Deutsche Erstveröffentlichung
Online-Umfrage zu Leitlinien-Kenntnis und Empfehlungsverhalten von ApothekerInnen, PTAs und ÄrztInnen bei akutem Husten
Art der Veröffentlichung
Online-Umfrage, veröffentlicht in der Fachzeitschrift PLOS ONE
Akuter Husten zählt zu den häufigsten Beschwerden, bei denen die Apotheke die erste Anlaufstelle ist. In den meisten Fällen ist Husten eine Domäne der Selbstmedikation und somit der Apotheke. Besonders wichtig ist dabei eine Evidenz-basierte Beratung. Eine wichtige Rolle spielen die Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften. Doch sind die Leitlinien in der Apotheke wirklich bekannt und wird dementsprechend beraten? In einer aktuellen Umfrage unter ApothekerInnen und PTAs wurde der Einfluss der Leitlinien-Kenntnis auf das Empfehlungsverhalten bei akutem Husten untersucht.
Deutsche Erstveröffentlichung
Online-Umfrage zu Leitlinien-Kenntnis und Empfehlungsverhalten von ApothekerInnen, PTAs und ÄrztInnen bei akutem Husten
Art der Veröffentlichung
Online-Umfrage, veröffentlicht in der Fachzeitschrift PLOS ONE
Husten tritt meist als Begleit- oder Hauptsymptom von Erkältungskrankheiten und viralen Infekten auf. Obwohl der akute viral bedingte Erkältungshusten selbstlimitierend ist, ist der Wunsch nach symptomatischer Behandlung zur Linderung und Verkürzung eines akuten Hustens ein häufiger Grund für Apotheken- oder Arztbesuche. Besonders wichtig ist dabei, die Evidenz-basierte Beratung.
Während die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hinsichtlich akutem Husten eher auf gesundheitsökonomische Aspekte und die Kausaltherapie verweist, betont die Leitlinie der Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) aus dem Jahr 2019 die Bedeutung der Selbstmedikation für die Therapie des akuten Hustens, um die Lebensqualität zu verbessern und hebt den besonderen Stellenwert der Apotheke hervor. Die DGP-Leitlinie empfiehlt in erster Linie die symptomatische Behandlung mit Wirkstoffen, für die aussagekräftige Studien vorliegen. Dazu zählt Ambroxol, dessen Wirksamkeit in einer Placebo-kontrollierten Studie bestätigt wurde.
In einer aktuellen DocCheck-Umfrage unter ApothekerInnen, PTAs und ÄrztInnen wurde nun die Relevanz und Kenntnis von Leitlinien und deren Einfluss auf das Empfehlungsverhalten am Beispiel des akuten Hustens untersucht. Die Ergebnisse wurden auf dem ERS-Kongress 2020 vorgestellt und nun in der Fachzeitschrift PLOS One veröffentlicht. An der anonymen Online-Umfrage nahmen 303 Personen aus Gesundheitsberufen (ApothekerInnen, PTAs und ÄrztInnen) teil. Ihnen wurde ein typisches Fallbeispiel aus der täglichen Praxis zur Therapie von akutem Husten vorgelegt und nach ihrem Empfehlungsverhalten gefragt. Danach wurde den Befragten die aktuelle DGP-Leitlinie vorgelegt und erneut nach dem Empfehlungsverhalten bei demselben Fallbeispiel gefragt.
Den ApothekerInnen und PTAs wurde folgendes Fallbeispiel präsentiert:
„Eine 42-jährige Patientin klagt über akuten Husten im Rahmen einer Erkältung mit den typischen Symptomen ohne weitere Warnsymptome. Es liegen keine Grunderkrankungen vor. Die Patientin kommt in die Apotheke und möchte beraten werden.“
Am häufigsten wurden von den ApothekerInnen und PTAs in der Umfrage Thymian-Efeu-Extrakt (71 bzw. 70 %) und Myrtol (50 bzw. 66 %) angegeben. Ambroxol wurden nur von 36 % der ApothekerInnen und 35 % der PTAs angegeben. Als Hauptmotive für die Empfehlungen wurden schleimlösender Effekt, gute Wirksamkeit, hustenlindernde Wirkung und eigene Erfahrung angegeben.
Danach wurden den Befragten Auszüge aus der DGP-Leitlinie präsentiert und erneut nach dem Empfehlungsverhalten gefragt. Es zeigte sich, dass das Empfehlungsverhalten für Phytotherapeutika stark abnahm, während die Empfehlung für Ambroxol deutlich zunahm – bei den ApothekerInnen von 36 % auf 77 %, bei den PTAs von 35 % auf 75 %. Als Hauptmotive für das Empfehlungsverhalten wurden nun die Studienlage sowie die Leitlinienkonformität angegeben.
In diesem Zusammenhang zeigte sich auch, dass die Selbsteinschätzung der Befragten stark von der tatsächlichen Kenntnis der Leitlinie abwich. Rund 40 % der Befragten gaben an, mit den aktuellen Leitlinien zu akutem Husten vertraut oder sehr vertraut zu sein. Diese Selbsteinschätzung schien zu optimistisch zu sein, denn das Empfehlungsverhalten entsprach nicht dem Inhalt der Leitlinie, sondern änderte sich erst nach deren Vorlage.
Generell wurden von den Befragten Leitlinien der Fachgesellschaften als relevant für die Beratung von Patienten beurteilt. Wie eingangs erwähnt, liegt der Fokus der DEGAM-Leitlinie auf gesundheitsökonomischen Aspekten, während die DGP-Leitlinie der symptomatischen Therapie des akuten Hustens auf Basis der Evidenz-basierten Selbstmedikation einen hohen Stellenwert einräumt. Im Sinne einer verantwortungsvollen und kompetenten Beratung der Patienten ist ein balancierter Ansatz notwendig, der sich an der Evidenz-basierten Therapie orientieren soll. Dafür ist die Kenntnis der Leitlinien in der Apotheke von erheblicher Relevanz. Die vorliegende Umfrage zeigt, dass die Verbreitung und Verinnerlichung der entsprechenden Leitlinien für eine kompetente, Evidenz-basierte Beratung verbessert werden sollte.
Erfahren Sie mehr über Selbstmedikation, untermauert mit wissenschaftlichen Studien zu Wirksamkeit, Sicherheit und...
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Kardos P et al. Impact of guideline awareness on the counseling of patients with acute cough among general practitioners and pharmacy personnel. PLOS ONE 2021, 16 (8): e0254086, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0254086
Abstract: European Respiratory Journal 2020; 56: Suppl. 64, 3266.
DEGAM-Leitlinie S3: Akuter und chronischer Husten, 2021. AWMF-Register-Nr. 053-013
S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten, 2019. AWMF-Register-Nr.: 020-003
EfSM.online. Akuter Husten: Erstmals klare Empfehlung für Ambroxol zur symptomatischen Therapie, 2021
https://www.efsm.online/de_de/article-overview/101/2021/acute-cough-for-the-first-time-a-clear-recommendation-for-ambroxol-as-symptomatic-treatment
MAT-DE-2104441-09/21