Schweizer Post

Mit Medi-Box auf Konkurrenzjagd in der Distribution

Stuttgart - 15.11.2016, 12:15 Uhr

Wohl temperiert: In der Schweiz gehen Logistiker neue Wege. (Foto: Phagro)

Wohl temperiert: In der Schweiz gehen Logistiker neue Wege. (Foto: Phagro)


Die Schweizer Post will es in der Distributionslogistik für Arzneimittel mit dem Marktführer Galenica aufnehmen. Dies berichtet die schweizerische Handelszeitung. In dem Millionenmarkt, der starke Wachstumsraten verzeichne, bahne sich ein Zweikampf mit unklarem Ausgang an.  

Wie die Schweizer Handelszeitung schreibt, muss sich die Galenica-Gruppe demnächst auf harte Konkurrenz gefasst machen. Die diversifizierte Unternehmensgruppe besteht aus zwei Geschäftseinheiten: Vifor Pharma mit internationalen Pharma-Aktivitäten und Galenica Santé mit Dienstleistungen primär für den Schweizer Gesundheitsmarkt. Zum Geschäftsbereich „Services“ von Galenica-Santé gehört der Distributeur Alloga. Unter den Apothekenzulieferern der Schweiz ist Galenica klarer Marktführer. Laut Handelszeitung schätzen Branchenkenner den Marktanteil von Alloga auf 60 Prozent. 

Gute Vertriebspraxis in der Schweiz

Seit dem Jahr 2013 gelten in der EU die Leitlinien für die gute Vertriebspraxis bei Humanarzneimitteln. Sie schreiben detailliert vor, wie ein Arzneimittel vom Produzenten zum Konsumenten gelangen muss. Während des Transports müssen je nach Arzneimittel „akzeptable Temperaturbedingungen“ eingehalten werden. Das sind, abgesehen von Präparaten, für die eine spezielle Kühlkette erforderlich ist, nicht mehr 25 Grad Celsius.

Da die Schweiz über ein Geflecht von bilateralen Verträgen mit der Europäischen Union verbunden ist, müssten die Regelungen auch dort umgesetzt werden. Seit Anfang 2016 dürfen Medikamente im Alpenland nur noch temperiert befördern werden.

Dank neuer Box keine Zusatzkosten

Dieser Bestimmung will die Post nun mit einer neu entwickelten Kiste gerecht werden, der „ThermoCare Ambient“-Box. Sie besteht aus Hart­plastik und ist mit einem Wärmespeicher bestückt. Dieser sorgt dafür, dass die Temperatur während 26 Stunden konstant zwischen 15 und 25 Grad liegt. Kleinere Medikamentensendungen können so nahtlos in die bestehende Infrastruktur eingebettet werden. Paketzentren und Lieferwagen müssen nicht weiter klimatisiert werden. Das soll zumindest kurzfristig Millionen sparen. In einer Eingabe an das Bundesamt für Gesundheit soll der „gelbe Riese“ die Anschaffungskosten für spezielle Lieferfahrzeuge auf 175.000 Franken anstelle von rund 50.000 Franken für einen normalen Transporter beziffert haben. Hinzu kämen Kosten für die Wartung der Fahrzeuge, die Klimaan­lage, die Temperaturfühler und andere notwendige Geräte.

Temperierte Lieferfahrzeuge und klimati­sierte Lager

Die Gale­nica-Tochter Alloga habe diese Kosten nicht gescheut. Sie setze demgegenüber auf temperierte Lieferfahrzeuge und klimati­sierte Lager. Laut Handelszeitung hat Alloga Millionen in eine geschlossene Kühlkette investiert. „Dieses Konzept ist sowohl für uns als auch für unsere Kunden vorteilhaft und im Endeffekt kostengünstiger“, erklärt das ­Unternehmen. Es erfordere keine speziellen Maßnahmen wie zum Beispiel das aufwendige Verpacken von Lieferungen in Isolationsboxen, das Handling der schweren Boxen und das Management der Retouren, wird Sprecher Fabio Colle zitiert.

Alloga führe zwar auch eine temperierte Medikamentenkiste im Sortiment, aber aufgrund des relativ hohen Gewichts und des eher geringen Füllvolumens werde die Raumtemperaturbox nur für spezi­fische Versände und nicht en gros eingesetzt. 

Kooperation mit Voigt

Als Pilotkunde der Post wird in der Handelszeitung die Thurgauer Voigt-Gruppe genannt, die Nummer zwei hinter Galenica im Pre-Wholesale-Markt, also im Beliefern von Apotheken und Krankenhäusern im Auftrag von Pharmafirmen. Die Galenica-Tochter Alloga habe der Post die kalte Schulter gezeigt. Ab Januar 2017 soll der Arzneimittelversand das Logistikangebot des Bundesbetriebs ergänzen, hat Post-Sprecher Oliver Flüeler gegenüber der Zeitung bestätigt.

Zwei Millionen Sendungen sollen mit der ­neuen Medikamentenbox abgewickelt werden. Das sind fast 2 Prozent des jährlichen Paketvolumens. „Das ist ein Angriff auf die Marktstellung von Gale­nica“, schreibt die Handelszeitung. „Und der Anbeginn eines Zweikampfs innerhalb eines Gebiets, der für die Gesundheitsversorgung des Landes essenziell ist.“ 

Galenica steigert Umsatz und Gewinn

Nach den Halbjahreszahlen für 2016 ist die Berner Gesundheitsgruppe Galenica kräftig im Aufwind. Sie konnte ihren Gewinn in den ersten sechs Monaten um fast ein Viertel auf knapp 195 Millionen Franken steigern. Der Umsatz legte nach Unternehmensangaben um 12 Prozent auf gut zwei Milliarden Franken zu, und das Betriebsergebnis (EBIT) um über ein Fünftel auf 241 Millionen Franken. Das Apotheken- und Logistik-Geschäft von Galenica-Santé setzte mit knapp 1,5 Milliarden Franken 3,7 Prozent mehr um als vor einem Jahr. Galenica geht davon aus, dass der Gewinn 2016 um rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr liegen könnte.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Schweizer Post drängt in den Pharma-Großhandel

Thermo-Box gegen Galenica

Schweizer Galenica-Gruppe spaltet sich auf

Fulminanter Börsenstart

Hartnäckige Gerüchte um Pläne des Walgreens-Chefs

Liebäugelt Pessina mit Phoenix?

DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose

„Wir sind das Apotheken-Zalando“

Geschäftszahlen zweites Quartal 2023

Redcare Pharmacy setzt Wachstumskurs fort

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.