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- AZ 37/2002
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Kommentar
Nur Manövriermasse
Ein hässlicher Termin war das in der vergangenen Woche für die wahlkämpfende Bundesgesundheitsministerin. Ulla Schmidt (SPD) musste mitteilen, dass die gesetzlichen Krankenkassen nicht aus dem Minus kommen. Dabei war die Halbjahresbilanz noch nie so aussagekräftig, wie sie uns die Politiker glauben machen wollen. Regelmäßig verbuchen die Kassen in der zweiten Jahreshälfte durch höhere Tarifabschlüsse und Weihnachtsgeld Mehr-Einnahmen. Daher sind die Sommerzahlen eher eine Momentaufnahme.
Von längerer Dauer ist leider die erhebliche Belastung der Apothekerschaft, von den abgesenkten Festbeträgen zu Jahresbeginn bis hin zum höchst ärgerlichen sechsprozentigen Kassen-Zwangsrabatt und die großen Preissenkungen rund um die aut idem-Regelung. Zusammen mit der merkwürdigen 200 Millionen Euro-Einmalzahlung der Industrie wurde der Zuwachs bei den Arzneikosten dadurch gedämpft. Gleichwohl warf Schmidt den Ärzten einen Boykott ihrer Politik mit dem Rezeptblock vor. Das trifft den Kern aber nicht. Viele Mediziner verschreiben - getrieben von den jetzt abgeschafften Budgets - heute sehr preisbewusst, meiner Einschätzung nach preisbewusster als in früheren Jahren, wobei ihnen eine entsprechende Praxis-Software hilft.
Was bleibt sind die erodierenden Einnahmen der GKV als ein Hauptproblem. Von 4.018.000 Arbeitslosen gibt es eben nicht den vollen Betrag wie von Jobbesitzern. Noch mehr allerdings schlagen politisch erzeugte Probleme zu Buche. Die Gesundheitspolitiker langen seit Jahren ungeniert bei der GKV hin, wenn es gilt, anderswo Löcher zu stopfen.
Bekannt ist das längst, nicht erst die rotgrüne Regierung hat damit angefangen. Seit Jahrzehnten gibt es diese Übergriffe, die sich auf zweistellige Milliardenbelastungen summieren. So macht man ein System kaputt. Aber damit muss Schluss sein um die langfristige Stabilisierung der GKV anzugehen. Reformen statt Lyrik über das und kurzatmiger Eingriffe in das System tun not, damit die Krankenversicherung auch übermorgen noch bezahlbar bleibt und ihre Kernaufgabe erledigen kann: die Versorgung kranker Menschen zu sichern und nicht defizitäre öffentliche Haushalte zu sanieren.
Susanne Imhoff-Hasse
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