
Die Impfung wird auch nach Organtransplantation explizit empfohlen. Allerdings sollte die Transplantation drei bis sechs Monate zurückliegen. In Bezug auf eine immunsuppressive Therapie besteht eher die Sorge um eine verminderte Antikörperbildung nach der Impfung als um Nebenwirkungen. Entsprechende Arzneimittel dürfen keinesfalls ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt abgesetzt werden.
Cave Cortison und Rituximab
Gesprächsbedarf gibt es vor allem im Fall einer Dauertherapie mit Glucocorticoiden (> 5 Monate). Ab einer täglichen Dosis von 5 mg scheint das Corona-Risiko erhöht zu sein. Die Patienten verlieren die Fähigkeit, auf eine Virusinfektion ausreichend zu reagieren. Eine Hochdosistherapie, beispielsweise während eines akuten MS-Schubs, kann den Impferfolg gefährden. In diesem Fall empfiehlt es sich, die Impfung um mindestens zwei Wochen nach hinten zu verschieben, auch unter Berücksichtigung des Allgemeinzustands. Den Fachinformationen von Cortison-Depotformulierungen wie Diprosone Depot ist zu entnehmen, dass sie nur acht Wochen vor bis zwei Wochen nach einer Schutzimpfung eingesetzt werden sollen. Der behandelnde Arzt muss entscheiden, ob der Patient impffähig ist. Auf keinen Fall darf eine bestehende Cortisontherapie ohne Rücksprache abgesetzt werden.
Vorsicht ist auch bei Anwendung von langwirksamen B-Zell-depletierenden Substanzen wie Rituximab geboten. Die Impfantwort ist wahrscheinlich deutlich reduziert. Hier sollte unter Nutzen-Risiko-Abwägung ein Pausieren oder die Umstellung auf alternative Therapien erwogen werden. Da aber der Schutz durch die Vakzine vor allem T-Zell-vermittelt ist, stellen weder B-Zell-Depletion noch die Hochdosistherapie mit hämatopoetischer Stammzelltransplantation eine absolute Kontraindikation dar.
Schwangerschaft und Stillzeit
Die Impfung von Schwangeren ist nach bisherigem Erkenntnisgewinn möglich, wird aber nicht ausdrücklich von der STIKO empfohlen, da noch Daten zur abschließenden Beurteilung fehlen. Die Experten empfehlen dagegen, enge Kontaktpersonen von Schwangeren vorrangig zu impfen, um diese indirekt zu schützen. Eine akzidentelle Impfung in der Schwangerschaft ist keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Die STIKO hält es zudem für unwahrscheinlich, dass eine Impfung der Mutter während der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt. |
Literatur
Deutsche Herzstiftung. Impfung gegen Covid-19: Fragen und Antworten, verfügbar unter https://www.herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/coronavirus/corona-impfung (letzter Aufruf 18.02.2021)
Blasius H. Corona-Impfung für Allergiker unbedenklich? Meldung auf DAZ.online vom 07.01.2021, verfügbar unter https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/01/07/corona-impfung-fuer-allergiker-unbedenklich (letzter Aufruf 18.02.2021)
DGRh empfiehlt Rheuma-Patienten die Corona-Impfung. Meldung auf Ärztezeitung.de vom 12.01.2021, verfügbar unter https://www.aerztezeitung.de/Politik/DGRh-empfiehlt-Rheuma-Patienten-die-Corona-Impfung-416134.html (letzter Aufruf 18.02.2021)
Rheuma-Liga. Coronavirus: Infos für Menschen mit Rheuma, verfügbar unter https://www.rheuma-liga.de/aktuelles/detailansicht/coronavirus-infos-fuer-menschen-mit-rheuma (letzter Aufruf 18.02.2021)
Deutsches Krebsforschungszentrum. Coronaimpfung bei Krebspatienten, verfügbar unter https://www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/2021/fk02-coronaimpfung-bei-krebspatienten.php (letzter Aufruf 18.02.2021)
von Lilienfeld-Toal et al. Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen, verfügbar unter https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/coronavirus-infektion-covid-19-bei-patienten-mit-blut-und-krebserkrankungen/@@guideline/html/index.html (letzter Aufruf 18.02.2021)
Robert Koch-Institut. COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) (Gesamtstand: 17.2.2021), verfügbar unter https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html (letzter Aufruf 18.02.2021)
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