DPHG-PRÄSIDENT LAUFER im DAZ-Interview

„Wir brauchen keine neue AAppO“

Stuttgart - 14.01.2016, 16:30 Uhr

Seit 1. Januar 2016 ist Professor Stefan Laufer Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (Foto: diz/DAZ).

Seit 1. Januar 2016 ist Professor Stefan Laufer Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (Foto: diz/DAZ).


Professor Stefan Laufer, der neue Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), hält es nicht für notwendig, die Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) zu ändern. Er sieht in der heutigen Ausbildung ausreichend Spielräume, neue Inhalte zu vermitteln.

Laufer, der seit 1. Januar Präsident der DPhG ist und den Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie an der Uni Tübingen innehat, kann die Forderungen nach einer aktualisierten Ausbildung der Pharmazeuten nachvollziehen. Denn das Perspektivpapier der ABDA mit neuen Anforderungen an die Apotheken wie Medikationsplan, Medikationsanalyse und -management lassen Zweifel aufkommen, ob die derzeitige universitäre Ausbildung noch zeitgemäß ist. Diesen Zweifeln tritt Laufer aber energisch entgegen. Im DAZ-Interview macht er deutlich,  dass die Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Forderung „ungeheuer groß“ wären. Der DPhG-Präsident befürchtet, dass nach einer solchen offiziellen Forderung erstmal zehn Jahre lang nichts passieren würde, „außerdem bekämen wir anstatt des heutigen Staatsexamens als Abschluss ein Bachelor-Master-System – und damit wäre die einheitliche Ausbildung weg“. Er sieht dagegen innerhalb der heutigen Approbationsordnung noch viel Spielraum, etwas zu bewegen, vor allem im zweiten Ausbildungsabschnitt.

"Medikationsmanagement ohne Diagnose ist schwer realisierbar"

Die neuen Aufgaben wie Medikationsanalyse und Medikationsmanagement sieht der pharmazeutische Chemiker zudem mit gemischten Gefühlen. Die DPhG habe sich zwar schon vor zwei Jahren in einem Statement für die Medikationsanalyse und das Medikationsmanagement ausgesprochen, so Laufer im DAZ-Interview, „doch angesichts der gesundheitspolitischen Entwicklungen halte ich eine rasche Umsetzung in die pharmazeutische Praxis derzeit für noch wenig realistisch“. Und er fügte hinzu: „Solange der Apotheker die ärztliche Diagnose des Patienten nicht einsehen darf – das ist der aktuelle Stand der Dinge –, wird ein richtiges Medikationsmanagement, so wie die Apotheker es sich vorstellen, schwerlich realisierbar sein.“

"Wer außer dem Apotheker soll der Arzneimittelspezialist sein?"

Auch den vom Perspektivpapier eingeläuteten Paradigmenwechsel, wonach nicht mehr das Arzneimittel, sondern der Patient im Mittelpunkt stehen soll, möchte der pharmazeutische Chemiker Laufer differenziert betrachtet wissen: „Wenn der Apotheker nicht mehr der Spezialist für das Arzneimittel ist, wer soll es dann sein? Der Arzt ist es aufgrund seiner Ausbildung sicher nicht.“ Nur entsprechend naturwissenschaftlich ausgebildete Apotheker seien in der Lage, Patienten später kompetent und verantwortungsvoll zu beraten. „Aber“, so Laufer, „das bedeutet nicht, dass der Patient zu kurz kommt, denn eine Pharmazie ohne Patient gibt es nicht.“

"Dritten Abschnitt besser auf die Apotheke ausrichten"

Laufer könnte sich vorstellen, den Dritten Ausbildungsabschnitt besser auf die Praxisanforderungen einer Apotheke auszurichten. Aber: „Wir hatten letztes Jahr gemeinsam mit der Bundesapothekerkammer und der ABDA eine Arbeitsgruppe gebildet, um den Dritten Ausbildungsabschnitt etwas stärker qualitativ zu vereinheitlichen. Ein tolles Papier, ein tolles Konzept wurde erarbeitet. Ende 2015 wurde das Konzept der Arbeitsgruppe leider von den Kammern mehrheitlich abgelehnt mit der Begründung, die Umsetzung bedeute zu viel Aufwand und man könnte den Kolleginnen und Kollegen nicht so sehr vorschreiben, wie sie die Praktikanten ausbilden sollen.“


