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Niederländische Versandapotheken
Die Sache mit der Umsatzsteuer
Es ist ein Verdacht, der unter deutschen Apothekern für Aufregung sorgte: Ausländische Versandapotheken könnten die deutsche Umsatzsteuer von den Krankenkassen kassieren, sie aber nicht an den deutschen Fiskus abführen, weil sie das gar nicht müssten. Doch stimmt dieser Vorwurf überhaupt?
Der Kölner Rechtsanwalt Dr. Joachim Wüst vermutet, niederländische Versandapotheken würden zwar von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen die deutsche Umsatzsteuer kassieren, diese aber nicht an ein deutsches Finanzamt abführen. Das müssten sie nämlich gar nicht, sondern eigentlich sei dies Aufgabe der Krankenkassen. Diese seien aber technisch gar nicht in der Lage, die Abrechnungen ausländischer Apotheken zu erkennen, schreibt Wüst in einem Aufsatz, der auf dem ApothekenRechtTag am 18. März in Berlin von Nordrheins Kammerjustiziarin Bettina Mecking zitiert wurde. Es sorgte für Furore.
Dieser Aussage Wüsts widerspricht allerdings Hermann Schallenmüller. Er ist Geschäftsführer des Rechenzentrums König Gesellschaft für Image- und Datenverarbeitung mbH in Gottmadingen, das sich nach eigenen Angaben auf die Rezeptabrechnung von Versandapotheken spezialisiert hat. Auf den Abrechnungen seines Rechenzentrums, das für „alle relevanten“ ausländischen Versandapotheken abrechne, sei immer zu erkennen, ob es sich um eine in- oder ausländische Apotheke handle, so Schallenmüller.
Ob eine Apotheke in Deutschland oder im Ausland sitzt, lässt sich auch am Institutionskennzeichen (IK) ablesen. Diese neunstellige Nummer stellt den Dreh- und Angelpunkt aller Abrechnungen im deutschen Gesundheitssystem dar, ohne IK keine Abrechnung. Diese neun Ziffern werden nicht zufällig vergeben, sondern codieren bestimmte Informationen. Und so bezeichnen die Stellen 3 und 4 den so genannten Regionalbereich, also die Gegend, in der der Inhaber des IK seinen Sitz hat. Das IK aller ausländischen Vertragspartner hat hier zwei Nullen.
Die AOK Rheinland-Hamburg dagegen stützt die Vermutungen Wüsts, dass die deutschen Krankenkassen die Rechnungen ausländischer Versandapotheken inklusive der Umsatzsteuer begleichen. DAZ.online gegenüber bestätigte eine Sprecherin eine Aussage ihres Hauses gegenüber dem Branchenportal Apotheke adhoc: „Ausländische Versandapotheken rechnen mit den gleichen Apothekenabrechnungsstellen ab wie inländische Apotheken und stellen die deutsche Umsatzsteuer von 19 Prozent in Rechnung. Inwieweit ausländische Versandapotheken ihre Umsatzsteuer an ihr heimisches Finanzamt abführen, ist uns nicht bekannt.“
Auf die Problematik angesprochen, äußert sich der GKV-Spitzenverband kryptisch: Man sei sowohl mit dem DAV im Gespräch über eine Abstimmung entsprechender Datensätze zum Erfassen der Umsatzsteuer, als auch mit dem Bundesfinanzministerium, um grundlegende Aspekte der Thematik zu klären. Wie die heutige Abrechnungspraxis bezüglich der Umsatzsteuer aussieht, bleibt unbeantwortet.
Auch die großen holländischen Versandapotheken halten sich bei dieser Frage bedeckt. Die DocMorris-Pressestelle antwortet knapp: „DocMorris zahlt seit Gründung im Jahr 2000 die jeweils für Deutschland gültige Umsatzsteuer an die deutschen Finanzämter“. Ob sich diese Aussage auch auf die Umsätze bezieht, die mit den gesetzlichen Krankenkassen gemacht werden, bleibt auch auf Nachfrage unbeantwortet. Die zweite große holländische Versandapotheke, die Europa Apotheek, antwortet auf die Anfrage von DAZ.online überhaupt nicht.
Es ist also noch vieles unklar. DAZ.online bleibt dran.
1 Kommentar
MWST im EU Raum
von Heiko Barz am 01.04.2016 um 17:56 Uhr
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