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Technische Hilfsmittel
Wenn der Fußboden den Notarzt ruft
Das Licht ausschalten, die Heizung anmachen oder sogar das Sprechen übernehmen: Technische Hilfsmittel können Menschen mit Behinderungen tatkräftig unterstützen. Noch gibt es aber große Hürden.
Technische Hilfsmittel können behinderten Menschen das Leben etwas leichter machen. Vor allem bei der Kommunikation sei man schon recht weit, sagt die Geschäftsführerin des Landesverbands für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung in Baden-Württemberg, Jutta Pagel-Steidl. „Da gibt es viele Möglichkeiten, so etwas zu steuern – etwa durch den Wimpernschlag oder per Joystick, manchmal werden auch hinter Bildsymbolen Satzteile oder Worte hinterlegt.“ Dadurch könnte man Menschen wieder eine eigene Sprache zurückgeben. „Gerade bei Menschen mit Behinderung, die von Geburt an gar keine Lautsprache haben, ist das ein Riesengewinn.“
Im sozialen Miteinander laufe fast alles über die gesprochene Sprache. „Es gibt aber ja diesen Satz: Auch jemand ohne Sprache hat viel zu sagen“, betont Pagel-Steidl. „Es ist wichtig, dass das raus kann, dass man sich zu Wort melden, seine Bedürfnisse artikulieren kann. Es geht nicht darum, dass man einen großen Vortrag hält, aber einfach sagen zu können: Ich möchte ein Glas Wasser oder ich möchte kein Schnitzel. Das ist so wichtig.“
Der Fantasie für Unterstützung durch die Technik sind kaum Grenzen gesetzt. „Zum Beispiel kann ein Sensor im Fußboden einen Notruf losschicken, wenn jemand stürzt“, sagt Pagel-Steidl. „Gerade im Bereich ‚Ambient Assisted Living‘ wird eine ganze Menge ausprobiert – mit dem Ziel, dass zum Beispiel ältere Menschen länger zu Hause leben können“, sagt Pagel-Steidl. Von diesen Entwicklungen profitierten auch Menschen mit Behinderungen.
Patienten und Kassen können profitieren
Damit die Hilfsmittel sich aber stärker durchsetzen, müssten in den nächsten Jahren noch zwei Hürden genommen werden. Zum einen sei die Nutzerfreundlichkeit entscheidend, sagt Pagel-Steidl. „Dass es wirklich auf Akzeptanz stößt, dafür braucht es eine einfache Bedienung.“ Der zweite Faktor sei die Frage, wer zahlt. „Im Moment herrscht noch der Eindruck, dass es sich beim Thema Smart Home um Luxus handelt.“
Allerdings böte die technische oder digitale Hilfe die Möglichkeit, länger und vor allem selbstständiger zu Hause leben zu können. „Das spart eventuell eine stationäre Heimunterbringung. Oder ich stürze beispielsweise nicht – weil ich mit einem Händeklatschen nachts das Licht anmachen kann. Dann braucht die Krankenkasse auch nicht die Folgekosten eines klassischen Oberschenkelhalsbruchs zu finanzieren“, sagt Pagel-Steidl. „Man muss das Bewusstsein dafür schaffen, dass das kein Luxus ist, sondern Prävention im Alltag.“
Gleichzeitig muss angesichts anhaltender Skandale um Haushaltsgeräte mit unsicherer IT-Technik offenbar aber noch viel beim Datenschutz getan werden: Wenn schon Toaster für Hacking-Angriffe missbraucht werden oder private Drohnen von der chinesischen Regierung weltweit zur Überwachung genutzt werden können, wird klar, dass im Gesundheitssektor viel Handlungsbedarf besteht.
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