Diagnosestellung

Arzt versus App – wer ist besser?

20.10.2016, 12:00 Uhr

Medizinische Diagnose: Noch ersetzt die App den Arzt nicht. (Foto: romas_ph / Fotolia)

Medizinische Diagnose: Noch ersetzt die App den Arzt nicht. (Foto: romas_ph / Fotolia)


Wegen jedem Wehwehchen gleich zum Arzt? Oder einfach eine App für die Diagnose nutzen? Wer ist besser: Arzt oder App? Eine Forschergruppe aus Boston stellte eben diese Frage. Die Ergebnisse wurden nun im JAMA veröffentlicht. 

Menschliche Ärzte sind bei der Diagnose besser als ihre digitalen Kollegen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die jetzt im Fachblatt JAMA Internal Medicine publiziert wurde. Die Mediziner stellten mehr als doppelt so häufig eine korrekte klinische Diagnose wie Symptom-Checker aus dem Internet. Dennoch könnte die Informationstechnologie in der Medizin durchaus hilfreich sein, meinen die Studienautoren.

Symptom-Apps oder -Websites schlagen nach der Eingabe der Beschwerden eine Reihe möglicher Diagnosen vor. In den USA werden solche Tools nicht nur von Laien, sondern auch von Medizinern genutzt. Ein Team um Hannah Semigran von der Harvard Medical School verglich nun die diagnostische Leistung von 234 Ärzten, darunter 90 Prozent Internisten, mit 23 Software-Tools.

Zu begutachten waren 45 klinische Fälle. Bekannt war nur das Krankheitsbild. Es gab keine körperliche Untersuchung, Labor-Daten oder Informationen über die Lebensumstände des Patienten. Es kamen verbreitete und seltene Krankheiten vor, einige Fälle waren akut und bedurften einer sofortigen Behandlung.

Akute Erkrankungen: Ärzte punkten in Diagnose

Ergebnis: Die menschlichen Ärzte stellten in 72 Prozent der Fälle die richtige Haupt-Diagnose, die Online-Tools kamen nur in 34 Prozent der Fälle auf die richtige Lösung. Bei der Treffsicherheit unter den Top drei Diagnosevorschlägen, überzeugten die Mediziner sogar mit 84 Prozent, die Symptom-Checker hier lediglich mit 51 Prozent.

Die Online-Doktoren versagten besonders bei akuten und seltenen Erkrankungen. Die Trefferquote betrug hier 24 Prozent und 28 Prozent im Vergleich zu 79 Prozent und 76 Prozent bei den Ärzten. Bei nicht akuten und verbreiteten Krankheiten waren die Online-Tools etwas treffsicherer: Sie kamen hier in 41 Prozent und 38 Prozent der Fälle auf die richtige Lösung, die Ärzte bei 65 und 70 Prozent der Krankheitsbilder.

App kann Ärzte unterstützen

Im Umkehrschluss heißt das aber auch: In immerhin 15 Prozent aller Fälle stellten die Mediziner eine falsche Diagnose. Hier könnte die Technik dereinst nützlich sein, meinen die Forscher. Auch wenn sich die Software in dieser Studie noch als unterlegen erwies, könnte sie eines Tages helfen, präzise klinische Diagnosen zu stellen, so Senior-Autor Prof. Ateev Mehrotra. Ziel sollte es sein, computerbasierte Algorithmen zu entwickeln, die in Verbindung mit menschlichen Entscheidungsprozessen dazu beitragen, Diagnosefehler weiter zu reduzieren, so sein Fazit.

Die Patienten nutzen das Internet schon lange als Quelle von Gesundheits-Informationen: Mittlerweile geht jeder zweite Deutsche online, wenn er Beschwerden hat. Gesucht wird nach Diagnosen und möglichen Therapien – oft schon vor einem etwaigen Termin beim Arzt.


Barbara Bückmann, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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