- DAZ.online
- News
- LAV erzürnt über ...
Impfstoffversorgung in Baden-Württemberg
LAV erzürnt über konspirative Kassen und Ärzte
In Baden-Württemberg geht der Streit um die Umsetzung der Impfstoffrabattverträge in eine neue Runde. Auf der einen Seite stehen die AOK Baden-Württemberg – federführend für alle Kassen im Ländle – und die Kassenärztliche Vereinigung, auf der anderen der Landesapothekerverband (LAV). Die Apotheken sollen seit Jahresbeginn produktneutrale Verordnungen beliefern – der LAV sieht darin einen Verstoß gegen geltendes Recht und will die Angelegenheit vor dem Sozialgericht klären lassen.
Trotz der bekannten schlechten Erfahrungen mit Grippe-Impfstoffausschreibungen in der letzten Saison setzen die Kassen in Baden-Württemberg auch in diesem Jahr auf exklusive Rabattverträge. Und das nicht nur für Influenza-Impfstoffe, sondern auch für sechs weitere Schutzimpfungen. Für letztere sind die Rabattverträge bereits seit Jahresbeginn wirksam. Und seitdem gibt es Knatsch im Ländle. Die Apotheker wollten mit ins Boot, als Kassen und KV über die Umsetzung der Rabattverträge verhandelten – doch diese hielten es nicht für nötig, den LAV hinzuzuziehen. Am Ende stand eine Vereinbarung, die unter anderem eine produktneutrale Verordnung von Wirkstoffen vorsieht. Verordndet wird danach nur noch ein „Impfstoff gegen…“ (Grippe/FSME/Varizellen etc.). Es handelt sich also weder um eine Wirkstoffverordnung noch um die Verordnung eines konkreten Impfstoffs, wie es die Arzneimittelverschreibungsverordnung vorsieht. Damit, so der LAV, werde gegen geltendes Recht verstoßen.
Anfang Februar beantragte der LAV daher einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Baden-Württemberg – entschieden wurde über den Antrag allerdings noch nicht. Kurz darauf forderte die KV die Apotheker auf, mitzuteilen, ob sie produktneutrale Verordnungen beliefern. Sie wollte für ihre Ärzte eine Liste dieser Apotheken erstellen – damit die Mediziner wissen, wo sie komplikationslos bestellen können. Beim LAV reagierte man erzürnt und verlangte eine Unterlassungserklärung der KV. Diese erfolgte auch. Doch nun kommt die gleiche Forderung über die AOK auf die Apotheken zurück. Letzten Freitagnachmittag verschickte die Kasse an alle Apotheken des Bundeslandes ein Schreiben, in dem sie einige „Klarstellungen“ zum Thema vornimmt. Soweit Rabattverträge bestehen, dürften keine nicht rabattierten Impfstoffe verordnet und abgegeben werden. „Bitte bedenken Sie, dass Sie sich einem erheblichen Retaxierungsrisiko aussetzen, wenn Sie (…) einen nicht rabattierten Impfstoff abgeben.“, mahnt die AOK. Ausnahmen seien nur in praktisch selten vorkommenden Einzelfällen zulässig. Die vom LAV monierte Verordnungsweise sei „rechtlich einwandfrei“, erklärt die Kasse. Apotheker, die diese Verordnungen akzeptierten, liefen keine Gefahr, einer Retaxierung unterworfen zu werden. Sofern die Apotheken bereit seien, Rezepte mit der Verordnungsweise „Impfstoff gegen….“ zu beliefern, sollen sie dies nun der Kasse in einem vorbereiteten Formular mitteilen. Die Namen aller kooperationsbereiten Apotheken sollen dann über eine Webseite und/oder per Rundschreiben den Vertragsärzten zugänglich gemacht werden.
Der LAV reagierte heute mit einem Massenfax an seine Mitglieder, in dem er klarstellt, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält: Die besagten Verordnungen entsprächen nicht geltendem Recht, wer sie beliefere setze sich potenziell dem Vorwurf einer Strafbarkeit aus. Es bestehe also keine Veranlassung, sich auf diese Liste setzen zu lassen, wie es die AOK fordere – lieferberechtigt seien die Apotheken auch so. Gegen das „konspirative Zusammenwirken“ von Kassen und Ärzten werde man sich weiter gerichtlich zur Wehr setzen. LAV-Geschäfsführerin Ina Hofferberth erklärte gegenüber DAZ.online, die Drohung der AOK mit Retaxationen sei „unsäglich“. Durch die vielfache Wiederholung werde die Rechtsauffassung der Kasse nicht richtiger. Vielmehr liege nun auch ein Verstoß gegen das Beeinflussungsverbot im Liefervertrag vor. Die Klage vor dem Sozialgericht sieht Hofferberth somit durch verschiedene Anspruchsgrundlagen gestützt.
Stuttgart - 15.04.2013, 16:40 Uhr