Zulassung von Arzneimitteln

Kassenüberschüsse für unabhängige Studien?

Bonn/Berlin - 10.04.2013, 09:06 Uhr


Ein Hirnforscher aus Bonn hat die Zulassungsstudien für Arzneimittel in Deutschland scharf kritisiert. Damit könnten Pharma-Unternehmen den Mehrwert eines neuen Medikaments gegenüber einem schon vorhandenen bei der sogenannten Nutzenbewertung nach der Zulassung gar nicht nachweisen, sagte Prof. Christian Elger. Er fordert unabhängige klinische Studien.

Mit den verfügbaren Daten aus den Zulassungsstudien sei der erforderliche Mehrwert „nicht beweisbar“, meinte Elger, Direktor der Klinik für Epileptologie. Dafür seien vergleichende Studien nötig, für die man etwa auf dem Gebiet der Epilepsie Jahre brauche. So scheiterten viele Arzneimittel-Entwicklungen. „Es wird ein Medikament nach dem anderen abgeschossen.“ Auf seinem Gebiet seien zuletzt zwei Medikamente nicht umgesetzt worden, weil ihre Nutzenbewertung negativ ausgefallen sei. So hat etwa GlaxoSmithKline Trobalt® (Retigabin) vom deutschen Markt genommen. Und auch Eisais Fycompa® (Perampanel) fiel beim für die Nutzenbewertung zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) durch.

Der G-BA räumte ein, am Beispiel der Antiepileptika werde klar, „dass ein deutlicher Verbesserungsbedarf bei den klinischen Studien vor der Zulassung“ bestehe. Viele Studien würden derzeit noch mittels Placebo-Vergleich durchgeführt, „also ohne eine Vergleichsgruppe, die mit dem Versorgungsstandard behandelt wird“, so G-BA-Chef Josef Hecken. Aussagen zum Stellenwert der neuen Wirkstoffe in der Versorgung und zum Zusatznutzen seien auf dieser Studiengrundlage nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.

Der G-BA berate Pharma-Unternehmen in Abstimmung mit den Zulassungsbehörden inzwischen sehr früh in der Entwicklung neuer Arzneimittel zum Studiendesign, so Hecken – mit dem Ziel, die Aussagekraft der Studien, die Sache der Industrie seien, zu steigern. Hirnforscher Elger fordert dagegen unabhängige klinische Studien, die über eine Stiftung finanziert werden sollten. Diese könnte seiner Ansicht nach aus Überschüssen der Krankenkassen gespeist werden. „Eine solche Studienkultur gibt es in Deutschland nicht, weil Studien sehr sehr teuer sind“, sagte der Forscher. Durch sie könnten nach Elgers Einschätzung aber Millionen Euro eingespart werden.


dpa/DAZ.online