DAZ aktuell

Kein Rabatt auf Blister-Arznei

LG Ulm: Preisbindung gilt auch für neu verblisterte Fertigarzneimittel

BERLIN (jz). Pharmahersteller dürfen Apotheken auf Fertigarzneimittel zur Herstellung von patientenindividuellen Arzneimittelblistern keine Rabatte gewähren. Das Landgericht Ulm untersagte der Firma Ratiopharm Vertragsklauseln, nach denen die Preise für die gelieferten Fertigarzneimittel frei verhandelbar sein sollten. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung muss das Unternehmen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro zahlen. (Landgericht Ulm, Urteil vom 27. August 2012, Az. 4 O 53/12 – nicht rechtskräftig)

In der Vertragsklausel hieß es konkret, die Preise für die gelieferten Fertigarzneimittel zur Herstellung von patientenindividuellen Blistern seien "entsprechend der Arzneimittelpreisverordnung frei verhandelbar". Darin sah die Wettbewerbszentrale einen Verstoß gegen die Preisbindung (§ 78 Abs. 3 AMG und § 1 AMPreisV) – und klagte. Ratiopharm wiederum meinte, es greife die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV, wonach die Arzneimittelpreisbindung nicht für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen gilt.

Das Landgericht schloss sich der Auffassung der Wettbewerbszentrale an und untersagte dem Unternehmen sein Geschäftssystem. Hersteller und Apotheken hätten bei der Abgabe von Rx-Fertigarzneimitteln an Endverbraucher einheitliche Abgabepreise zu gewährleisten. Für Preisverhandlungen, Zugaben, Skonto oder sonstige Rabattgewährungen bestehe kein Handlungsspielraum, heißt es im Urteil unter Verweis auf die Rechtsprechung.

Nach Auffassung des Landgerichts gab Ratiopharm auch keine "Teilmengen" im Sinne der Ausnahmevorschrift ab. "Von einer Teilmenge wäre nur dann auszugehen, wenn bereits in der ärztlichen Verordnung lediglich eine Teilmenge verschrieben würde", führt die Richterin in ihrem Urteil dazu aus. Vorliegend würden aber gerade nicht ärztlich verordnete jeweils unterschiedliche Teilmengen, sondern normale ärztliche Verordnungen von Fertigarzneimitteln abgegeben und entsprechend der Preisbindung mit den Kassen abgerechnet. Es werde außerdem die gesamte verschriebene Menge abgegeben. Bei der Verblisterung werde jeweils mitgezählt, wann die in der Packung enthaltenen Tabletten verbraucht sind – und erst daraufhin ein neues ärztliches Rezept angefordert.

Die von Ratiopharm den Apotheken angebotene Möglichkeit zu Preisverhandlungen bezwecke wirtschaftlich eine Unterschreitung des vorgegebenen Preises, heißt es im Urteil – das heble jedoch Sinn und Zweck der Preisbindung aus. Die gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung werde gefährdet, wenn es "wegen freier Verhandelbarkeit der Preise für Fertigarzneimittel zu einem Wettbewerb nicht nur unter den Apothekern/Apotheken, sondern auch unter den Herstellern kommt". Die Richterin verwies in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 22. August, wonach "Rabattschlachten" zum Schutz der Patienten verhindert werden sollen.



DAZ 2012, Nr. 38, S. 22

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