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BPI-Studie
Hat das E-Rezept das Kaufverhalten bei OTC verändert?
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie hat Apotheker*innen, OTC-Hersteller und Kund*innen gefragt, welche Gründe für die Einlösung des E-Rezeptes in der Apotheke oder bei den Versendern ausschlaggebend sind. Zudem wollte man herausfinden, ob sich die Kaufgewohnheiten gegenüber OTC verändert haben.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat in Zusammenarbeit mit dem Gesundheits-Think-Tank „Loge8“ 222 Apotheken, 1284 Apothekenkund*innen und 58 OTC-Hersteller befragt. Mit den Befragungen sollte herausgefunden werden, inwiefern die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes zum Jahresbeginn 2024 das Kaufverhalten verändert hat – insbesondere mit Blick auf OTC-Produkte. „Wir gehen davon aus, dass das E-Rezept auch eine Verschiebung des OTC-Kaufes mit sich bringt. Um für unsere Mitglieder Strategien ableiten zu können, haben wir diese Untersuchung aufgesetzt, die wir im nächsten Jahr erneut durchführen wollen“, sagte die Geschäftsfeldleiterin Selbstmedikation beim BPI, Anja Klauke.
Gründe für die Bestellung bei Online-Versendern
Kund*innen, die ihr E-Rezept bei einem Online-Versender eingelöst hatten, wurden nach den Gründen dafür befragt. Von den 77 Personen, auf die dies zutraf, gab die Mehrheit (47 Prozent) an, dass sie nicht das Haus verlassen müssen, um an die benötigten Arzneimittel zu gelangen. Zweithäufigster Grund (37 Prozent) war die Option, OTC-Produkte versandkostenfrei mit bestellen zu können. 29 Prozent sehen einen Vorteil darin, dass andere Menschen nicht mitbekommen, welche Arzneimittel man benötigt. Auch die von den Versendern offerierten Bonus-Angebote haben 24 Prozent der Kund*innen zum Kauf bei ihnen animiert. Es konnten mehrere Gründe angegeben werden.
OTC-Hersteller schätzten die Motivation der Kund*innen ähnlich ein. Von ihnen nahmen 34 Prozent an, dass die bequeme Lieferung nach Hause der Hauptgrund für die Bestellung bei den Versendern sei. Allerdings sehen hier 27 Prozent die angebotenen Einlöse-Boni als Grund und nur 23 Prozent das versandkostenfreie Mitbestellen.
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Deutlich anders schätzten die befragten Apotheker*innen die Motivation für das Einlösen von E-Rezepten ein. Hier sehen 40 Prozent die offerierten Boni als Hauptgrund. 31 Prozent sehen die Möglichkeit zur Mitbestellung von OTC als Motivation bei ihren Kund*innen und nur 26 Prozent gehen davon aus, dass die Bequemlichkeit, nicht das Haus verlassen zu müssen, ausschlaggebend ist.
Das Diskretions-Argument wird sowohl von den OTC-Herstellern als auch den Apotheker*innen unterschätzt. Während 29 Prozent der befragten Kund*innen dadurch motiviert wurden, bei Versendern zu bestellen, sehen nur 15 Prozent der Hersteller und 13 Prozent der Apotheker*innen darin einen ausschlaggebenden Punkt.
Gründe für den Kauf in der Apotheke vor Ort
Auch 968 Kund*innen, die ihr E-Rezept in einer Apotheke vor Ort eingelöst haben, wurden zu den Gründen dafür befragt. Häufigster angenommener Grund ist das Vertrauen in die Apothekenteams: 70 Prozent gaben an, diese gut zu kennen und deshalb ihre Rezepte hier einzulösen. Zweithäufigster Grund für das Einlösen in der Apotheke ist die gute Beratung zu Gesundheits- und Arzneimittelfragen. Dass Arzneimittel noch am selben Tag bezogen werden können, animierte 27 Prozent der befragten Kund*innen zum Gang in die Apotheke vor Ort. 26 Prozent gingen davon aus, dass die Apothekenteams sie als Patient*innen gut kennen. Für 16 Prozent war es ausschlaggebend, dass in der Apotheke ihr Medikationsplan fachgerecht geprüft wird. Nur 5 Prozent gaben an, dass eine erwartete sofortige Belieferung des Rezeptes sie zum Weg in die Apotheke motiviert hatte.
Einführung am 1. Januar
Was verändert die E-Rechnung für die Apotheken?