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Laufer/Luft

von Dr Schweikert-Wehner am 15.01.2016 um 12:38 Uhr

Ich kann die Argumente vom Kollegen Laufer gut nachvollziehen. Die Änderungen sollten aber mit Kammern und Kollegen aus allen Tätigkeitsbereichen abgestimmt werden. Pharmazeutische Cemie richtig verstanden ist Patientennah und wichtig für die Beratung der Ärzte, aber es kommt eben auf die Inhalte, die Personen und die Methode des Lehrenden an.

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Das wundert mich aus diesem Munde nicht...

von Thomas Luft am 14.01.2016 um 23:05 Uhr

Von einem Chemieprofessor habe ich nichts anderes erwartet. Schon 1998 haben die "Chemiker" einen sinnvollen Umbau des Pharmaziestudiums verhindert, weil sie nichts von "ihren" Stunden abgeben wollten. Schade, dass sich die Einstellung hierzu auch nach fast 20 Jahren nicht geändert hat.

Bitte nicht falsch verstehen: Chemie ist im Pharmaziestudiums wichtig, viele Inhalte gehören aber dringend entrümpelt. Zu Gunsten z.B. der klinischen Pharmazie, die an den meisten Standorten noch nicht mal mit einer eigenen Professur läuft, sondern "fächerübergreifend" gelehrt wird. Pharmazie-Professoren sind eben echte Allrounder, auch wenn sie das letzte Mal vor über 20 Jahren in der (Praktikums)-Apotheke standen.

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AW: Artikel zu Professor Laufer Approbationsordnung

von Barbara von Dirke am 15.01.2016 um 6:41 Uhr

Ich kann mich der Meinung von Herrn Luft nur anschließen. Das Pharmaziestudium muss vorallem hinsichtlich der Chemie entrümpelt werden. Wir lernen viel zu viel praxisferne Themen. Eine "einfache" Medikationsanalyse nach 2a des Perspektivpapiers, d.h. ohne Kenntnisse der Diagnosen hat meiner Erachtens durchaus auch seinen Sinn. Auch hier sind Interaktionen, Doppelverordnungen und Dosierprobleme schon zu erkennen. Ich mache in der Praxis täglich die Erfahrung,daß unsere Patienten sehr froh sind, wenn ich ihnen die Wirkungen ihrer Arzneimittel an Hand ihres Medikationsplanes in Ruhe erkläre und auf die Besonderheiten der Dosierung eingehe.
Ich bin unbedingt für eine praxisnähere universitäre Ausbildung, vorallem weil doch letztendlich die meist weiblichen Pharmaziestudentinen in der Präsenzapotheke ihren Arbeitsplatz finden.

AW: Zustimmung!

von Holger Hennig am 15.01.2016 um 8:18 Uhr

Lieber Herr Kollege Luft, das sehe ich genauso!
Hinzufügen möchte ich noch, dass ich die irrationale Angst vor dem Bologna-Prozess in unserem Berufsstand auch nicht kapiere. Warum müssen denn alle Apotheker, egal in welchem Berufsfeld sie später tätig sind, die gleiche Ausbildung haben? Und wenn man das unbedingt, warum auch immer, bewahren will, dann muss man halt - wie die Ärzte auch - eine erstens VERPFLICHTENDE und zweitens inhaltlich deutlich höherwertige und umfangreichere als die heutige Weiterbildung etablieren. Aber bitte, lieber Herr Prof. Laufer, nicht zuerst die Euros blinken sehen, die Sie dann zwecks Querfinanzierung Ihrer Institute den berufsbegleitenden Masterstudenten in fettem fünfstelligen Umfang aus der Tasche zu ziehen versuchen könnten :-)

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