Rückruf von Clopidogrel-Generika

National zugelassene Clopidogrel-Generika weiter im Handel

Stuttgart - 07.04.2010, 14:34 Uhr


Das parallele Existieren von zentral auf EU-Ebene zugelassenen und national zugelassenen Clopidogrelbesilat-Generika führt zur folgenden paradoxen Situation:

Zentral zugelassene Clopidogrelbesilat-Präparate der Firma Acino und seiner Vermarktungspartner Hexal, Sandoz, A1 und Ratiopharm, deren Wirkstoff von dem indischen Wirkstoffhersteller Glochem Visakhapatnam stammt, müssen aufgrund eines EU-Kommissionsbeschlusses bis hin zur Apothekenebene zurückgerufen werden. Bei der Inspektion des indischen Herstellungsbetriebes waren mehrere GMP-Verstöße aufgefallen, die von dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) in einem Fall als kritisch, in acht weiteren Fällen als schwerwiegend eingestuft worden sind. Als kritisch wurde der Fund von Chargenherstellungsprotokollen am Festabfallplatz eingestuft, die zur Entsorgung vorgesehen waren. Zu den schwerwiegenden Mängeln zählten die fehlende Einrichtung eines Qualitätssicherungssystems, die Nichteinhaltung grundlegender GMP-Anforderungen an Räumlichkeiten und Ausrüstung, eine schlechte vorbeugende Wartung sowie Bedenken in Bezug auf den Umgang mit Lösungsmitteln. Zudem sollen die Reinigungsverfahren für Räumlichkeiten und Ausrüstungen nicht dazu geeignet gewesen sein, Kontaminationen und Kreuzkontaminationen auszuschließen.

Vor diesem Hintergrund hatte der CHMP den vorsorglichen Rückruf bis auf Apothekenebene empfohlen. Darüber hinaus hatte er geraten, die Betriebsstätte Glochem Visakhapatnam von der Liste der genehmigten Standorte für die Lieferung des Wirkstoffs Clopidogrel zu streichen. Damit war der CHMP zu einem anderen Schluss gekommen, als die durchführenden und für den Bericht verantwortlichen Inspekteure. Sie hatten keine Notwendigkeit für einen Rückruf gesehen. Diese Einschätzung teilen nach DAZ-Informationen bislang auch noch die Überwachungsbehörden der Länder. Da das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach eigenen Angaben in dieser Frage nicht zuständig ist, obliegt die Entscheidung über einen Rückruf den zuständigen Überwachungsbehörden der Länder.

Mehr zu den Hintergründen der unterschiedlichen Bewertungen finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung.


Dr. Doris Uhl