Altersbedingte Makuladegeneration

Avastin bald auch in Frankreich offiziell Off-label?

Remagen - 20.11.2014, 08:56 Uhr


Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hat die Firma Roche darum gebeten, Informationen zum Off-label-use von Avastin® (Bevacizumab) zur Behandlung der neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration zusammenzutragen. Die Behörde will prüfen, ob in Frankreich gegebenenfalls eine offizielle Empfehlung für den temporären Einsatz außerhalb der Zulassung für Bevacizumab, eine sogenannte „Recommendation Temporaire d´Utilisation (RTU)“ ausgesprochen werden kann.

Die Regelung zu den RTUs war in Frankreich im Jahr 2012 eingeführt worden. Eine RTU wird nur einmal erteilt. Die Verwendung off-label ist hiernach über maximal drei Jahre zulässig, ein Zeitfenster, in dem das Unternehmen die Erweiterung seiner Zulassung auf den Weg bringen kann. Der Einsatz muss in diesem Zeitraum engmaschig überwacht und dokumentiert werden. Das Arzneimittel wird in der Indikation dann auch erstattet.

Alle verfügbaren wissenschaftlichen Daten über den Off-label-Einsatz eines Arzneimittels, das heißt zur Sicherheit, Wirksamkeit und laufenden Forschung zu sammeln, ist der erste Schritt zu einer RTU. Die Erhebung dient außerdem dazu, die Zahl der Patienten abzuschätzen, bei denen der Einsatz in der nicht zugelassenen Indikation infrage kommt. Außerdem wird hiernach ein Protokoll zur Überwachung der Patienten entworfen.

Der Off-label-Einsatz des Onkologikums Bevacizumab in der Augenindikation hat in den letzten Monaten auch in anderen Ländern heftige Diskussionen ausgelöst. Die zur Behandlung der AMD zugelassene Alternative Lucentis® (Ranibizumab) ist erheblich teurer, und Bevacizumab hat als VEGF-Hemmer das gleiche Wirkprinzip.

Erst im Juni dieses Jahres hatte Italiens Arzneimittelbehörde AIFA den Off-label-Einsatz von Avastin® für die Behandlung der AMD im Rahmen des National Health Service (NHS) genehmigt und hierfür seitens des Europäischen Dachverbandes der Forschenden Pharmaindustrie EFPIA heftig Kritik eingefahren. Die AIFA untergrabe mit dieser Entscheidung den Rechtsrahmen der EU und könne zudem die Sicherheit der Patienten beeinträchtigen, hieß es damals in einer Presseerklärung.    

Ein Mitte September veröffentlichter Cochrane-Review  kam allerdings zu dem Ergebnis, dass Avastin® im Vergleich zu Lucentis® bei der Behandlung der AMD kein erhöhtes Risiko für Todesfälle oder schwere Nebenwirkungen mit sich bringt.


Dr. Helga Blasius