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Kardiomyopathie
AkdÄ warnt vor seltener Quetiapin-Nebenwirkung
Quetiapin ist in Deutschland das mit Abstand am häufigsten verordnete Antipsychotikum. Unter dem atypischen Neuroleptikum können offensichtlich in sehr seltenen Fällen schwere Kardiomyopathien auftreten. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichtet über den Fall einer zuvor körperlich gesunden 39-Jährigen.
In der Fachinformation Quetiapin-haltiger Arzneimittel (Seroquel und Generika) findet sich zum Thema „Kardiomyopathie und Myokarditis“ unter den Warnhinweisen Folgendes: „ […] nach Markteinführung wurde über Kardiomyopathie und Myokarditis berichtet. Ein kausaler Zusammenhang mit Quetiapin wurde allerdings nicht belegt.“
Es gibt jedoch in der Literatur einzelne Fallberichte von Kardiomyopathien im Zusammenhang mit Quetiapin.
Nun berichtet die AkdÄ über einen Fall einer schweren Kardiomyopathie, bei der sich der Verdacht ergab, dass Quetiapin ursächlich ist. Alle anderen Ursachen konnten zuvor ausgeschlossen werden. Das teilt die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) am Dienstag mit.
Luftnot mündete in kardiogenen Schock
Bei einer 39-jährigen Patientin hatte sich unter Quetiapin eine schwere Kardiomyopathie entwickelt. Sie hatte 800 mg pro Tag über vier Monate eingenommen. Währenddessen verspürte sie über Wochen zunehmende Luftnot, die in einen manifesten kardiogenen Schock mündete. Die Frau war zuvor physisch gesund. Andere Faktoren, die das Herz potenziell schädigen, konnten nicht ausgemacht werden. Nachdem weitere mögliche Ursachen ausgeschlossen werden konnten, ergab sich der Verdacht auf eine durch Quetiapin induzierte Kardiomyopathie. Nach Umstellen der Medikation auf Aripiprazol und der Behandlung der Herzinsuffizienz – medikamentös sowie mittels Flüssigkeitsrestriktion und Schonung – erholte sich die Patientin wieder. Die Herzinsuffizienzmedikation konnte schließlich ausgeschlichen werden.
Betroffene zwischen 20 und 35 Jahre alt
In den bisher publizierten Fällen, von denen zwei tödlich endeten, bekamen die Patienten zwischen 600 und 1000 mg Quetiapin pro Tag. Damit lagen sie zum Teil erheblich über der empfohlenen Höchstdosis von 750 bis 800 mg. Die kardialen Nebenwirkungen traten zwischen vier Monaten und vier Jahren nach Therapiebeginn auf. Das Alter der Patienten betrug zwischen 20 und 35 Jahre.
Laut AkdÄ sind in der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems außer dem dargestellten Fall nur einzelne Verdachtsberichte erfasst. Eine Bewertung der Kausalität sei aber aufgrund unzureichender Informationen nicht möglich, schreibt das Expertengremium. In Anbetracht der breiten Anwendung – Quetiapin ist das am häufigsten verordnete Antipsychotikum – sei anzunehmen, dass es sich bei der Kardiomyopathie um eine sehr seltene unerwünschte Wirkung handle.
Dennoch solle, wenn unter Behandlung mit Quetiapin Symptome einer Herzinsuffizienz auftreten – Luftnot, eingeschränkte Belastbarkeit oder periphere Ödeme – an eine Quetiapin-induzierte Kardiomyopathie gedacht werden. Darauf wird explizit hingewiesen. Denn wenn diese Nebenwirkung auftritt, seien schwerwiegende oder sogar tödliche Verläufe möglich, heißt es in der Mitteilung der AMK. Zudem sollen die beobachteten Fälle an die AMK gemeldet werden.
Nebenwirkung von Clozapin bekannt
Ein weiteres Antipsychotikum, das kardiotoxische Reaktionen verursachen kann, ist Clozapin. Es ist strukturell mit Quetiapin verwandt. Eine früh auftretende Myokarditis kommt hier in weniger als 0,1 bis 1,0 Prozent der Fälle vor, später auftretende Kardiomyopathien sind etwa zehnmal seltener.
Ansonsten sind Medikamenten-induzierte Kardiomyopathien vor allem als Nebenwirkung von Chemotherapeutika bekannt. So können zum Beispiel Anthrazykline, Cyclophosphamid, 5-Fluorouracil, Paclitaxel, Trastuzumab oder verschiedene Proteinkinase-Inhibitoren für diese heterogene Gruppe von Krankheiten des Herzmuskels verantwortlich sein.
Eine andere gefürchtete kardiale Nebenwirkung vieler Antipsychotika und Antidepressiva ist weit häufiger – nämlich Herzrhythmusstörungen, wie QT-Streckenverlängerungen und Tachykardien. Letztere werden unter Quetiapin häufig beschrieben, QT-Streckenverlängerungen gelegentlich. Auch sie können im Extremfall tödlich enden. Besonders hoch ist das Risiko, wenn mehrere Wirkstoffe kombiniert werden, die diese unerwünschte Wirkung aufweisen – ein Umstand, der in Psychiatrie nicht selten ist. Regelmäßige EKG-Kontrollen sind dann Pflicht.
1 Kommentar
Bin ich betroffen?
von Bernd am 19.01.2018 um 16:25 Uhr
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