Gesundheitspolitik

Absage an die Impfpflicht

Alle Initiativen im Bundestag gescheitert / Neue Impfkampagne geplant

ks | Seit vergangenem Donnerstag steht fest: Eine COVID-19- Impfpflicht wird es in Deutschland nicht so schnell geben. Bei der Abstimmung im Bundestag erreichte keine der vorliegenden Initiativen eine Mehrheit. Damit gibt es auch keine Impfberatungs­pflicht und kein Impfregister. Wie geht es nun weiter?

Lange und emotional debattierten die Abgeordneten im Deutschen Bundestag über eine mögliche Einführung der Impfpflicht. Kurz zuvor hatten sich die Befürworter der Impfpflicht ab 18 Jahren, zu denen neben dem Bundesgesundheits­minister und dem Bundeskanzler u. a. Janosch Dahmen (Grüne) und Kathrin Helling-Plahr (FDP) zählten, und die Befürworter einer Aufklärungspflicht plus optionaler Impfpflicht ab 50 Jahren zusammengetan. Sie legten einen neuen gemeinsamen Entwurf vor, um ihre Chancen auf eine Mehrheit zu er­höhen – dabei zielten sie klar auch auf Stimmen aus der Union ab. Der Gesetzentwurf sah eine Impfpflicht ab 60 Jahren zum 15. Oktober 2022 vor. 18- bis 59-Jährige sollten sich bis spätestens 15. Oktober einer Impfberatung unterziehen. Auch der Aufbau eines Impfregisters war geplant – so wie es die Union in ihrem Antrag ebenfalls forderte. Doch die CDU/CSU-Fraktion ließ sich nicht überzeugen und beharrte auf ihrem Antrag. Am Ende gab es keinen Gewinner.

Über alle vier Initiativen wurde namentlich abgestimmt (zwei weitere zielten darauf ab, eine Impfpflicht abzuwenden, einer stammte von der AfD, ein anderer kam aus einer Gruppe um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki). Zwar fand der Kompromissvorschlag einer Ü-60-Impfpflicht die meisten Fürsprecher – aber eben keine Mehrheit: dafür stimmten 296 Abgeordnete, dagegen votierten 378. Neun Parlamentarier enthielten sich. Alle anderen Vorlagen schnitten weit schlechter ab.

Und was passiert nun?

Zwar klang Minister Karl Lauterbach (SPD) im ersten Impuls noch so, dass ein neuer Anlauf unternommen werden könnte. Am Freitag nach der Abstimmung sagte er allerdings, dass das Scheitern des Kompromissentwurfs „eine klare und bittere Niederlage“ sei – auch für ihn. Es sei allerdings ein Ergebnis, mit dem man leben müsse. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz bedauerte das Scheitern einer allgemeinen Corona-Impfpflicht, sieht aber keine Basis für einen erneuten Anlauf. Janosch Dahmen hält das Thema nun ebenfalls für „abgehakt“. Lauterbach stimmte bereits wieder auf stärkere Schutzmaßnahmen im Herbst ein – das Infektionsschutzgesetz werde dann noch einmal angepasst werden – zumal die derzeitigen Regelungen im September auslaufen sollen. Und er betonte: „Der Spielraum für Lockerungen ist komplett aufgebraucht“. Zugleich kündigte er eine neue und kreative Impfkampagne an, die sich gezielt an diejenigen richten soll, „die zwar bisher sich nicht haben impfen lassen, aber im Prinzip bereit sind“. Konkret im Auge hat Lauterbach dabei insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund. |

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