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Pressekonferenz zum Apothekertag: ABDA setzt auf Stärken der Präsenzapotheken
Mit einem "tiefblauen Auge" hätten die Apotheken die jahrelangen Reformierungen im Gesundheitswesen überstanden, begann ABDA-Präsident Hans-Günter Friese und lobte gleichzeitig die im weltweiten Vergleich nach wie vor hervorragende Qualität der Arzneimittelversorgung in Deutschland. Zusätzlich habe man eine pharmazeutische Offensive gestartet. Deren Inhalte gab Friese jedoch erst auf Befragen durch die Presse preis: Er nannte als tragende Säulen die zertifizierte Fortbildung, die Verbesserung der Kommunikationsleistung sowie das Pseudo-Customer-Modell, also die freiwillige Qualitätsüberprüfung der Beratungsleistung.
Ungleicher Wettbewerb - Patient hat das Nachsehen
Friese ging in seinem Statement vor der Presse auf alle GMG-bedingten Veränderungen in den Apotheken ein - OTC-Ausgrenzung, Grünes Rezept, Filialbesitzregelung, integrierte Versorgung usw., widmete sich jedoch besonders intensiv der Entwicklung des Versandhandels. Leicht spöttisch verwies er dabei auf den Jubel im Vorfeld und die Fehleinschätzung der Politik, den Arzneimittelversand als "allseligmachende Versorgungs- und Finanzierungslösung" zu sehen. Friese nannte Zahlen der AOK Baden-Württemberg, nach denen weit weniger als ein Prozent der Versicherten den Versandhandel in Anspruch nehmen und die durchschnittliche Einsparung bei einem Prozent liegt - was die GKV-Gesamtkosten gerade mal im Promillebereich berührt. Bedenklich seien jedoch die Probleme, die sich durch "Ausfransungen" des Versandhandels und das Verlassen kontrollierter Vertriebswege ergeben: Dubiose Internetapotheke und punktuelle Dumpingangebote würden, so Friese, die besondere Situation von schwer kranken Menschen ausnutzen.
Auf Nachfrage räumten Friese sowie ABDA-Geschäftsführer Rainer Braun ein, die ehemals von der Politik versprochenen "gleichen Wettbewerbsbedingungen" für Versand- und Präsenzapotheken - das Prinzip "gleich langer Spieße" - sei nicht erfüllt worden. Darüber hinaus habe die neue Wettbewerbssituation mit ihren politisch gewollten Veränderungen den Patienten zum Verlierer gemacht: Zum Beispiel darf nun die Belieferung des ärztlichen Rezepts - damit der Versandhandel mithalten kann - zwei Tage dauern (vorher war sie unverzüglich auszuführen). "Unwuchten" ergeben sich außerdem daraus, dass die Präsenzapotheken Nachtdienst leisten und Rezepturen ausführen müssen - zu einem Stundenlohn, der nur halb so hoch ist wie der eines Automechanikers.
Mit der Situation abgefunden?
Nein, die ABDA habe sich mit den ungleichen Wettbewerbsbedingungen nicht abgefunden und es gebe auch keine Akzeptanz der Auswüchse, betonte Friese auf Fragen der Pressevertreter. Gegen jede einzelne Bedrohung werde die ABDA politisch, fachlich, markttechnisch und juristisch angehen, sagte Friese. Nicht aktiv werde die ABDA jedoch in der Frage, ob der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erneut auf den Prüfstand gehöre, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hierfür nationale Regelungen zugelassen habe. Die Politik habe der ABDA eindeutig signalisiert, dass es "im Bereich des GMG kein Aufschnüren" geben werde, sagte Friese. Man setze eindeutig darauf, dass die Präsenzapotheken ihre Stärken am Markt beweisen werden, versicherte der ABDA-Präsident der Presse. "Wir pushen unsere Stärken im Wettbewerb, nämlich Schnelligkeit, Kompetenz, Nähe zum Verbraucher - individuelle Versorgung bis hin zum Krankenbett." Man wolle den Patienten durch Dienstleistung überzeugen und ihm klar machen, dass nicht nur der Preis zählt. Man habe allen Grund, selbstbewusst und optimistisch in die Zukunft zu schauen, stellte Friese fest, wirkte beim Ablesen seines Statements jedoch ziemlich bemüht und leidenschaftslos. Der Gesundheitsmarkt sei weiterhin ein Wachstumsmarkt, tüchtige Apothekerinnen und Apotheker werden sich in jedem pharmazeutischen Berufsfeld mit ihrer Kreativität den wandelnden Gegebenheiten erfolgreich anpassen. "Jetzt erst recht" bzw. "Das packen wir noch mal an" - das seien Sätze, die Friese als "Ruck" in der Kollegenschaft empfinde. Da sich viele 30- bis 40-Jährige, die noch eine lange Berufszeit vor sich haben, nun in der Standespolitik engagieren, sei ihm "nicht bange" vor der Zukunft.
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