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- AZ 31/2006
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Betriebserlaubnis an DocMorris nichtig?
Die Chronologie des Falls Hecken/DocMorris: Am 29. Juni hatte der saarländische Minister ohne Anhörung von Apothekerkammer und ehrenamtlichen Pharmazieräten und gegen beträchtlichen Widerstand im eigenen Ministerium DocMorris eine Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke in der Saarbrücker Kaiserstraße erteilt – und dies, obwohl es sich bei dem niederländischen Arzneimittelversender um eine Aktiengesellschaft handelt. Die Erlaubniserteilung wurde (und wird) von einer lautstarken und engen PR-Aktion des Ministers mit DocMorris begleitet. Bereits zum 1. Juli konnten die Niederländer ihre neue "Vor-Ort-Apotheke" eröffnen.
Klarer Verstoß gegen deutsches Apothekenrecht
Das Zusammenwirken von Antragsteller und Erlaubnisbehörde musste umso mehr erstaunen, als nach dem eindeutigen Wortlaut des deutschen Apothekenrechts eine Apothekenbetriebserlaubnis ausschließlich einer natürlichen Person erteilt werden darf, die über eine Approbation als Apotheker oder das entsprechende Diplom eines EU-Mitgliedstaates verfügt. Einer Kapitalgesellschaft darf eine Apothekenbetriebserlaubnis in Deutschland nicht erteilt werden.
Seinen Rechtsbruch begründete der saarländische Justiz-(!) und Gesundheitsminister mit in Aussicht gestellten 300 DocMorris-Arbeitsplätzen und einem ministeriell in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten, in dem das bestehende apothekenrechtliche Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland für europarechtlich obsolet erklärt wird.
Inzwischen hat das Ministerium nach Androhung einer presserechtlichen Auskunftsklage zwar den Autor der Expertise mitgeteilt (vgl. Kasten) – das Rechtsgutachten selbst wird jedoch weiterhin unter Verschluss gehalten. Nur ausgewählten Journalisten soll es, wie Pressesprecher Stephan Kolling andeutete, vorab zur Verfügung gestellt werden. Im Übrigen lädt das Trio Hecken/Gutachter Streinz/DocMorris-Chef Däinghaus am 9. August zu einer Pressekonferenz in die Landesvertretung des Saarlandes.
"Nur" rechtswidrig oder nichtig?
Am gleichen Tag wird auch das Landgericht Saarbrücken seine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verkünden. Im Mittelpunkt steht dabei die wettbewerbsrechtliche Folgewirkung des Verhaltens Heckens. Aufgrund der von einer Saarbrücker Apothekerin eingereichten Klage ist vom Gericht zu klären, ob die Erteilung der Betriebserlaubnis an die DocMorris AG nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig ist, weil ihr die Illegalität "auf der Stirn geschrieben steht". In diesem Fall würde die von DocMorris in Saarbrücken übernommene Apotheke ohne Betriebserlaubnis (und nicht "nur" aufgrund einer rechtwidrigen Erlaubnis) betrieben.
Dass ein Verwaltungsakt "nichtig" ist, wird von der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen, d. h. bei einem evidenten Gesetzesverstoß, angenommen. Voraussetzung ist hierfür nach § 44 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, dass die Betriebserlaubnis, d. h. der Verwaltungsakt unter einem "besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist". Allein eine "bloß" rechtswidrige Betriebserlaubnis begründet dagegen noch keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch.
Vor diesem Hintergrund war bereits die Anberaumung der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht und die Feststellung der Vorsitzenden Richterin, dass die Kammer hinsichtlich der Nichtigkeit der Betriebserlaubnis noch zu keiner endgültigen rechtlichen Beurteilung gekommen ist, für Hecken und sein Ministerium eine schallende Ohrfeige. Der Fall Hecken/DocMorris zieht damit immer weitere Kreise.
Offener Rechtsbruch
Während der Verhandlung richtete der Prozessvertreter der klagenden Apothekerin, Rechtsanwalt Heinz-Uwe Dettling, scharfe Angriffe gegen das rechtsstaatswidrige Vorgehen des zuständigen Ministeriums. Die Behörde und ihr Minister, so Dettling, hätten keine Fachentscheidung getroffen, sondern mit ihrem offenen Rechtsbruch einen "politischen Gewaltakt" vollzogen. Unter Berufung auf ein dubioses europarechtliches Geheimgutachten sehenden Auges geltendes deutsches (Apotheken-) recht außer Kraft zu setzen, sei ein einmaliger Vorgang in der Bundesrepublik Deutschland. Dies gelte umso mehr, als Rechtsprechung und mehrere Rechtsgutachten in der Vergangenheit das geltende Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland für verfassungsmäßig und europarechtskonform erklärt hatten. Hecken, so Dettling in seinem engagierten Statement, verstoße mit seinem Verhalten evident gegen das Prinzip der grundgesetzlich verankerten Bindung der Exekutive an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG).
Mithilfe bezahlter Parteigutachten die Geltung deutscher Rechtsvorschriften außer Kraft setzen zu wollen, sei ein skandalöser Vorgang. Die Feststellung, ob ein deutsches Gesetz gegen geltendes Europarecht verstößt, obliege nämlich allein dem Europäischen Gerichtshof: "Wollte man jeder Behörde eine Nichtanwendungskompetenz zubilligen", so Dettling, "wäre unser Rechtssystem und das Rechtsstaatsprinzip ad absurdum geführt." Vor diesem Hintergrund entbehre die von Hecken erteilte Betriebserlaubnis jedweder rechtlichen Grundlage. Deshalb werde die DocMorris-Apotheke in Saarbrücken ohne die erforderliche Betriebserlaubnis betrieben, so dass sie umgehend geschlossen werden müsse.
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