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Österreich
Streit zwischen Apothekern und Ärzten mit eigener Hausapotheke eskaliert
Während die Ärzte die Arzneimittelversorgung durch die Schließung von Hausapotheken in ernster Gefahr sehen, sind die Apotheker der Meinung, dass die Abgabe von Arzneien sowieso nicht zu den Aufgaben eines Arztes gehört.
In Österreich dürfen Ärzte, wenn eine öffentliche Apotheke vor Ort aus wirtschaftlichen Gründen nicht überlebensfähig ist, vor Ort eine Hausapotheke führen. Eine neu verhandelte Arzneimittelgesetz-Novelle von 2006 fordert jedoch einen Mindestabstand zur nächsten öffentlichen Apotheke von mindestens sechs Kilometern. Ist der Abstand auch nur einen Meter weniger, muss die Praxis die Hausapotheke schließen, sobald der alte Inhaber in Pension geht. Im Rahmen der Regelung müssten in den nächsten Jahren mehr als 100 Hausapotheken schließen.
Die österreichische Ärztekammer hat schon vor einer ganzen Weile Alarm geschlagen, dass die neue Regelung zu einer ernsthaften Bedrohung für die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten werden könnte. So würde sich die Übernahme einer Praxis für den neuen Landarzt finanziell nicht mehr rechnen, wenn er die Hausapotheke schließen müsse. Die Folge wäre dann ein kompletter Wegfall der ärztlichen Versorgung in der betreffenden Gegend. Praktisch gehen viele Mediziner das Problem auf ihre Weise an, was zum Teil zu skurrilen Lösungen geführt hat. So sind Ärzte beispielsweise in einen Container außerhalb der Gemeinde umgesiedelt, um den erforderlichen Abstand ihrer Hausapotheke zur nächsten öffentlichen Apotheke wieder herzustellen.
Eine neue Umfrage bei 120 Patienten in Regionen, in denen Hausapotheken schließen mussten, hat den Medizinern nun neue Argumente im schwelenden Streit an die Hand gegeben. So sei das geforderte Medikament bei mehr als der Hälfte der Patienten in der nächsten Apotheke gar nicht vorrätig gewesen. Knapp mehr als die Hälfte der Befragten sagte außerdem, dass sich die Versorgung mit rezeptpflichtigen Medikamenten in ihrem Ort "sehr verschlechtert" hätte. Außerdem würden es die meisten Patienten für sinnvoll halten, wenn der Hausarzt die Medikamente beim Hausbesuch gleich mitbringen könnte.
"Das ist doch Auftragsarbeit", wetterte der Präsident der österreichischen Apothekerkammer, Werner Luks, angesichts der Umfrage. Der Ärztekammerpräsident führe einen permanenten Wahlkampf. Die "Abgabe von Pulverln" gehöre nicht zu den Aufgaben eines Hausarztes. Zudem würden die kundenfreundlichen Öffnungszeiten, die fachliche Beratung und die Produktvielfalt in der öffentlichen Apotheke im Vergleich zu einer kleinen ärztlichen Hausapotheke von den Kunden sehr geschätzt. Dass nicht immer alles vorrätig sei, räumte auch Luks ein, als Beleg dafür, dass die öffentlichen Apotheken nur eine unzureichende Versorgung böten, könnte dies aber nicht dienen: "Selbst in der in der größten Apotheke der Welt, im Wiener AKH, ist nicht jede Arznei lagernd. Innerhalb weniger Stunden wird jedoch jedes Medikament geliefert."
Berlin - 22.07.2009, 13:18 Uhr