DAZ.online Wochenschau

Ebolaexperiment, Defektliste, Arzneimittelfälschungen und Glaeskehonorar

16.08.2014, 08:00 Uhr


Kein Ende bei Ebola in Westafrika. Die WHO befürchtet eine weitere Ausbreitung und setzt jetzt auch experimentelle Wirkstoffe ein. Und in Deutschland blüht der Handel mit gefälschten und illegalen Arzneimitteln. Mehr dazu und weitere News dieser Woche in unserer Wochenschau.

Das Ebola-Experiment. Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist nicht in den Griff zu bekommen. Die WHO ruft den Notstand aus und hält den Einsatz experimenteller Wirkstoffe wie Zmapp für vertretbar. Es sei in diesem Fall „ethisch“, Wirkstoffe einzusetzen, obwohl weder Wirkung noch Sicherheit am Menschen geprüft sind. Kanada will ca. 1000 Dosen eines nicht am Menschen getesteten Impfstoffs exportieren. Die ersten Dosen sollen wahrscheinlich Ärzte erhalten, eine größere Menge Impfstoff könne erst in einigen Monaten bereitgestellt werden. 

Aufgepasst beim Teilen von Tabletten! Geteilt wird viel in Deutschland, auch Tabletten. Ca. jede Vierte wird halbiert oder gar geviertelt. Eine von der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe geförderte Studie zeigte nun, wie „präzise“ sich Tabletten tatsächlich teilen lassen. Das Fazit: Als teilbar deklarierte Tabletten erfüllen zwar weitgehend die Anforderungen nach dem Arzneibuch – allerdings hat die Arzneistoffeinzeldosis bei geteilten Tabletten oft eine höhere Schwankungsbreite als bei einer ungeteilten Tablette, beim Vierteln sind die Schwankungen noch größer. Die Dosis sei „irgendwann nur noch Glücksache“, so die Autoren.

 „Kühlkette“? Kennt die EU nicht. Die Angaben zur Kühllagerung bzw. Kühlkettenpflicht auf Arzneimittelpackungen, Produktinformationen oder im Artikelstamm sind oft abweichend. Das betrifft vor allem zentral in der EU zugelassene Arzneimittel. Sie werden hinsichtlich ihrer Lagerungsbedingungen EU-einheitlich deklariert. Aber den Begriff „Kühlkette“ gibt es auf europäischer Ebene nicht. Die EMA unterscheidet zwar zwischen „im Kühlschrank lagern“ und „kühl lagern und transportieren“, die Kennzeichnung „kühl lagern und transportieren“ darf aber nur ausnahmsweise verwendet werden. Viele EU-zugelassene Arzneimittel sind nicht als kühlkettenpflichtig deklariert, obwohl ein Kühltransport erforderlich ist.

Immer mehr illegale Arzneimittel. Der Zoll meldet eine Zunahme der Ermittlungsverfahren wegen Arzneimittelschmuggels. Experten befürchten, dass die Kriminellen bereits eine große Zahl der fragwürdigen Präparate in Umlauf gebracht haben. Die Fälscher sind international vernetzt und arbeiten immer professioneller. War es bisher für den Zoll einfach, Imitate an der Verpackung erkennen, ist seit neuestem bekannt, dass im Internet Daten im Umlauf sind, mit denen die „Originalverpackung“ hergestellt werden kann.

Diefenbach sammelt Defektlisten. Es gibt sie immer noch, die Arzneimittel-Lieferengpässe. Und der stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands Hans-Rudolf Diefenbach will sie wieder auf dem Deutschen Apothekertag in München thematisieren. Um auf dem aktuellen Stand zu sein, ruft Diefenbach nun Apotheker bundesweit auf, ihm Listen über Lieferausfälle aus der Zeitspanne zwischen dem 1. Juli und dem 15. August 2014 zu schicken.  

Apothekerverein siegt. Im Streit mit dem Hamburger Apothekerverein um die Hilfsmittelversorgung hat die AOK Rheinland/Hamburg jetzt kapituliert. Anfang Juli hatte die AOK den Hamburger Apotheken die Berechtigung abgesprochen, Hilfsmittel auszugeben und den Hilfsmittelvertrag fristlos gekündigt. Der Hamburger Apothekerverein hatte daraufhin gedroht, den Rechtsweg einzuschlagen. Nun hat die AOK eingelenkt. Die Abrechnung der Hilfsmittelversorgung wird bis einschließlich 31. Dezember 2014 nach den bisherigen Verträgen fortgesetzt.

Visavia war nix. Das Visavia-Modell-Projekt mit den Rowa-Arzneimittelautomaten in Rheinland-Pfalz ist bereits 2013 eingestellt worden. Es sollte am Beispiel von vier Apotheken zeigen, ob ein Abgabeterminal in Apotheken eine sinnvolle Ergänzung für die Versorgung auf dem Land sein könnte. Nun ist auch die Evaluation des Projekts abgeschlossen. Gebracht hat sie wenig – außer der Erkenntnis, dass das Projekt für eine aussagekräftige Bewertung zu klein ist.

Druck aus dem Osten. Die sechs ostdeutschen Apothekerkammern sind mit der Arbeit der ABDA-Führung unzufrieden. Sie melden dringenden „Diskussions- und Handlungsbedarf auf Bundesebene“ an. Diskutiert werden soll das Spannungsfeld „Freier Heilberuf vs. Wirtschaftlichkeit“, die PTA-Ausbildung, eine „Garantenstellung“ der ABDA bei Verträgen mit Kammerbezug, der Umgang mit Anträgen zum Deutschen Apothekertag und die industrielle Zweitverblisterung von Arzneimitteln. Unterzeichnet ist der gemeinsame Brief von den Kammerpräsidenten. Mit einer einzigen Ausnahme: Anstelle von Sachsens Kammerpräsident Friedemann Schmidt hat sein Stellvertreter unterschrieben.

Wer bezahlt Glaeske als Gastredner? Der Westfälisch-Lippische Apothekertag im März 2015 sorgt jetzt schon für Aufregung und Unmut. Dort ist Prof. Dr. Gerd Glaeske mit einem Vortrag über evidenzbasierte Entscheidungsfindung in der Apotheke als Referent vorgesehen. Ein Vertreter der „Freien Apothekerschaft“ protestiert, dass von den Kammerbeiträgen jemand bezahlt wird, der „das Ansehen der Apothekerschaft in der Vergangenheit … bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Dreck gezogen hat“. Die Apothekerkammer steht zu ihrer Entscheidung. „Wir freuen uns auf diesen Vortrag und eine konstruktive Diskussion“. Schließlich entstehe durch Reibung Energie.


Dr. Carolina Kusnick


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