DAZ.online Wochenschau

32 zusätzliche verbotene Substanzen und wenig zusätzlicher Nutzen

18.10.2014, 08:00 Uhr


BtMG, COPD und UAW: Eine Neuauflage eines Fanta-4-Songs aus den 90er Jahren? Nein, die Themen dieser Woche. Mehr zu Erweiterung der Anlagen I und II des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), den aktuellen Nutzenbewertungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) von Baldrian, Klistieren sowie einer UAW-Datendank der EMA, lesen Sie in unserer Wochenschau. MfG!

Pankreatitis durch Baldrian. Nachdem im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit vor einem sorglosen Einsatz von Phytopharmaka gewarnt wurde, hat sich nun die Firma Schwabe geäußert. Von den Autoren der zugrunde liegenden Studie sei ein Kausalzusammenhang nicht als „sicher“ oder „wahrscheinlich“ eingestuft. Zudem eigne sich das Studiendesign (Fall-Kontroll-Studie) nicht, um auf eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zu schließen, so Schwabe in einer Stellungnahme.

Phosphathaltige Klistiere. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft rät eindringlich, sich bei phosphathaltigen Klistieren an die Anwendungshinweise zu halten. Die Präparate sollen demnach bei Säuglingen und Kleinkindern unter sechs Jahren nicht eingesetzt werden, da es dabei zu plötzlichen schweren Hypernatriämien und Hyperphosphatämien kommen kann.

Nutzenbewertungen. Keinen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie sieht das IQWiG für den neuen langwirksamen Muscarinrezeptor-Antagonisten Umeclidinium, der als Fixkombination mit Vilanterol (Anoro®) für Erwachsene mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zugelassen ist. Auch beim darmselektiven Integrin-Antagonist Vedolizumab (Entyvio®) hat das IQWiQ Zweifel am Zusatznutzen, weil in seinen Augen Studien fehlen, die diesen belegen. Vedolizumab wird zur Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa eingesetzt.

Erstattungsbetrag. Abgeschlossen ist das AMNOG-Verfahren für ein weiteres COPD-Präparat, den Ultibro® Breezhaler (Glycopyrronium/Indacaterol). Diesem hatte Anfang dieses Jahres das IQWiG immerhin einen geringen Zusatznutzen bescheinigt. Hier hat sich der Hersteller Novartis mit dem GKV-Spitzenverband jetzt auf einen Erstattungsbeitrag geeinigt, der ab dem 15. November 2014 in der Lauer-Taxe hinterlegt sein wird.

Medizinprodukte. Apotheken dürfen auch weiterhin Intrauterinpessare an Laien abgeben, sofern diese damit zum Gynäkologen gehen. Eine missverständliche Formulierung in der neuen Medizinprodukte-Abgabeverordnung, nach der dies für bestimmte Medizinprodukte nach dem reinen Wortlaut nicht mehr der Fall gewesen wäre, soll zeitnah umformuliert werden.

Verbot für psychoaktive Substanzen. Mit der 28. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften werden 32 neue psychoaktive Substanzen, darunter synthetische Cannabinoide sowie synthetische Derivate des Cathinons, Amphetamins und Phencyclidins, in die Anlagen I und II des BtMG aufgenommen und damit verboten.

Teratogenes Risiko. Der Pharmakovigilanzausschuss der EMA rät, die Beschränkungen für den Einsatz von Valproinsäure bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter zu verschärfen. Grund ist ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen bei Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft mit Valproinsäure behandelt wurden.

UAW-Datenbank. Die Europäische Arzneimittel-Agentur stellt neuerdings auch Meldungen über Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) von national zugelassenen Arzneimitteln bereit. Bislang waren auf der Internetseite www.adrreports.eu nur UAW-Berichte über zentral zugelassene Präparate enthalten.

Festbetrag. Hersteller und GKV-Spitzenverband haben sich darauf geeinigt, ihren Rechtsstreit über die Einordnung des Antidepressivums Escitalopram (Cipralex®) in eine Festbetragsgruppe mit Citalopram für beendet zu erklären. Ab dem 1. Dezember 2014 wird der Festbetrag für die gesamte Gruppe wieder in Kraft sein.

Hepatitis C. Die neuen HCV-Proteasehemmer wie Sofosbuvir (Sovaldi®) und Simeprevir (Olysio®) setzen sich in der Therapie schnell durch. Allein in den ersten drei Monaten seit seiner Einführung hat Sofosbuvir die bislang gängigen Sustanzen nach Anzahl der Verordnungen deutlich überholt.

Gewissensfreiheit vs. Arzneimittelversorgung. Kann ein Apotheker aus Gewissensgründen die Abgabe verordneter Arzneimittel verweigern? Nach Ansicht der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ingrid Fischbach, die die Anfrage der Linkspartei beantwortet hat, steht die Gewissensfreiheit hier in der Regel zurück.


Julia Borsch