Synthetische Biologie

Virusresistente Menschen dank Gentechnik?

08.02.2013, 09:48 Uhr


Der an der Harvard-Universität in Boston wirkende ­Genetiker ­George Church ­plädiert dafür, das Genom von Menschen gezielt zu verändern. So könnten virusresistente Menschen geschaffen werden, und der Neandertaler könnte gewissermaßen ins Leben zurückgeholt werden.

Church entwickelt derzeit eine Technik, in vitro kultivierte menschliche Zellen mit dem Erbgut des Neandertalers auszustatten. Wenn dies gelungen ist, will er aus ihnen Embryonen schaffen, um sie per In-vitro-Fertilisation einer „abenteuerlustigen“ Leihmutter einzupflanzen, die den ­ersten Neandertaler-Klon zur Welt bringen soll. Auf diese Weise könnte eine ganze Gesellschaft von Neandertalern neu entstehen.

Irgendwann, so Church, werden die ­Biotechniker auch das Erbgut des heutigen Menschen gezielt manipulieren, z.B. um ihn resistent ­gegen pathogene Viren zu ­machen. So ließe sich die ­gesamte Menschheit in wenigen Generationen von allen viralen Infektionskrankheiten befreien. Auch ein normales Durch­schnittsalter von 120 Jahren wäre dank Genmanipulation möglich.

Church, der auch an dem Human Genome Project führend beteiligt war, hat mit anderen Pionieren der synthetischen Biologen ein Manifest verfasst, in dem es heißt, das Leben sei „nichts anderes als ein Baukasten voller Biobausteine“. Die synthetischen Biologen seien Ingenieure, die aus diesen Bausteinen in „Präzisionsarbeit“ immer neue „Biomaschinen“ (Lebewesen) konstruieren. Dabei machen sie auch vor sich selbst, der Biomaschine „Homo sapiens“, nicht halt. Irgendwelche Skrupel, den Menschen zu verändern, empfindet Church nicht, denn eine ­natürliche Spezies ist in der Biologie schon seit Langem nichts Statisches mehr, sondern etwas, was sich ständig verändert.

Insbesondere werde die synthetische Biologie „nahezu alle industriellen Bereiche durchdringen“, sagte Church kürzlich in einem Interview mit dem „Spiegel“ voraus. Gegen die genetische Manipulation von Mikroorganismen dürfen wohl die wenigsten Menschen Bedenken tragen. 

 

Quelle: Der Spiegel 3/2013, S. 110 ff.


Dr. Wolfgang Caesar