Völlig anders schätzen OTC-Hersteller und Apotheker*innen die Beweggründe ein. Die meisten Hersteller (81 Prozent) nehmen an, dass Leute in die Apotheke vor Ort gehen, da sie hier sofort ihre verschriebenen Arzneimittel erhalten können. 78 Prozent sehen als wichtiges Argument, dass die Kund*innen ihre Apothekenteams gut kennen. 62 Prozent nehmen an, dass Kund*innen dadurch animiert wurden, dass Arzneimittel, die nicht unmittelbar verfügbar sind, in der Regel noch am selben Tag geliefert werden können. Die gute Beratung zu Gesundheits- und Arzneimittelfragen sehen 53 Prozent der OTC-Hersteller als Motivation. Die gute Kenntnis der Patient*innen gaben 43 Prozent als angenommene Motivation der Kund*innen an. Die Überprüfung des Medikationsplans spielt aus Sicht der Hersteller nur untergeordnet eine Rolle (25 Prozent).
Die Antworten der Apotheker*innen zur Frage, warum Kund*innen sie den Versendern bei der Rezept-Einlösung vorziehen, sind statistisch leider nicht sehr aussagekräftig. Hier wurden nahezu alle angegebenen Gründe (Kenntnis des Teams, Kenntnis der Patient*innen, gute Beratung, Arzneimittel sofort oder am selben Tag erhalten, Medikationsplan) von nahezu 100 Prozent der Befragten bejaht.
Werden zusätzlich OTC-Arzneimittel gekauft?
Die Studienautoren wollten zudem wissen, ob sich durch die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes das Kaufverhalten gegenüber OTC-Produkten verändert hat. Hier wurden 43 Kund*innen befragt, die ihr E-Rezept über einen Online-Versender eingelösten, ob sie zusätzlich OTC-Produkte dabei erworben hatten: Dies bejahten 37 Prozent – 61 Prozent enthielten sich, 2 Prozent verneinten diese Frage.
Auch 457 Kund*innen, die für das Einlösen des Rezeptes in die stationäre Apotheke gingen, wurden dazu befragt: 43 Prozent davon gaben an, zusätzliche OTC-Produkte dabei erworben zu haben – 48 Prozent enthielten sich, 9 Prozent verneinten.
Hier weichen die Einschätzungen der OTC-Hersteller ab. Zwar gaben 43 Prozent der Befragten an, dass Kund*innen bei der Einlösung eines E-Rezepts zusätzlich OTC erworben haben – zwischen Versendern und Apotheken wurde hier nicht unterschieden. Die Mehrheit (56 Prozent) der befragten Hersteller geht jedoch nicht von zusätzlichen OTC-Käufen aus.
Auch die Apotheker*innen zeichneten ein anderes Bild: 70 Prozent gaben an, dass Kund*innen zusätzlich zu den eingelösten E-Rezepten auch OTC erworben haben. Fast genauso viele (69 Prozent) gehen davon aus, dass auch die Kund*innen der Versender zusätzlich OTC mitbestellen.
Unterschiedliche Wahrnehmungen
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzender des BPI, Adam Faszbender, betonte vor allem die auffallenden Unterschiede zwischen den befragten Gruppen. So hatten sich vor allem in der Bewertung des Diskretionsarguments („niemand bekommt mit, welche Medikamente benötigt werden“) deutlich Unterschiede gezeigt. Apotheken und Hersteller unterschätzten dieses Argument offenbar.
Hinsichtlich der Möglichkeit zur sofortigen Belieferung überschätzen sowohl Apotheker*innen (97 Prozent) als auch OTC-Hersteller (81 Prozent) die Anziehungskraft der Vor-Ort Apotheke. Demgegenüber sehen nur 5 Prozent der Kund*innen eine sichere Sofortversorgung mit Arzneimitteln als Argument für den Gang in die stationäre Apotheke – die Lieferengpässe der vergangenen Jahre dürften maßgeblichen Einfluss auf diese Divergenzen gehabt haben.
Die Wirkung lockender Bonus-Angebote der Versender wird von Apotheken und Herstellern gegenüber den Aussagen ihrer Kund*innen ebenfalls überschätzt. Die mehrheitlichen Enthaltungen der Kund*innen von Apotheken und Versendern bei der Frage nach zusätzlich zum E-Rezept gekauften OTC lässt Fragen offen, die in zukünftigen Untersuchungen besser geklärt werden sollten.
Die Umfrage soll in diesem Jahr wiederholt werden. Die Untersuchungen können auch dazu dienen, divergierende Wahrnehmungen zwischen den unterschiedlichen Gruppen auszugleichen, sagte Vanessa Conin-Ohnsorge von der beteiligten „Loge8“: „Wir wollen die unterschiedlichen Perspektiven zusammenbringen. Was denken Konsumenten, was denken Apotheken und was denken Hersteller, wie das E-Rezept das Kaufverhalten von verschreibungsfreien Arzneimitteln beeinflussen wird. Wir werden dieses Stimmungsbild laufend aufmerksam verfolgen.“
3 Kommentare
Gräßlich
von Ed am 03.01.2025 um 15:55 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: p.s.
von Michael Weigand am 04.01.2025 um 10:57 Uhr
AW: Gräßlich
von Thomas Kerlag am 04.01.2025 um 14:19 Uhr
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