Landtagswahl in Schleswig-Holstein

Grüne: Für Pick-up in Drogerien

Berlin - 03.05.2012, 12:22 Uhr


Das „Arbeitsprogramm“ der schleswig-holsteinischen Grünen thematisiert unter anderem die Suchtbekämpfung und den Stellenwert alternativer Heilverfahren. Auf weitere apothekenrelevante Punkte, wie den Arzneimittelversandhandel oder die Medikamentenversorgung in ländlichen Gebieten, gehen die Grünen nicht genau ein. Deshalb hat DAZ.online nachgefragt. Denn am Sonntag wird in Schleswig-Holstein eine neue Landesregierung gewählt.

In dem „Arbeitsprogramm“ ist unter der Überschrift „Sucht effektiver bekämpfen“ folgende Textpassage zu finden: „Wir unterstützen ausdrücklich die Substitution für opiatabhängige Menschen und setzen uns für die Behandlung mit Diamorphin (Heroin auf Rezept) ein“. Süchtige sollten nicht kriminalisiert werden. Vielmehr sei der illegale Drogenverkauf effektiv zu bekämpfen und die Präventionsarbeit zu verstärken. Die Grünen fordern „die Anhebung der geringen straffreien Menge bei Cannabisprodukten und unterstützen die Einführung eines Pilotprojektes in Kiel zur geregelten Abgabe von Cannabis durch Fachverkäufer/innen in Apotheken.“ Daraus lässt sich ableiten, dass Apotheker in der Drogenpolitik der Grünen eine zentrale Rolle spielen.

Weiter spricht sich die Partei in ihrem Programm für die Therapievielfalt als hohes Gut aus: „Komplementärmedizin, Naturheilverfahren und Homöopathie haben neben der Schulmedizin ihre selbstverständliche Berechtigung.“ 

Dr. Marret Bohn, sozialpolitische Sprecherin der Grünen in Schleswig-Holstein, erklärt DAZ.online, es gebe in Schleswig-Holstein punktuelle Probleme bei der Arzneimittelversorgung, z. B. bei der Nacht- und Wochenendversorgung im ländlichen Raum. Deshalb „brauchen wir differenzierte regionale Lösungsansätze. Wir begrüßen die Initiative von Apotheken, im ländlichen Raum Medikamente an Patienten/innen zu liefern, damit die Versorgung gewährleistet ist“, sagt Bohn.

Wenn es nach den Grünen geht, bleibt der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erlaubt: „Wir sehen derzeit keinen Grund für eine Gesetzesänderung“, bezieht Bohn gegenüber DAZ.online Stellung. Die Arzneimittelsicherheit sei durch strenge Auflagen gewährleistet. Sie erklärt: „Arzneimittelfälschungen sind ein Problem des unkontrollierten und illegalen Internethandels und nicht des Vertriebs über zugelassene Versandapotheken. Durch ein Versandhandelsverbot sind sie nach unserer Einschätzung nicht in den Griff zu bekommen.“

Pick-up-Stellen seien eine legale Variante des Versandhandels, betont die Grünen-Sprecherin. Allerdings sollten die Abholstellen gesetzlichen Qualitätsanforderungen unterworfen werden. Deshalb schlagen die Grünen vor, die Einrichtung von Pick-up-Stellen auf Drogeriemärkte zu beschränken. „Diese unterliegen der amtlichen Arzneimittelüberwachung. Tankstellen sind aus Grüner Sicht keine geeigneten Abgabestellen“, so Bohn.

Die Grünen zeigen sich gegenüber DAZ.online offen für neue Geschäftsmodelle bei Apotheken: „Franchise-Systeme, Versandapotheken und die Beteiligung von Drogerie-Discountern am Arzneimittelhandel sind Teil der Versorgungsrealität. Es bestehen Einkaufsverbünde und andere Kooperationen, die immer mehr Ähnlichkeit mit Ketten haben - mit Ausnahme des Besitzverhältnisses. Wir sind dafür, das Apothekenrecht so weiterzuentwickeln, dass die Versorgungssicherheit und der Patientenschutz auch unter veränderten Rahmenbedingungen gewährleistet werden können.“

Auf die Frage der DAZ.online-Redaktion „Warum sollten Apotheker in Schleswig-Holstein die Grünen wählen?“ lautete die Antwort: „Weil wir bereit sind, uns auch schwierigen Fragen zu stellen und vor der Wahl nichts versprechen, was wir hinterher nicht halten können. Weil wir das Gesundheitssystem zuerst vom Patienten her denken und Patientenrechte, Information und Mitbestimmung stärken wollen. Und weil wir offen sind für Diskussionen mit der Bevölkerung und der Fachwelt – gern auch mit den Apothekern/innen in Schleswig-Holstein. Dieses Angebot gilt übrigens unabhängig vom Ausgang der Wahl.“


Svenja Schwob