Unerwünschte Wirkungen

Akute Pankreatitis durch Phytotherapeutika?

Stuttgart - 01.10.2014, 18:38 Uhr


Dass es bei vielen Wirkstoffen eine Kausalität zu medikamentös induzierter akuter Pankreatitis gibt, ist bekannt. Doch auch Phytopharmaka wie Baldrian und Teufelskralle scheinen Entzündungen der Bauchspeicheldrüsen auslösen zu können. So das Ergebnis einer krankenhausbasierten Fall-Kontroll-Studie.

Im Rahmen der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geförderten Berliner Fall-Kontroll-Surveillance-Studie (FAKOS) wurde das pankreatotoxische Risiko verschiedener Arzneimittel quantifiziert. Dazu wurden zwischen 2002 und 2011 in allen 51 Berliner Krankenhäusern auf mehr als 200 Stationen insgesamt 102 Patienten mit akuter Pankreatitis unklarer Ätiologie und 750 Kontrollpatienten anhand anamnestischer, klinischer und laborchemischer Daten rekrutiert und in persönlichen Interviews zur Arzneimitteleinnahme befragt.

Durch standardisierte Kausalitätsbewertungen und Fall-Kontroll-Analyse konnten zum einen bekannte Risiken für mehrere Wirkstoffe (z.B. Immunsuppressiva wie Azathioprin, Mesalazin und Mercaptopurin, verschiedene ACE-Hemmer) bestätigt werden. Zum anderen deutete die Studie auch auf ein potenzielles Risiko für Substanzen hin, die bislang nicht mit einer Pankreatitis assoziiert wurden, wie die Immunsuppressiva Leflunomid und Tocilizumab oder der Lipidsenker Fenofibrat. Auch für die inhalative Kombination der Wirkstoffe Formoterol und Budesonid wurde ein erhöhtes Risiko beobachtet.

Und es wurde überraschend auch ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entwicklung von akuter Pankreatitis bei Phytotherapeutika beobachtet, die Inhaltsstoffe aus Baldrian und Teufelskralle enthielten. Bisher wurde die Sicherheit von Phytotherapeutika vor allem im Zusammenhang mit der Hepatotoxizität diskutiert. Pankreatotoxische Reaktionen wurden bislang nur in Fallberichten und fast ausschließlich in Zusammenhang mit der Anwendung von Sägepalmenfrüchten bei benigner Prostatahyperplasie beschrieben.

Es seien weitere Studien notwendig, um die beobachtete Phytotherapeutika-assoziierte Pankreatotoxizität zu verifizieren, doch es sollte im Fall des Verdachts auf eine akute Pankreatitis eine sorgfältige Medikamentenanamnese inklusive der möglichen Einnahme von Phytotherapeutika erhoben werden, so die Autoren. Die Ergebnisse lieferten auch weitere Argumente gegen den sorglosen Einsatz von Phytopharmaka, insbesondere wenn die Wirksamkeit nicht durch kontrollierte klinische Studien belegt sei.

Quelle: Douros A, Garbe E. Medikamentös induzierte Pankreatitis – die Berliner Fall-Kontroll-Surveillance-Studie (FAKOS). Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), 2014;3:3-6.


Dr. Carolina Kusnick