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Versorgungsgesetz
Kassen warnen vor Millionen-Plus für Ärzte
Die nächste Gesundheitsreform von Minister Philipp Rösler (FDP) könnte die Beiträge nach Ansicht von Krankenkassen erneut in die Höhe treiben. Mit dem geplanten Versorgungsgesetz will die Koalition unter anderem dem Ärztemangel in ländlichen Regionen begegnen.
„Wir müssen dafür sorgen, dass es wieder mehr Ärzte gibt“, sagte Rösler in der „Welt“. Heute sei es so, dass Ärzte, die mehr als eine bestimmte Zahl an Patienten behandeln, weniger Geld pro Patient bekommen. In Gebieten mit Ärztemangel dürfe es dies nicht mehr geben.
Der Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, betonte hingegen: „Wir haben in überversorgten Gebieten 25.000 niedergelassene Ärzte zu viel und in Mangelregionen lediglich 800 niedergelassene Ärzte zu wenig. Offensichtlich haben wir ein Verteilungs- und kein Mengenproblem.“ Anreize für Hausärzte in dünn besiedelten Gebieten seien wünschenswert. „Doch Zuschläge in potenziellen Mangelregionen müssen mit Abschlägen in Gebieten mit zu vielen Ärzten einhergehen.“
Davon ist in den bisherigen Koalitionsplänen nicht die Rede. Dagegen sind Mehrausgaben geplant. „Krankenhäuser in unterversorgten Gebieten sollen einen finanziellen Anreiz dafür bekommen, wenn sie Assistenzärzte in der Allgemeinmedizin ausbilden“, sagte Rösler. Zudem sollen Obergrenzen der Kassenausgaben für Zahnärzte aufgehoben werden – das kostet laut Koalitionskreisen einen dreistelligen Millionenbetrag.
Ein der dpa vorliegendes Positionspapier sieht auch mehr Förderung für Ärzte vor, die in überversorgten Städten ihre Praxis aufgeben. Die Ärzteverteilung soll besser geplant, die Zusammenarbeit von Kliniken und Ärzten verbessert werden.
Bis zu 20 000 Ärzte werden nach Schätzungen in den kommenden Jahrzehnten fehlen, wenn es keine Reform für Praxen und Kliniken gibt. Über die Gesetzespläne verhandeln Union und FDP erneut im März, parallel laufen Verhandlungen des Rösler-Ressorts mit den Ländern.
Stackelberg forderte: „Es braucht insgesamt nicht mehr Geld für Ärztehonorare, sondern eine bessere Verteilung innerhalb der Ärzteschaft.“ Nach Angaben des Kassenverbands kommen die Ärzte in diesem Jahr im Schnitt auf 169.000 Euro nach Abzug der Praxiskosten, vor Steuern, inklusive Einnahmen von Privatpatienten. 2010 waren es 5.000 Euro weniger. Von den gesetzlichen Kassen bekommen die Ärzte 2011 rund 33,4 Milliarden Euro, 1,3 Milliarden mehr als 2010.
AOK-Vizechef Jürgen Graalmann sagte dem „Handelsblatt“: „Wir haben darauf vertraut, dass die Union ihre Ankündigung einhalten wird, die Beitragszahler nicht für zusätzliche Honorarerhöhungen bei Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern zu belasten.“ Die Union knicke vor der Ärztelobby ein.
Der Chef des Ersatzkassenverbands vdek, Thomas Ballast, mahnte: „Es gab noch nie so viele Ärzte wie im Moment.“ Deren Zahl sei von 1993 bis 2009 von 104.600 auf 137.400 gestiegen. Er forderte, Ärzte mit Kassenzulassung müssten auch stets Kassenpatienten behandeln. Als Negativbeispiel nannte er die Empfehlung eines Ärzteverbandes an Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Sprechstunden für Kassenpatienten zu reduzieren, um mehr fragwürdige Privatleistungen verkaufen zu können.
Laut einer Studie des Instituts IGES im Auftrag der Kassen verdienen Ärzte im Schnitt einen höheren Reinertrag, als dies von Ärzte- und Kassenorganisationen vereinbart wurde.
Berlin - 28.02.2011, 15:12 Uhr