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Arzneimittel und Therapie
Klimakterium des Mannes: Hormone für den alternden Mann
Männer haben natürlicherweise höhere Estradiolspiegel als Frauen in der Postmenopause, denn Testosteron wird beim Mann durch das Enzym Aromatase am Ring A des Steroidgerüsts zu Estradiol metabolisiert. Vieles spricht dafür, daß beim Mann Estradiol in vielen Bereichen die eigentliche Wirkform des Testosterons darstellt. Männer mit normalen Testosteronspiegeln leiden zum Beispiel an einem Krankheitsbild, das einer Osteoporose ähnelt, wenn sie aufgrund eines Enzymdefekts der Aromatase kein Estradiol bilden können. Auch am zentralen Nervensystem und am Herz-Kreislauf-System wirkt Testosteron vermutlich nur dann schützend, wenn es zuvor in Estradiol umgewandelt wurde. Es gibt zahlreiche Einzelbeispiele, daß beim alternden Mann der Östrogenspiegel absinkt, allerdings nicht so stark wie der Testosteronspiegel. Derzeit ist noch unklar, ob es einen generellen altersabhängigen Östrogenabfall beim Mann gibt.
Gesicherter Nutzen als Antioxidans
Als gesichert gilt heute schon, daß Östrogene wahrscheinlich infolge ihrer antioxidativen Eigenschaften das Herz-Kreislauf-System und die Nervenzellen von Männern schützen können. Dadurch läßt sich zum Beispiel die Entstehung seniler Demenzen vom Alzheimer-Typ verzögern. Das klassische 17-Beta-Estradiol ist allerdings für Männer wenig geeignet, weil es das Wachstum der Prostata und des Brustgewebes stimuliert. Aus diesem Grund wurde 17-Alpha-Estradiol, das Epimer des 17-Beta-Estradiols, erprobt, bei dem am Kohlenstoffatom 17 die OH-Gruppe räumlich anders angeordnet ist. Das Molekül besitzt durch diese sterische Veränderung nur noch eine sehr schwache Affinität zum Östrogenrezeptor, wodurch sich die unerwünschten Nebenwirkungen an Brust und Prostata fast vollständig vermeiden lassen. Erste klinische Erfahrungen mit Männern im Alter von 52 bis 71 Jahren haben gezeigt, daß die tägliche Einnahme von zwei Milligramm 17-Alpha-Estradiol die Oxidation von LDL-Cholesterin deutlich hinauszögerte, ohne daß man feminisierende Nebenwirkungen beobachten konnte.
Scavöstrogene - Hormone als Radikalfänger in klinischer Erprobung
Ausgehend von der Leitsubstanz 17-Alpha-Estradiol wurde nach analogen Substanzen mit noch stärkerer antioxidativer Wirkung gesucht. Die auf diese Weise synthetisierten "Scavöstrogene" (= Östrogene mit "scavenging effect", Radikalfänger) J 861 und J 811 sind ebenso wie 17-Alpha-Estradiol bereits in der Phase der klinischen Erprobung. Die Scavöstrogene schützen wie die klassischen Östrogene die Zellmembranen vor oxidativem Streß, sind aber außerdem in der Lage, Enzymsysteme wie die Xanthinoxidase zu blockieren, die reaktive Sauerstoffspezies freisetzen.
Scavöstrogene wirken zudem im Tierversuch stärker neuroprotektiv als die klassischen Östrogene, ohne Nebenwirkungen an den Genitalien und der Brust zu verursachen. Bisher glaubte man, daß die Scavöstrogene nicht wie die klassischen Östrogene im Zellkern, sondern selektiv an den Zellmembranen angreifen. Diese Ansicht mußte vor kurzem revidiert werden: Im Tierversuch zeigte sich nämlich, daß Scavöstrogene im Gehirn in den Zellkernen die Expression östrogenabhängiger Gene stimulieren können. Der Mechanismus ist allerdings noch unbekannt.
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