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Becker/Wagner-Abmahnungen
Nicht beunruhigen lassen!
Für die Apotheken, die von der Abmahnwelle des Leipziger Anwalts Christoph Becker und seines Mandanten Hartmut Wagner erfasst sind, läuft jetzt die Frist zum Abschluss des vorgeschlagenen Vergleichs ab. Doch mit der Angelegenheit betraute Anwälte warnen, einen solchen zu unterschreiben. Ebenso wenig sollte die geforderte Unterlassungserklärung unterzeichnet werden. DAZ.online sprach mit den für apotheken.de-Kunden tätigen Anwälten Dr. Timo Kieser und Dr. Valentin Saalfrank.
Dr. Timo Kieser von der Kanzlei Oppenländer in Stuttgart und der Kölner Rechtsanwalt Dr. Valentin Saalfrank, die für betroffene apotheken.de-Kunden die außergerichtliche Vertretung übernehmen, erklärten gegenüber DAZ.online, sie würden nun die ihnen übersandten Abmahnungen prüfen. Das muss einzeln geschehen – denn die Vorwürfe sind durchaus unterschiedlich. Am heutigen Freitag soll noch eine Mail an die Apotheker gehen, die die beiden Anwälte beauftragt haben. Darin wollen Kieser und Saalfrank das weitere mögliche Vorgehen vorstellen. Voraussichtlich wird das die Zurückweisung der Abmahnung sein, möglich wäre aber auch, Strafanzeige zu stellen. Straftaten könnten hier versuchter Betrug oder versuchte Nötigung sein.
Betroffene, die keinen rechtlichen Beistand über ihren Web-Anbieter haben, sollen den Anwälten zufolge ebenso wenig unterschreiben wie alle anderen. „Sie sollten gleichwohl anwaltlich prüfen lassen, ob es mit Blick auf die abgemahnten Verstöße Verbesserungsbedarf beim Auftritt im Internet gibt“, so Kieser.
Keine Sorge wegen Fristablaufs
Wenn die weiteren gesetzten Fristen ablaufen, ohne dass die Abgemahnten reagieren, ist dies nach Auffassung von Kieser und Saalfrank nicht problematisch. Denn ob dann überhaupt etwas passiere, sei fraglich. Anwalt Becker und sein Mandant Wagner müssen sich überlegen, ob sie die von ihnen behaupteten Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend machen. Einstweilige Verfügungen dürften mangels Dringlichkeit nicht in Betracht kommen – die von Wagner unterzeichnete Anwaltsvollmacht ist aus dem vergangenen August. Es müsste also direkt Klage erhoben werden. Kieser geht nicht davon aus, dass diese erfolgreich sein würde. Allerdings könnte der Anwalt seine Drohung wahrmachen, die zuständige Kammer/Aufsichtsbehörde zu informieren. Allerdings sieht er bei den allermeisten gerügten Verstößen keine Konsequenzen auf die Apotheker zukommen. Insbesondere sei ihre Approbation nicht gefährdet.
Saarlfrank weist darauf hin, dass der Kläger im Rechtsstreit zum einen beweisen müsste, dass gegen wettbewerbsrechtlich relevante Vorschriften verstoßen wurde, zum anderen aber auch, dass er überhaupt mit den einzelnen Apotheken in einem Wettbewerbsverhältnis steht. Beides hält der Kölner Anwalt für zweifelhaft. Zudem: Das Wettbewerbsrecht verbiete die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Das sei insbesondere der Fall, wenn sie vorwiegend dazu dient, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. „Diese Voraussetzungen sind nach meiner Einschätzung vorliegend zu bejahen.“ Die betroffenen Apotheker sollten daher seiner Meinung nach auch Ersatz der für ihre Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen.
Sollte ein Abgemahnter bereits den Vergleich unterzeichnet haben, rät Kieser, die Erklärung unverzüglich wegen arglistiger Täuschung anzufechten und nichts zu bezahlen. Auch Saalfrank hält den Gang zum Anwalt hier für erforderlich – und er empfiehlt, Strafanzeige zu stellen.
Berlin - 05.12.2014, 12:30 Uhr