Versorgungsstrukturgesetz

Länder wollen Pharma-Mittelstand schützen

Berlin - 16.09.2011, 14:02 Uhr


Auch der Bundesrat wird sich am 23. September mit dem Versorgungsstrukturgesetz befassen. Die Länder müssen dem Entwurf nach Auffassung der Regierungskoalitionen zwar nicht zustimmen – es ist ihnen aber nicht verwehrt, Empfehlungen auszusprechen. Unter anderem wollen sie dafür sorgen, dass nochmals über Überforderungen in der Pharmaindustrie nachgedacht wird.

Die Länder sorgen sich zwar offensichtlich nicht um Apotheken, dafür aber um ihre mittelständischen Pharmaunternehmen. Dies ist jedenfalls den Empfehlungen zu entnehmen, die der federführende Gesundheitsausschuss des Bundesrates gemeinsam mit mitberatenden Ausschüssen dem Bundesrat für seine Sitzung nächste Woche Freitag mit auf den Weg gibt.

Nicht nur große Konzerne stellen Arzneimittel her, für die seit August 2010 der erhöhte Herstellerrabatt von 16 Prozent fällig wird – es sind auch Mittelständler betroffen. „Sie haben nicht wie große Pharmakonzerne die Möglichkeit, Einbußen im Heimatmarkt durch Expansion in Auslandsmärkten zu kompensieren oder etwa über freiverkäufliche apothekenpflichtige Arzneimittel von den Kostendämpfungsmaßnahmen weitgehend verschont zu bleiben“, heißt es in den Empfehlungen der Ausschüsse. Daher müssten die Kriterien für die in § 130a Absatz 4 SGB V verankerte Überforderungsklausel überprüft werden. Danach kann das Bundesministerium für Gesundheit auf Antrag pharmazeutischer Unternehmer Ausnahmen von den Zwangsrabatten gewähren. Die Ausschüsse halten diese gesetzliche Überforderungsklausel zwar grundsätzlich für geeignet, die Problematik für mittelständische Unternehmen zu entschärfen. Das für die Anwendung dieser Klausel zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle habe jedoch „die Messlatte für die Definition von Überforderung so hoch gelegt, dass ein Unternehmen schon kurz vor der Einleitung eines Insolvenzverfahrens stehen muss, um über diese Hürde zu kommen“, heißt es in den Empfehlungen.

Nach Auffassung des Bundesrates sollte bei der Überprüfung der Kriterien eine Orientierung an dem Einsparziel der Kostendämpfungsmaßnahmen erfolgen. Dieses sah eine Reduktion der Arzneimittelausgaben um 2 Milliarden Euro, bzw. 7 Prozent des Arzneimittelbudgets vor. Die Überforderungsklausel könnte bei mittelständischen Unternehmen beispielsweise dann greifen, wenn deren Umsätze mehr als doppelt – alternativ: anderthalbmal – so stark wie die genannten 7 Prozent abnehmen. Die weiteren Kriterien wie „kausaler Bezug des Umsatzrückgangs zu den Kostendämpfungsmaßnahmen“ und „Ausschöpfung sonstiger vertretbarer Maßnahmen“ seien dabei weiterhin zu beachten.

Weiterhin wollen die Bundesratsausschüsse mittelständische Unternehmen im Bereich der Nutzenbewertung entlasten. Gerade für sie sei die Erstellung von Dossiers und der geforderten Studien sehr teuer. In der Empfehlung für die Stellungnahme des Bundesrates heißt es: „Im Lichte der Kostendämpfungsmaßnahmen für bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel durch Preismoratorium und Zwangsrabatt hält es der Bundesrat deshalb für angemessen, den Bestandsmarkt von der Nutzenbewertung bis zum Auslaufen dieser Maßnahmen auszunehmen“. Eine Ausnahme sollte lediglich für Arzneimittel gelten, die mit neuen Arzneimitteln, für die eine Nutzenbewertung durchgeführt wurde, in Konkurrenz stehen.


Kirsten Sucker-Sket